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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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scharfkantigen Flügel, wurden zerfetzt und peitschten durch die aufgewühlte Luft.
    Die Alice kam hoch. Sie kam hoch!
    Die klebrige Atmosphäre der Venus beschlug Helmfenster, Bildschirme, einfach alles, während die Alice sich seitwärts durch sie hindurcharbeitete, mit dem Steuerbordflügel durch Sandwolken schneidend, statische Elektrizität und Innereien hustend, ätzende Dämpfe spuckend. Sie kreischte wie ein Dämon. Langsam erst, dann immer schneller krümmte sich der grüne Horizont von ihnen fort.
    Auf dem Monitor war zu sehen, wie der ungesicherte Frasqui in einem Wirbel von Textilien und anderem Plunder durch den Frachtraum purzelte, hin und her geworfen wurde, gegen eine Seitenwand prallte, dann zu Boden geschleudert wurde und dann an die Hinterwand. Alle sechse von sich gespreizt, rutschte er über die schäbigen Reste von Sarahs Wandgemälde. Tabea wandte den Blick ab.
    »Alice? Ich will eine 360-Grad-Rolle um die Längsachse«, verlangte sie mit grimmiger Präzision. »Und zwar bald. Den Zeitpunkt überlasse ich dir.« Sie streifte Sarah mit einem Blick. »Sarah, mach ja nicht das Netz auf, egal was du vorhast«, rief sie. »Und wenn du kotzen musst, schluck’s runter.«
    Die Alice Liddell , die bereits kräftig nach Backbord krängte, schlug um die Längsachse, und die Venus kippte über ihren quirlenden, irisierenden Wolkenpanzer.
    Tabea und Sarah blickten gebannt auf den Monitor. Im Frachtraum stieg ein prächtiger Wirbel aus bunten Tüchern, herrenlosen Schuhen, leeren Dosen und einer verhedderten Christbaumbeleuchtung aus dem offenen Dach.
    Während das Schiff die Drehung vollendete, hätten sie fast die zerzauste Gestalt übersehen, die sich unter den Laufsteg klammerte.

    »Du verdammtes Aas!«, fluchte Tabea.
    Der Frasqui krabbelte zur vorderen Kamera.
    »Mist! Mist! Mist!«, schrie Tabea wütend, als sie den Kopf wieder oben hatten und die Alice um jeden Meter zu kämpfen begann. »Alice, deine modulare Struktur, Dringlichkeitsstufe eins!«
    Der Konsolenschirm verschneite und produzierte ein zitterndes, undeutliches Menü.
    Tabea rief Codes aus Ziffern und Buchstaben auf.
    Plötzlich brachen Wogen von Flugsand über das Cockpit herein. Überall im Schiff war Sand. Der Frasqui unter der vorderen Frachtraumkamera verschwand in einem braunen Blizzard, die Achterkamera hatte ihn mitten im Bild. Er war am vorderen Schott, hing mit den oberen Klauen vom Laufsteg, die Fußklauen kämpften mit dem Sperrrad.
    »Nicht jetzt!«, brüllte Tabea. »Flieg zurück! Alice …!«
    Die Hülle der Alice Liddell begann, sich unüberhörbar über den allgegenwärtigen, grobkörnigen Sand zu beklagen.
    Eine wabernde Grafik sprang in den Konsolenschirm, lief immer wieder aus dem vertikalen Bildfang. Die transparente Risszeichnung eines Bergen-Kobold-Frachtraums.
    »Das ist es!«
    Sie riss die Augen auf, rückte so weit wie möglich an den defekten Bildschirm heran. »4 Punkt 2, 1 Punkt 5 und zoomen.«
    Auf dem Frachtraummonitor war nichts mehr von dem Frasqui zu sehen.
    Der Frasqui war durch die innere Tür verschwunden. Er befand sich im Schott.
    Sarah reckte den Hals über die Schulter, starrte mit geweiteten Augen durch den treibenden Sand.
    Tabea rief wieder Codes auf.
    »Vorrangiger Befehl! Sofort-Trennung!«

    In der Schlieren ziehenden Risszeichnung, die auf dem Schirm rotierte, blinkten an den Grenzwänden des Frachtraums sechzehn Stellen zinnoberrot auf. Dann weiß.
    Dann hörten sie auf zu blinken. Waren ganz verschwunden, nichts mehr war da, wo es gewesen war, auch nicht dazwischen. Als hätte das Schiff plötzlich keine Mitte mehr. Auf einem kleineren Display scrollten Messwerte, liefen rasch gegen null. Als gäbe es von der Alice Liddell mit einem Mal weit weniger, als es zuvor noch von ihr gegeben hatte.
    Das Schiff begann jetzt viel steiler zu steigen, aus dem Sandsturm heraus in aggressiven Nebel hinein. Der Andruck hielt alles fest, was sich unter den Netzen herumtrieb, und nagelte es an Deck.
    Tabea stieß ein triumphierendes Krächzen aus. »Ha-haha! Was sagt man dazu? Sechzehn Punkt sechs K über dem Ginevra-Meer! Adieu, Hektor! Fabelhaft, Alice! Fa-bel-haft!«
    Sie blickte frohlockend auf den Monitor, der jetzt völlig erblindet war mangels irgendeiner Kamera, die ihn hätte speisen können. Sie drehte sich in ihrem Netz um, starrte frohgemut durch den gelben Nebel in den Gang hinunter, als gäbe es dort etwas zu sehen. Sie konnte von hier aus den oberen Teil des Frachtraumschotts einblicken,

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