Sternendieb - Roman
Wange.
Das Schiff bebte und grollte. Immer noch an die Versorgungsleitungen angeschlossen und mit einem Käpt’n, der sich außen an die Hülle klammerte, erhob sich die Alice Liddell in die glühende, rauchige Luft.
Tabea ließ nicht los, kauerte auf dem Sims, verrenkte sich, um zum Cockpit hinaufzuschreien. Jemand, es war Mogul, traktierte die Frontscheibe und machte dramatische Gebärden.
Irgendetwas traf sie im Rücken.
Sie schrie auf, ein Fuß glitt vom Sims, sie sah über die Schulter.
Und erblickte den langen, gegliederten Arm, der aus dem Frachtraum hinunterlangte. Seine riesige Klaue pendelte schwerfällig über ihrem Kopf.
Sie ließ mit einer Hand los und grapschte wie wild nach der Ladeklaue.
Sie kam nicht dran.
Sie drückte sich wieder eng an die Schiffshülle und schrie ihre Verzweiflung hinaus.
Ein rosaroter Strahl schlug Funken aus der Klaue. Der Ladearm schauderte, nickte herunter und tappte blindlings neben ihrer Schulter herum.
Sie schmiss einen Arm schräg nach oben über den Unterkiefer der Ladeklaue. Wie etwas Organisches gab der Kiefer nach. Ein Schuss traf den Ladearm, und Tabea spürte die Vibration eines Servoantriebs, der kreischend protestierte.
Der Ladearm ruckte und hob sie an.
Ihre Füße verloren den Kontakt mit dem Sims. Die Klaue mit beiden Händen packend schwang sie ein Bein über den Unterkiefer.
Die Klaue stieg, der Ladearm zog Tabea rasch immer höher hinauf zur Frachtluke.
Das Schiff bebte und grollte. Immer noch an die Versorgungsleitungen angeschlossen, erhob sich die Alice Liddell in die glühende, rauchige Luft.
Als Tabea rittlings auf die Ladeluke hinabtauchte, sah sie Talo wie verrückt auf dem Kontrolltableau herumpicken. Der Frachtraum war vollgepackt mit dem Zubehör der Konterbande , und alles war ordentlich mit Netzen gesichert.
In der Tür zum Cockpit stand Mogul Zodiak und lächelte zu ihr herauf. Er trug jetzt Sarahs Lippenbärtchen und hielt seine Schwester eng umschlungen. An ihren Köpfen vorbei erhaschte Tabea einen flüchtigen Blick auf Xtaska, der wie ein Engerling im Pilotennetz lag und dessen Schwanzende irgendwo in der Konsole steckte.
Marco stand auf dem Laufsteg und hielt die Arme ausgestreckt, um sie in Empfang zu nehmen.
»Die Anschlüsse!«, brüllte Tabea und deutete am Schiff vorbei.
Marco stutzte, runzelte die Stirn, ging in die Knie und sprang. Er kraxelte an den Gelenken des Ladearms hoch.
»Marco, nein!«, schrie sie, aber er war schon hinter ihr.
Er sprang vom Ladearm auf den Rand der Frachtluke.
Tabea konnte noch sehen, wie er sich, an die Hülle des schlingernden Frachters gespreizt, zu den zerrenden Versorgungsschläuchen vorarbeitete. Die Polizei hatte wieder das Feuer eröffnet. Strahlen zischten an seinen Beinen vorbei.
Dann tauchte sie in den Frachtraum hinunter und konnte ihn nicht mehr sehen.
Talo verließ das Kontrolltableau und flog mit ausgelassenen Flügelschlägen und fröhlich trällernd zu Tabea hinüber. Sein Trällern wurde allerdings restlos vom Tosen und Brausen der Triebwerke verschluckt.
Tabea rutschte aus der Klaue und landete unsanft auf dem krängenden Deck. »Frachtluk schließen!«, brüllte sie Talo zu und nahm mit ein, zwei Sätzen die Stufen zum Cockpit.
Sie verschwendete keine Zeit mit Xtaska, warf sich in das Copilotennetz und ließ die Bildschirme Revue passieren. Sie sah Marco im Unterbau hängen und sich die Arme ausrenken, um auch noch die letzte Muffe zu entriegeln.
Talo hatte die Deckentore des Frachtraums bereits zugefahren. Das Schiff war dicht.
Mit einem entsetzlichen Knirschen schrammte die Alice gegen den Rand des Hangardachs. Sie stieß in den Schienenstrang des Frachtaufzugs, verbog ihn und riss ihn aus der Verankerung.
»Weiter, Alice!«
Wie ein Windstoß, der in einen Laubhaufen fährt, durchbrach die Alice die Blockade der Deltas.
Die Bugbildschirme bleichten aus, überfordert durch ganze Batterien von Suchscheinwerfern. Die Alice war aus dem Hangar
heraus, hing in der riesigen Dockkaverne. Unten jagten Frachthover und Drohnen umher, rechts und links stoben ihnen Leute und Maschinen aus dem Weg. Kilometer über ihnen war der wie ein Schlitz geformte Schlund der Kaverne zu sehen und dahinter die grenzenlose Nacht. Wenn man ganz genau hinschaute, konnte man durch die Energiehaut der Plenty-Atmosphäre hindurch sogar die Sterne glitzern sehen.
Achtern hatten sich inzwischen die schwarzen Polizeideltas wieder formiert und nahmen die Verfolgung auf. Irgendeine neue
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