Sternenfaust - 026 - Der Hinterhalt
wie jene, mit denen wir in der Vergangenheit zu tun hatten. Und diese scheinen in der Mehrzahl zu sein. – Aber nein, wir betrachten niemanden als Feind, der sich nicht offen gegen uns stellt und uns Schaden zufügt«, beantwortete sie Danas Frage. »Daran würde es auch nichts ändern, wenn ihr ein Bündnis mit den J’ebeem eingeht. Eine solche Allianz würde sie vielleicht sogar dazu bringen, uns in Frieden zu lassen.«
Frost fragte sich, woher Shesha’a ihre Weisheit über die J’ebeem nahm. »Du hast noch gar nicht erzählt, wie du es geschafft hast, von Shishena zu uns zu gelangen«, erinnerte sie ihre »Schwester« aus diesem Gedanken heraus. Sie konnte sich des Verdachts nicht erwehren, dass beides miteinander zusammenhing.
Shesha’a grinste ihr Menschengrinsen. »Du musst nicht alles wissen, Dana. Es gibt Dinge, die besser geheim bleiben sollten. Das ist kein Misstrauen gegen dich, sondern eine Verpflichtung gegenüber jemand anderem.«
»Dann verzichte ich natürlich auf eine Antwort.« Sie blickte Shesha’a ernst an. »Ich hoffe, wir können deinem Volk helfen. Irgendwie.«
»Das wird sich zeigen.«
*
Die ersten Shisheni erschienen am vierten Tag der Besetzung. Sie tauchten plötzlich auf, ohne dass die J’ebeem nachvollziehen konnten, woher sie gekommen waren. Sie trugen schwarze Umhänge und näherten sich den sechstausend Leichen, die immer noch unberührt auf dem Feld vor der Hauptstadt lagen.
Siron Talas vermutete, dass es sich bei ihnen um Priester handelte, als er sie auf dem Hauptbildschirm in der Zentrale sah. Immerhin gab es hier die Gelegenheit, mit einem von ihnen persönlich zu sprechen. Er schickte einen Trupp Soldaten, um einen oder mehrere von ihnen gefangen zu nehmen und beobachtete via Bildschirm, was sich draußen abspielte.
Kaum sahen die Shisheni die J’ebeem kommen, machten sie kehrt und rannten unter Verwendung aller sechs Gliedmaßen davon. Die Soldaten verfolgten sie. Doch trotz ihrer Schnelligkeit waren sie mit nur zwei Beinen gegenüber sechsen im Nachteil. Die Shisheni verschwanden buchstäblich im Untergrund. Allerdings nicht so spurlos, wie sie aufgetaucht waren.
»Kommandant!«, meldete der Befehlshaber der Bodentruppe über Funk. »Wir haben einen Eingang zu unterirdischen Gängen gefunden! Verborgen unter einer Emuyili-Schicht. Wir folgen ihnen!«
»Nein! Tun Sie das nicht!«, rief Siron alarmiert.
Doch es war zu spät. Einer der Soldaten hatte bereits die getarnte Falltür berührt, und das umliegende Gebiet in einem Umkreis von hundert Metern explodierte und vernichtete den gesamten Bodentrupp.
»Verdammt!«, fluchte Siron und verlor für einen Augenblick die Beherrschung, die er aber sofort wieder zurückgewann. Er stellte eine Verbindung zu seinen übrigen Schiffen her. »Hier spricht Kommandant Talas! Falls diese Priester oder was sie sind wieder auftauchen, lassen Sie sie unbehelligt gewähren. Niemand nähert sich ihnen oder verfolgt sie. Wir werden kein zweites Mal in eine ihrer Fallen gehen.«
Für einen halben Tag blieb alles ruhig. Schließlich tauchten die Priester wieder auf, diesmal aus einer anderen Richtung. Obwohl Siron die Ortungsstationen ständig besetzt und alle Scanner aktiviert hielt, vermochten sie nicht zu erkennen, woher sie kamen. Die Shisheni mussten über eine Tarnvorrichtung verfügen, die ihnen dieses plötzliche Auftauchen scheinbar aus dem Nichts ermöglichte.
Siron beobachtete, wie die schwarz Gekleideten die Toten auf ihre Arme nahmen und in gemessener Prozession den langen Weg zu elf im Kreis stehenden Gebäuden vor der Hauptstadt trugen, die offensichtlich Tempel waren, und sie darin niederlegten. Anschließend kehrten sie wieder zurück, um die nächsten zu holen. So ging es unermüdlich hin und her, bis sie nach elf Stunden alle Toten dorthin gebracht hatten.
Über die Außenlautsprecher war zu hören, dass sie einen harmonischen wortlosen Gesang anstimmten, an dessen Ende um jeden Tempel ein greller kreisförmiger Blitz aufflammte, der für einen Moment die Ortungsgeräte und die Kameras störte. Als die Geräte wieder zu arbeiten begannen, waren die Toten ebenso verschwunden wie die Priester.
Die shishenische Nacht brach an.
Doch Siron brauchte wenigstens einen Shisheni, um mit diesem Volk in Kontakt zu treten und für die vertrackte Situation, in der er sich befand, eine Lösung zu finden. Er wusste nur nicht, wie er an einen herankommen sollte, ohne in eine neue Falle zu geraten.
Allerdings hatten
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