Sternenfaust - 010 - Im Reich der Kridan
registrieren. Also warten wir ab, bis wir uns ihrer Angriffsabsicht absolut sicher sind.«
»Wie Sie meinen«, brummte Mutawesi, dessen Miene überdeutlich machte, dass ihm die abwartende Haltung Tongs gegen den Strich ging.
Der Erste Offizier erhob sich aus dem Kommandantensessel und wandte sich an Lieutenant John Santos.
»Ruder! Programmieren Sie einen Fluchtkurs für den Fall eines Angriffs.«
»Jawohl.«
»Sie denken daran, den Captain und das Landeteam möglicherweise hier zurückzulassen?«, fragte Mutawesi.
Tong hob die Augenbrauen. »Ich denke daran, dass eine von Grasern kampf- und manövrierunfähig geschossene STERNENFAUST weder in der Lage sein wird, den Captain zu retten, noch etwas zur Erhaltung unseres eigenen Lebens tun kann, Lieutenant«, versetzte Tong in schneidendem Tonfall.
*
Die Sterne funkelten am Himmel über dem nur schwach erleuchteten Sarashtor. Der grüne Jademond leuchtete wie ein überdimensionaler Halbedelstein. Nach Einsetzen der Dämmerung war es sehr rasch dunkel geworden. Abgesehen von seinem grünen Mond war das auffälligste Merkmal an Garinjans Nachthimmel ein rötlich schimmernder Fleck, der allerdings nur in klaren Nächten zu sehen war. Es handelte sich dabei um eine rote Riesensonne, die sich in einer Entfernung von nur 1,02 Lichtjahren von der Sonne Yamla entfernt befand. Beide Sterne umkreisten innerhalb von mehreren Millionen Jahren einen gemeinsamen Schwerpunkt und bildeten daher streng genommen sogar ein Doppelsternsystem.
Für Tloam-Ser und Pan-Sen war es die zweite Nacht, die sie auf der Flucht vor den Sicherheitskräften verbrachten.
Der Tag dazwischen war nicht so schlimm gewesen. Sie hatten in den Massen von Kridan-Arbeitern untertauchen können, die sich durch die Straßen drängten. Aber in der Nacht hatte ein rechtgläubiger Kridan eigentlich nichts auf der Straße zu suchen, sondern war bei seinem Familienverbund – es sei denn, er schloss sich gerade einer Kolonne an, die auf dem Weg zum Schichtantritt im Industriekomplex war.
Raumsoldaten, die auf Planetenurlaub waren, konnte man hin und wieder in den Tempeln, die es überall in der Stadt gab antreffen. Oder sie suchten das Vergnügen in halblegalen Etablissements, in denen es abgestandene und kaum noch lebendige Hsirr-Käfer, Stimulanzien und untugendhafte Eierlegerinnen gab, die einem Gewerbe nachgingen, dass die Priesterschaft seit ewigen Zeiten bekämpft und verdammt hatte, obgleich es ihr nie gelungen war, es vollständig auszurotten.
Normalerweise war es auch des Nachts kein Problem, sich in den engen Gassen Sarashtors zu bewegen. Die Kriminalität war nicht der Rede wert und wenn man den lemurenartigen geflügelten Affen nicht zu nahe kam, die nach Einbruch der Dunkelheit in Horden durch die wilden Siedlungen zogen, um sich über den Müll herzumachen, dann brauchte ein aufrechter Kridan hier nichts zu fürchten.
Aber für Tloam-Ser und Pan-Sen galt dies nicht.
Bilder von ihren Gesichtern mit detaillierten Angaben zu ihren individuellen Kennzeichen waren über die großformatigen flachen Bildschirme geflimmert, die es hier in jedem Haus und auf jedem öffentlichen Platz gab. Religiöse Zeremonien von planeten- oder sogar imperiumsweiter Bedeutung, wie etwa die Inthronisierung des neuen Raisa wurden auf diesem Weg übertragen. Unterhaltung in jeder Form war hingegen vollkommen verpönt. Das Programm hatte der religiösen Erbauung und der Anstachelung des Kampfeswillens zu dienen und nicht der Vertreibung von Langeweile.
Dass über die Medien nach gesuchten Verbrechern, untugendhaften Eierlegerrinnen oder den Betreibern sittenloser Glücksspiele gefahndet wurde, kam hin und wieder vor. Auch wenn sich ein Importeur von Hsirr-Käfern erdreistete, auf dem Markt Ware anzubieten, die nicht mehr lebendig – und damit nach allgemeiner, unwidersprochener Auffassung vollkommen ungenießbar war – musste er damit rechnen, über die Medien angeprangert zu werden.
Allerdings war auf diesem Weg seit Kridangedenken noch nie zur Suche nach Ketzern aufgerufen worden.
Und genau das war nun geschehen.
Es hatte Pan-Sen einen Stich versetzt, als er sein eigenes Bild zum ersten Mal von einem der Großbildschirme hatte herabblicken sehen. Die Daten stammten ohne Zweifel aus dem Bordrechner des Kriegsschiffes, auf dem er normalerweise Dienst tat und auf das er jetzt wohl nie wiederzurückkehren konnte.
»Sie fürchten uns«, hatte Tloam-Ser dieses Ereignis kommentiert. »Sie ahnen bereits, wie
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