Sternenfaust - 005 - Der Wächter
…
*
»Schluss jetzt!«, ordnete Lieutenant Gardikov an.
Captain Dana Frost nickte zustimmend. Sie hatte bemerkt, wie dem Erzählenden die Augen zufielen, war aber zu wissbegierig gewesen, ihn zu unterbrechen. Er redete nun bereits seit fast einer Stunde.
Szonans Reaktion bestand aus einem schwachen Lächeln. »Ich stimme Ihnen nur ungern zu, Doktor, aber in dem Fall haben Sie wohl Recht.«
»Das Aufputschmittel wird gleich seine Wirkung verlieren«, sagte Gardikov. »Captain, ich lasse es Sie wissen, sobald er wieder aufgewacht ist.«
Das ist wohl ein Rauswurf , dachte Frost.
Aber ihre Anwesenheit auf der Krankenstation war mittlerweile überflüssig. Szonan schlief bereits. Sein Mund stand halb offen, er atmete tief und gleichmäßig. Die Augäpfel unter den geschlossenen Lidern bewegten sich hastig. Offenbar hatte er sofort angefangen zu träumen.
»Wie kommen Sie voran, Lieutenant?«, fragte Dana noch. »Werden Sie die restliche Besatzung aufwecken können, und werden irgendwelche Schäden zurückbleiben?«
»Wir synthetisieren gerade das Gegenmittel in größeren Mengen. Allerdings scheint sich das Gas und damit die verheerende Wirkung auf denjenigen, der es eingeatmet hat, auch auf natürlichem Weg abzubauen.«
»Das heißt, alle werden ohnehin aus dem Koma erwachen?«
»Mit ziemlicher Sicherheit. Nicht heute und wohl auch nicht in den nächsten Tagen, aber spätestens in zwei Wochen wären alle wieder auf den Beinen – vermute ich. Ich müsste aufwändige Tests durchführen, um diese Vermutung zu bestätigen. Allerdings halte ich es für unklug, so lange abzuwarten. Mr. Szonan hat erwartungsgemäß sehr gut auf das Gegenmittel angesprochen. In etwa zwei Stunden werde ich übrigens auch der zweiten Patientin an Bord das Gegenmittel injizieren können. Leider ist es mit den eingeschränkten Bordmitteln ein ziemlich komplizierter und vor allem zeitraubender Prozess, es herzustellen.«
Dana nickte der Schiffsärztin zu und machte sich auf den Weg zur Brücke. Dort löste sie Lieutenant Commander Tong ab und nahm ihren Platz ein.
»Was haben Sie in Erfahrung bringen können?«, fragte ihr Erster Offizier.
Dana gab ihm einen knappen Bericht der bisherigen Erkenntnisse.
»Also wissen wir zwar etwas über eine sehr gefährliche, auf Gerohli-III heimische Tierart, aber nichts darüber, wer die Crew mit Hilfe dieses Gases ins Koma versetzt hat«, fasste er zusammen. »Das hilft kaum weiter.«
Dana nickte bestätigend. »Ich habe Sergeant Olafsson bereits darüber informiert. Er erwartet keine Probleme. Wahrscheinlich hat er Recht. Gut ausgerüstete Marines sind etwas anderes als die kaum bewaffnete Besatzung eines Forschungsschiffs.«
»Die Wissenschaftler der KALKUTTA scheinen diesen Tieren einen Nimbus der Unsterblichkeit gegeben zu haben«, überlegte Tong nachdenklich.
»Szonans Erzählung, wie er mehrere Salven aus seinem Nadler auf die Kreatur abschoss, ohne sie zu bremsen, war in dieser Hinsicht sehr plastisch«, stimmte Dana zu. »Obwohl das Tier letztlich blutete und die Flucht ergriff, verbreitete sich rasch die Mär, die Dämonen seien unverwundbar.«
»Wundert Sie das?«, fragte Tong. »So ist es doch schon immer gewesen: Die Menschen neigen zur Übertreibung … In Wirklichkeit werden die Tiere wohl sehr widerstandsfähig, aber zweifellos zu töten sein. Und die Marines haben Gauss-Gewehre, nicht bloß Nadler.«
»Ein makabres Detail sollte uns bei unseren Überlegungen nicht entgehen: Bislang gab es drei Vermisste.«
»Ich weiß, worauf Sie hinauswollen«, sagte Tong nachdenklich. »Den Verbleib eines dieser drei ist inzwischen geklärt. Er wurde Opfer des Raubtiers. Bleiben zwei, deren Schicksal noch ungeklärt ist.«
»Hoffen wir, dass sie nicht ebenfalls ein Opfer der Gerohli’schen Dämonen wurden.«
»Gerohli’sche Dämonen … in gewissen Kreisen hätte diese Bezeichnung das Zeug zum Kultwort«, kommentierte Tong trocken.
Etwa drei Stunden später meldete Lieutenant Gardikov, dass sie eine ausreichende Menge des Gegengiftes synthetisiert hatte, um den zweiten Patienten, eine etwa dreißigjährige Frau, aus dem Koma zu wecken.
*
Sergeant Ralff Olafsson, der Kommandant der Marines an Bord der STERNENFAUST, war frustriert. Es gab keine Spuren, die Aufschluss über die rätselhaften Vorkommnisse gaben oder die gar zu den beiden Vermissten führen würden.
Die Art, wie die Komatösen in der Brücke verteilt lagen, wies jedoch daraufhin, dass sie hierher
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