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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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mit einem Ruck in Bewegung und fuhr abwärts.
    Im Lift vermied man peinlichst jeden Blickkontakt, als könne man sich auf diese Weise unsichtbar machen. Man war nie hier gewesen und hatte folglich auch niemanden gesehen.
    »Worum - worum ging’s denn überhaupt?«, lallte ein jüngerer Mann ganz aufgeregt. Er war ziemlich betrunken und klammerte sich noch immer an seine Flasche Astarte Supréme. Er kicherte. »Teufel auch, das … das macht mehr Spaß als diese dämliche Blödelei.«
    Sein Kumpan nickte beifällig.
    Ich weiß, worum’s ging, dachte Tabea, die von einer großen, verschwitzten Frau in einem Anzug aus Seehundfell und mit einer kobaltblauen Drinski-Taschenharpune am Gürtel an die Liftwand gequetscht wurde. Aber wer hätte gedacht, dass sie so viel Aufhebens darum machten? Eine kleine Auseinandersetzung am Canal Grande, wie sie zwanzigmal am Tag passierte, und niemand war umgekommen dabei. Und sie hätten sich doch bloß die Alice zu schnappen brauchen und sich nicht erst herbemühen müssen, um sie beim Schlafittchen zu packen.
    Die wollen sich nur lieb Kind machen bei den Capellanern, dachte sie. Wenn sich der kleine Bastard doch nicht ausgerechnet diese blöde Pappmachéfigur ausgesucht hätte. Sie knirschte mit den Zähnen und grub die Nägel in die Handballen. Ich komme, Alice, dachte sie, ich komme.
    Jesus, aber wohin mit uns?
    Auf die Erde? Balthasar Zwetsche war tot, der Einzige dort, der sie versteckt hätte. In den Gürtel?

    Titan war ironischerweise ideal, weil sich niemand dahin verirrte.
    Ihr Kredit reichte nicht mal mehr zum Auftanken.
    Sie hatte die Panik auf der Bühne bemerkt. Marco und seine Kumpane hatten etwas zu verbergen, wie jeder andere auch. Sie war kein bisschen erstaunt. Sie konnte sich nicht auch noch mit deren Problemen befassen.
    Auf der Hotelebene stiegen sie alle aus, die Touristen. Durch ein Aussichtsfenster hinten in der Halle konnte Tabea auf der anderen Seite der tiefen Kluft eine große grüne Kuppel sehen, die die kränkelnden Bäume überragte. Schlaf-der-Gerechten, die kryonische Ruhestätte, in denen Auserkorene den Gerechtenschlaf schliefen.
    Ein ganzer Trupp schwarz schimmernder Deltas schoss den Abgrund entlang.
    Der Mann mit der Flasche torkelte lamentierend zum Fenster.
    Die Deltas stoppten vor den Eingängen von Schlaf-der-Gerechten und tänzelten in der Aufdrift wie Schildkröten in einem Teich.
    Auch da spielte sich also etwas ab. Diesen Abend wurde Plenty offenbar seinem Ruf gerecht.
    Als sich die Lifttüren schlossen, konnte Tabea gerade noch sehen, wie sich glänzende, schwarz armierte Cyborg-Polizisten mit hurtigen Klimmzügen auf die Rücken der Deltas schwangen und behände über die tanzende Luftbrücke krabbelten. Sie waren üppig bewaffnet. Offensichtlich konnte sich das Unternehmen Schlaf-der-Gerechten das Beste leisten, was Plenty zu bieten hatte. Nicht nur den besten Gerechtenschlaf.
    Tabea Jute war allein im Lift zurückgeblieben und fuhr jetzt weiter zu den Docks hinunter. Sie fühlte sich gar nicht wohl in ihrer Haut. Sie hatte Angst, und sie war wütend. Sie schien schon lange Angst zu haben und ebenso lange wütend zu sein. Ihre Idylle mit Marco Metz schien Monate zurückzuliegen, ein klitzekleines Fitzelchen
Vergangenheit, wie durch das falsche Ende eines Teleskops gesehen, eingeschlossen in eine kleine Seifenblase und inzwischen ohne jede Bedeutung.
    Die Liftkabine hielt wieder. Die Türen öffneten sich auf einen Vorraum, dessen Wände mit magentafarbenen und blauen Lichtkacheln getäfelt waren. Mehrere Leute warteten dort auf den Lift.
    Der zuvorderst stand, trug einen beuteligen olivgrünen Anzug mit einer behaarten roten Schürze davor. Die Schürze wurde an den Seiten durch zwei gehämmerte Bronzeringe gehalten, die hintenherum locker verschnürt waren. Vor dem Gesicht trug diese Gestalt eine Bronzemaske, auf der oben zwei winzige Parabolantennen saßen.
    Die Männer und Frauen hinter dieser grotesken Erscheinung waren von Kopf bis Fuß mit grüner Körperfarbe bemalt und trugen Lendenschurze. Sie hielten Lasergewehre in den Händen.
    Die Gruppe schien genauso erschrocken zu sein wie Tabea. Der Anführer, der an einen Schamanen erinnerte, hob die Hand und knurrte.
    »Nein, tut mir leid«, sagte Tabea rasch und schlug auf den Schließknopf, noch ehe die Leute sich gewaltsam Zutritt verschaffen konnten.
    Und sie tauchte tiefer in die unerschlossenen Regionen von Plenty hinab. Dunkle Gestalten erschienen vor dem Sichtfenster und

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