Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
Freund. Vielleicht sind sie uns eine Hilfe, vielleicht aber auch nicht.«
Rolands Augen wurden groß. »Die zwei sind den ganzen Weg vom Wald bis nach Gorken auf diesen Eselchen geritten? Wo hattet Ihr nur Euren Verstand? Verfügt Eure berühmte Truppe über keine Ersatzpferde?«
»Ein Bruder und sein Esel lassen sich nur schwer voneinander trennen«, erwiderte der Krieger. »Kommt, führt mich zum Kriegsrat. Belial, bringt diese beiden … ehrenwerten Herren mit. Wir wollen nun vor Bornheld treten.«
Roland legte ihm einen Arm um die Schultern und marschierte so mit ihm über den Burghof. Dabei verschaffte er dem Axtherrn einen Überblick über die Verteidigungseinrichtungen der Festung. Und so bemerkte keiner von ihnen die verhüllte Frau oben auf den Mauern, die sie beobachtete.
Der Oberste Kriegsherr blickte sofort von den Berichten auf, die vor ihm auf dem Tisch lagen, als Roland und Axis den Saal betraten, gefolgt vom Leutnant des Axtherrn und zwei alten Mönchen. Jetzt war er also da. Nun würden sie alle mit eigenen Augen sehen können, wer von ihnen der Stärkere, der brillantere Stratege und der bessere Truppenführer war. Heute würde ihm das Kommando über die Axtschwinger übertragen werden. Der Herzog fühlte sich seiner sehr sicher, sehr überlegen.
Jorge und Magariz, die einander am Tisch gegenüberstanden, tauschten besorgte Blicke aus. Gemeinsam mit Roland hatten sie schon seit längerem Gedanken darüber angestellt, wie sich die Rivalität zwischen Axis und Bornheld auf die Verteidigungsfähigkeit von Gorken auswirken würde. Alle drei hofften, daß der Axtherr den Herzog nicht gleich zum Kampf herausfordern würde. Und vor allem, daß Bornheld nicht die Beherrschung verlieren und über seinem Haß auf den Stiefbruder die Verteidigung der Festung vergessen würde. Axis und Bornheld im selben Raum, das brachte immer die Gefahr offener Gewalt mit sich. Wozu die beiden in ihrer Feindseligkeit hier in dieser Krisensituation imstande sein würden, wagte sich keiner der drei Befehlshaber vorzustellen.
»Axtherr«, grinste Bornheld hämisch, als Axis den Tisch erreichte. Auf diesen Moment freute er sich schon sehr lange. Endlich würde er seinen Halbbruder gedemütigt vor sich sehen.
»Oberster Kriegsherr«, entgegnete Axis mit ausdrucksloser Miene. Keiner von beiden streckte seine Hand aus.
»Ich habe Euren Bericht erhalten, nach dem Ihr die Damen Merlion und Faraday nordöstlich des Walds der Schweigenden Frau verloren habt. Ihr seht mich nun etwas verwundert, daß Ihr Euch immer noch für befähigt haltet, die Axtschwinger anzuführen.«
Magariz, Jorge und Roland starrten den Herzog an, mischten sich jedoch nicht in das Gespräch, da er sie mit einem grimmigen Blick bedachte.
Axis zögerte, weil es ihm erst einmal die Sprache verschlagen hatte. Dann erklärte er gepreßt: »Ich habe Euren Worten nichts hinzuzufügen.«
Bornheld stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch und beugte sich vor. »Ich bin entsetzt. Ihr habt versagt. Durch Eure Nachlässigkeit haben zwei zarte Wesen ihr Leben verloren!«
Der Krieger runzelte die Augenbrauen. Daß der Herzog mit seinen Vorwürfen vollkommen recht hatte, verdroß ihn besonders. Sollte er ihm mitteilen, daß Faraday höchstwahrscheinlich noch lebte? Aber welche Beweise konnte er dafür schon vorlegen? Etwa das Wort eines Awaren? Nein, dafür kannte er seinen Halbbruder viel zu gut.
Roland ergriff rasch das Wort, weil Bornheld mit seinen Beschuldigungen nur wertvolle Zeit vergeudete. »Edler Herzog, vielleicht können wir diese Angelegenheit auf später verschieben, um sie dann um so gründlicher zu besprechen?«
Der Oberste Kriegsherr warf ihm einen finsteren Blick zu, wechselte aber tatsächlich das Thema: »Habt Ihr mir wenigstens meine Axtschwinger wohlbehalten mitgebracht?«
Axis stand wie versteinert. Und das war gut so, denn sonst hätte er über den Tisch gegriffen, seinen Gegner gepackt und ins Feuer geworfen. Die beiden Männer starrten sich an, keiner von beiden wollte zuerst den Blick senken.
Roland, Jorge und Magariz hielten gemeinsam den Atem an, bis Belial hinter den Axtherrn trat und ihm stumm moralische Unterstützung anbot.
»Ich stehe hier für die Axtschwinger«, erklärte der Krieger schließlich, »und stelle mich unter Euren Befehl. Durch mich habt Ihr das Kommando über meine Truppe.« Bornheld öffnete den Mund, wußte aber nichts Rechtes zu sagen. So hatte er das nicht gewollt. Seinem Wunsch nach hätte sein
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