Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
mich bereithalten? »Verdränge den Schmerz der Liebsten, nur so entgehst du dem Tod« – seid Ihr meine Liebste, Faraday? Wird Euer Schmerz mich so ablenken, daß Gorgrael zum tödlichen Schlag ausholen kann? Vor seinem geistigen Auge entstand das Bild der Edlen, wie sie zerschmettert und blutend dalag.
Axis verbannte die gräßliche Vision aus seinem Bewußtsein und betrachtete die Faraday, die vor ihm stand. Er erinnerte sich jetzt, daß sie seiner Abstammung stets mit Achtung begegnet war. Daß sie seine Würde geachtet hatte, wo andere nur Spott dafür übrig hatten. »Aber mag die Prophezeiung mich auch verwirren, edle Herrin, so hat sich doch das Dunkel um meinen Vater gelichtet.« Er zog den Handschuh von der Rechten und zeigte ihr den funkelnden Ring am Finger. »Der gehörte meinem Vater. Er schenkte ihn Rivkah als Pfand seiner Liebe.«
Nun trat Faraday zu ihm und nahm seine Hand, um den Reif genauer betrachten zu können. Er war wunderbar gearbeitet. Axis’ Augen verdunkelten sich, als ihre schlanken Finger über seine Hand strichen. »Was muß das für ein mächtiger Mann gewesen sein, der einen solchen Ring besaß?« sagte sie schließlich, als sie den Krieger wieder ansah.
»Mein Vater ist ein ikarischer Zauberer, meine Liebste, und er trägt den Namen Sternenströmer. Eines Tages werde ich ihn finden.« Er löste seine Hand aus der ihren und strich ihr über die Wange. Für einen Moment ruhte ihre Wange an seiner Rechten, und sie spürte den Ring kühl an ihrer Haut. »Meine Liebste«, hatte er sie genannt. Also liebte er sie immer noch! Ach, Mutter, was braucht man noch, wenn man die Liebe eines solchen Mannes besitzt?
»Der Sohn eines ikarischen Zauberers«, flüsterte Faraday. »Kein Wunder, daß Ihr meine Seele schon bei unserer ersten Begegnung mit Eurem Zauber an Euch zu binden vermochtet.«
Axis trat nahe zu ihr hin, hob ihr Kinn und beugte den Kopf hinab, doch bevor ihre Lippen sich berühren konnten, drehte sie das Gesicht weg. »Ich kann nicht, Axis, es geht nicht«, erklärte sie gepreßt. »Ich habe Bornheld die Treue geschworen, und diesen Eid darf ich nicht brechen.«
Verwünscht sei die Prophezeiung, dachte sie dabei, die mir solche Schwüre auferlegt hat. Die Edle senkte den Kopf, weil sie ihm nicht in die Augen sehen konnte.
Doch der Krieger ließ sie nicht los. »Zwingt Euch Euer verdammtes Pflichtgefühl, daß wir ein Leben lang voneinander getrennt sein müssen? Hat das, was wir füreinander empfinden, denn gar keine Bedeutung für Euch?«
»Ich habe das Ehegelöbnis abgelegt, Axis. Wenn ich ihm jetzt untreu werde und ihn verlasse, wird Bornheld mit allem, was in seiner Macht steht, hinter Euch her sein, bis er Euch zur Strecke gebracht hat. Wenn ich meinen Schwur breche, wird meine Strafe Euer Tod sein! Gleich welche Götter mittlerweile über dieses Land wandeln, ein Schwur bleibt ein Schwur, und ihre Rache wird furchtbar sein.«
Axis unterdrückte einen Fluch. Hier stand sie, so nahe vor ihm, und doch entschlossen, ihrem Gemahl die Treue zu halten. Sie zwischen den Grabhügeln zu verlieren war ihm schon als größte Folter erschienen, doch dies hier war noch weitaus schlimmer.
Er ließ ihr Kinn los und legte beide Hände auf ihre Hüften. Aber nur leicht, denn er wußte nicht, ob er der Versuchung widerstehen konnte, sie trotz ihres Sträubens an sich zu ziehen. Noch nie hatte der Krieger eine Frau so sehr begehrt wie jetzt Faraday. Er hätte sie bei den Grabhügeln niemals aus den Augen lassen dürfen – denn nun besaß Bornheld sie.
Er ballte seine Fäuste. Die Nächte waren das schlimmste. Da fand er vor Phantasien, Grübeleien, Verlangen und Fragen keinen Schlaf.
»Behandelt er Euch gut?«
Faraday zuckte die Achseln. »Er gibt sich Mühe. Sagt mir, daß er mich liebt, und will nur das Beste für mich. Manchmal kann er sehr ermüdend sein, und ich wünschte, er würde etwas mehr lachen …« Sie schwieg für einen Moment, ehe sie hinzufügte: »Er will mir nichts Böses.«
Axis war bei ihren Worten erstarrt. Wie gern hätte er von Faraday gehört, daß Bornheld sie schlug, daß er sie auf alle möglichen Arten mißhandelte. Gleich welche, wenn es nur ausreichte, seinen Bruder auf der Stelle zum Zweikampf herauszufordern … Aber das konnte sie nicht.
Der Krieger atmete schwer. Faraday hatte gesagt, daß Bornheld sie liebte, aber kein Wort über ihre eigenen Gefühle verloren. Eifersucht ergriff ihn mit aller Macht. Genoß sie etwa die Berührungen ihres
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