Sternenfaust - 011 - Der Verräter
sorgen sollte, dass Pedro mit ihr hier im Einsatz war. Einerseits war es toll, in seiner Nähe zu sein, andererseits hätte sie ihn lieber in Sicherheit gewusst.
In diesem Moment öffnete sich wie von Geisterhand direkt vor Pedro Martinez der Boden. Catherine Black sah es aus den Augenwinkeln. Sie erschrak zu Tode.
»Vorsicht!«, warnte sie, während sie instinktiv einen Schritt zur Seite machte.
Pedro sah das Unheil ebenfalls. Er wollte zur anderen Seite ausweichen, war aber bereits in der Vorwärtsbewegung. So konnte er sich auch nicht mehr nach hinten werfen. Er strauchelte, verlor das Gleichgewicht und verschwand, sein Gauss-Gewehr fest an sich gepresst, im Schacht.
»Pedroooooo!«, schrie Catherine panisch.
In diesem Schrei lag all die Verzweiflung und das Grauen, das sie in diesem furchtbaren Moment empfand. Mit zwei Schritten war sie am Schacht und stierte, genau wie die Kameraden neben ihr, in eine finstere, nicht fassbare Tiefe, in der der wild wirbelnde Strahl des Helmscheinwerfers immer schlechter zu erkennen war.
»Nein«, flüsterte sie, während erste Tränen aus ihren Augen flossen. »Nein, nicht du, Pedro … Nicht du …« Sie schüttelte den Kopf, eine Geste, die sich zu einem Weinkrampf ausweitete.
Michael Tong trat neben sie und schüttelte sie unsanft an der Schulter. »Reißen Sie sich zusammen, Lieutenant«, sagte er laut und energisch. »Wir sind Soldaten im Einsatz. Diese Dinge können jederzeit passieren.«
Catherine Black sah ihn mit flatternden Lidern verständnislos an, dann fand ihr Tränen verschleierter Blick von weither wieder in die Wirklichkeit zurück. Sie schluckte ein paar Mal schwer.
»Jawohl, Sir«, flüsterte sie und wandte sich mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf ab. Es fiel ihr unendlich schwer, die Fassung zu bewahren. Am liebsten hätte sie geschrien und getobt und das verdammte Schicksal aufs Härteste verflucht. Es konnte einfach nicht wahr sein, dass gerade ihr und Pedro das passieren musste. Warum? Warum? Waruuuum?
Plötzlich stabilisierte sich der scharf gebündelte Lichtstrahl in unauslotbarer Tiefe, denn auch hier gaben die Messgeräte absolut widersprüchliche Werte an.
»Na endlich. Es ist ihm gelungen, sich mit Hilfe des Antigravs zu stabilisieren«, sagte Korporal Matt Kaharti so kühl wie eine Hundeschnauze. »Ich glaube, wir werden ihn gleich wieder unter uns haben. Kommen Sie, LI, schauen Sie es sich an und empfangen Sie ihn gebührend.«
Freude und Hoffnung durchtosten Catherine gleichermaßen wie ein alles mitreißender Strom. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte vor Glück, hastete an die Öffnung und starrte erneut in die Tiefe. Tatsächlich, das Licht der Helmlampe stieg langsam nach oben, immer weiter, immer weiter. Jetzt erhellte es bereits den oberen Teil von Pedros Raumhelm, die Schultern wurden sichtbar, der kleine Rückentornister mit dem Antigrav schälte sich aus der Finsternis.
Catherine hätte die ganze Welt umarmen mögen, sie leistete dem Schicksal, das es doch gut mit ihnen meinte, inständige Abbitte. Langsam aber sicher steigerte sie sich in einen euphorischen Zustand.
Plötzlich legte sich ein seltsames Flimmern um Pedro. Im selben Moment war der Marine spurlos aus dem Schacht verschwunden. Und einen Lidschlag später der Schacht selbst …
Catherine Black ließ sich auf die Knie fallen und tastete verstört über den jetzt wieder festen Boden. Dabei stammelte sie seltsames Zeug. Erst fünf Minuten langes gutes Zureden durch Dr. Gardikov konnte die Ingenieurin wieder beruhigen.
Lieutenant Commander Michael Tong verfluchte sich und die ganze Situation im Stillen. Warum nur hatte er in Bezug auf Black und Martinez nicht besser aufgepasst? Und dann passierte prompt, was absolut nicht passieren durfte. Verdammt!
*
DAS SCHIFF erhielt einen erneuten Fieberschub, der seine Erregung ins Unermessliche steigerte. Die Idee, das Liebespaar zu trennen, war noch nicht die richtige. Denn dadurch hatte die weibliche Zielperson zwar tatsächlich »nicht kontrollierbare, emotionale Situationen« durchlebt, genau so, wie es im Memospeicher abgelegt war. Aber die männliche Zielperson zeigte so gut wie keine Angst und auch sonst keine nennenswerten Gefühle. Deswegen konnte DAS SCHIFF noch immer keinerlei Rückschlüsse darauf ziehen, welche außergewöhnlichen Faktoren die Liebe nun wirklich ausmachten.
Allein die Stärke dieser emotionalen Ausbrüche konnte es nicht sein. Von der Intensität her kannte DAS
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