Sternenfaust - 023 - Überfall der Saraan
mussten.
Aber Ndogo zog die Routine vor.
Routine verhinderte, dass man sich zu viele Gedanken machte. Schließlich bestand bei jedem Gefecht die Möglichkeit, den Tod zu finden. Wo die feindlichen Treffer das Schiff in Mitleidenschaft zogen, war unmöglich vorhersehbar.
Das ganze glich einer Lotterie.
Russisches Roulette , dachte Sergeant Ndogo.
Plötzlich drang ein ohrenbetäubendes Geräusch aus einem der benachbarten Räume. Ndogo kannte dieses Geräusch. Sie hatte es im Simulator während ihrer Ausbildungszeit auf der Space Corps Akademie gehört, und es hatte sich aus irgendeinem Grund tief in ihr Bewusstsein eingegraben.
So klingt es, wenn die Atemluft aus einem Raum innerhalb des Schiffs entweicht! , erkannte sie.
Innerhalb eines Sekundenbruchteils entstand vor ihrem inneren Auge ein Bild. Das feindliche Feuer musste ein mehr oder weniger großes Loch in die Außenhaut gerissen haben. Ein Sog entstand dadurch, der alles mit sich riss. Menschen, Gegenstände – sie wurden durch die Luft gewirbelt. Wenn die Öffnung groß genug war, schleuderte sie der Sog der ausströmenden Atemluft hinaus ins All.
Andernfalls prallte alles gegen die Wände.
Der rapide Druckabfall macht es notwendig, die jeweilige Sektion innerhalb kürzester Zeit abzuschotten – unter Umständen auch ohne Rücksicht darauf, ob sich noch jemand in dem betroffenen Teil des Raumschiffs befand.
Die Bildschirmanzeige flackerte plötzlich und fiel aus.
Über Interkom wurde der Befehl gegeben, die Sektion umgehend zu verlassen.
Ndogo ließ alles stehen und liegen, sprang auf und rannte in den Korridor. Ein Alarmsignal schrillte. Die Evakuierungsanweisung war über Lautsprecher überall zu hören.
Die STERNENFAUST musste einen schweren Treffer erhalten haben. Explosionsgeräusche machten sie fast taub. Der Sog war deutlich zu spüren.
Sie hatte das Gefühl, gegen einen starken Wind anlaufen zu müssen. Die Trommelfelle drohten ihr zu platzen.
Zwei weitere Crewmitglieder liefen aus einem Seitenkorridor.
Es handelte sich um James Marquanteur und Nguyen Van Dong, zwei Mitglieder der Marines-Einheit an Bord der STERNENFAUST.
Wanda Ndogo begegnete ihnen recht häufig. Die Viererkabine, die sie zusammen mit zwei weiteren Marines bewohnten, befand sich ganz in der Nähe.
Alle drei spurteten in Richtung des Sektionsschotts, das sich bereits auf Gürtelhöhe gesenkt hatte.
Van Dong duckte sich darunter her, Marquanteur musste sich bereits auf den Boden werfen, und um die eigene Achse drehen, um das sich unaufhaltsam senkende Schott zu passieren.
Ndogo hatte ein Gefühl, als ob ihr die Luft aus den Lungen gepresst wurde.
Ein beginnender Unterdruck machte sich bemerkbar. Der Sog wurde stärker.
Auf dem letzten Meter wurden ihr die Beine förmlich weggerissen. Sie strauchelte und fiel zu Boden.
Die beiden Marines packten sie an den Armen und zogen sie mit einem brutalen Ruck unter dem sich senkenden Schott hervor, dessen Unterkante im nächsten Moment auf den Boden aufkam. Ndogo hätte vor Schmerzen schreien können.
Aber das war unmöglich. Sie rang nach Luft. Ihr war, als wäre etwas in ihrer Brust, dass versuchen würde, ihr die Lunge zu zerreißen. Auch die beiden Marines waren unfähig etwas zu sagen.
Als sie mich hinter das Schott gezogen haben, haben sie riskiert, selbst wieder hinausgerissen zu werden! , war es Ndogo plötzlich klar.
Der Sog konnte plötzlich so stark werden, dass auch ein Marine im voll funktionsfähigen Panzeranzug sein ganzes Können hätte aufbieten müssen, um zu überleben.
Aber diese beiden Männer trugen natürlich nicht ihre raumtauglichen Kampfanzüge, sie waren genauso verwundbar wie sie selbst.
»Alles klar, Sergeant?«, brachte Van Dong schließlich heraus.
Wanda Ndogo nickte knapp. Zu mehr war sie noch nicht fähig.
*
»Treffer auf dem Versorgungsdeck!«, meldete Tong. »Ein Hüllenbruch wird angezeigt. Eine Sektion musste abgeschottet werden.«
Der Erste Offizier der STERNENFAUST blickte von seinem Display auf und wandte das Gesicht in Richtung des Captains. Er musste nichts sagen. Sie wussten beide, dass sie von Glück sagen konnten, dass nicht die Antigravaggregate getroffen wurden. Die befanden sich ein Deck darüber.
Die Lage war verzweifelt.
Während das Dauerfeuer der STERNENFAUST nur geringen Erfolg hatte, waren die Graserschüsse der Drohnen für den Leichten Kreuzer verheerend.
Sie begannen damit, die STERNENFAUST regelrecht zusammenzuschießen.
»Wenn unsere
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