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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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lösten sich im nächsten Augenblick in graue wirbelnde Nebel auf.
    Die Kabine schlingerte und bewegte sich seitwärts. Sie folgte einem weitgeschwungenen Schienenstrang. Erleuchtete Portale flogen vorüber, eins ums andere.
    Der Lift kam zum Stehen wie ein Gewicht, das im Schlamm stecken bleibt. Die Türen sprangen auf. Draußen kamen holterdiepolter zwanzig Kecks aus einem Tunnel heruntergesaust, der
so schräg wie eine Rutsche war. Zeternd krabbelten sie auf den Lift zu.
    Tabea hatte die Türen schon wieder zugefahren.
    Sie saß ganz hübsch in der Tinte. Der Armbandmonitor war keine Hilfe. Eine Zeit lang fuhr sie so weiter, von Mal zu Mal frustrierter, und bei jedem Öffnen der Türen war es eine andere verrückte Szene, die sie schleunigst wieder den Schließknopf drücken ließ. Einmal sah sie Flugsaurier von Gesims zu Gesims segeln, in einer langgestreckten Höhle mit Juwelengirlanden und grauen Wänden so löchrig wie Korallenbänke. Ein andermal spähte sie in einen verlassenen Korridor hinaus, von dessen Decke sich schaumiges, stinkendes Wasser über einen dick verpilzten Teppich ergoss. Einmal sah sie auf leeren Raum hinaus mit kalten weißen Gestirnen. Es waren nicht die Gestirne, die sie kannte.
    Dann, plötzlich, sah sie zum Bauch eines Schiffes auf, das stattlicher war als alles, was sie bisher geflogen hatte: eine Navajo Skorpion. Die Triebwerke wurden überholt, die Aufbauten waren demontiert; dennoch, so wie die Skorpion auf ihrer Rampe saß, erweckte sie den Eindruck, als könne sie sich jeden Moment mit einem Satz auf und davon machen, angetrieben durch die schiere Strenge und Klarheit ihres Entwurfs.
    Die Skorpion stand in einer trostlosen Parkbucht, die aussah, als bestünde sie ganz aus Knochenkohle. Das Schiff wurde von einem Bündel dünner schmutzig brauner Schläuche versorgt. Tabea vernahm das gedämpfte Geräusch von Flüssigkeiten, die hin und her gepumpt wurden. Niemand schien in der Nähe zu sein.
    »Gleich, Alice, es fehlt nicht mehr viel«, murmelte Tabea, die schon eine ganze Weile zu ihrem Schiff redete. Sie wischte den Ärmel zurück und startete erneut das Suchprogramm des Armbandmonitors. Falls die Bullen sie nicht weggeschafft oder völlig
lahmgelegt hatten, musste sich die kleine Kobold jetzt zeigen, und zwar aus nächster Nähe.
    Der winzige Bildschirm zeigte nichts als ein undefinierbares Durcheinander von dunklen Schemen. Aber das rote Peilsignal blinkte! Die Lifttüren begannen sich rumpelnd zu schließen. Tabea stürzte vor und war mit einem Satz durch den Spalt.
    Sie stand mitten in den gigantischen Dockanlagen. Ringsum ragten monströse Maschinen empor, stumm brütend oder stampfend, ruckend und zischend, dass ihr die Erschütterungen durch Mark und Bein gingen. Dickleibige Rohrleitungen rülpsten und erbrachen ihre gasförmige Fracht in wuchtige, wummernde Kompressoren. Frisch aufgeladenes Plasma tropfte aus Überlaufbecken, verging in gleißenden Lichtfontänen und hinterließ einen wirren Schauer von purpurroten Nachbildern. Silhouetten lösten sich aus dem Halbdunkel, machten eine Kehrtwende und rasselten davon, Roboter, die woanders gebraucht wurden.
    Tabea versuchte dem roten Blinklicht an ihrem Handgelenk zu folgen und aus dieser Maschinenhölle herauszufinden.
    Gerade als sie das Gefühl hatte, auf dem richtigen Weg zu sein, als sie den winzigen Bildschirm schon fast zu einem Bild bewegen konnte, das nicht mehr restlos von den örtlichen Interferenzen zerstört wurde, da trat vor ihr eine Gestalt in die Schneise. Die Frau war schwarz, einen Kopf größer als sie und trug einen olivgrünen Overall. Ihr Schädel zeigte eine komplizierte gitterförmige Rasur. Aus den kahlen Stellen traten Stahlbuchsen hervor, und in jeder Buchse steckte eine andersfarbige Leitung, die zurück zu einer Hauptschalttafel an einem entfernten Pfeiler verlief. Wieder eine Drohnenführerin.
    »Ich versuche, mein Schiff zu finden«, sagte Tabea zu ihr.
    Vielleicht wäre es besser gewesen, die Frau nicht mit ihrem Problem zu behelligen, zumal Tabea keinerlei Kenndaten zu bieten
hatte. Wie sich herausstellte, kannte Tabea nicht einmal die Nummer ihrer Parkbucht. Ihr war bisher völlig entgangen, dass Plenty überhaupt so etwas wie Parkbuchtnummern hatte.
    Die Drohnenführerin hatte seit geraumer Zeit kein menschliches Wesen mehr zu Gesicht bekommen. Sie war derart isoliert und fest eingespannt in den personellen Netzverbund, dass sie den unerwarteten und unerklärlichen Eindringling

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