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Sternenfaust - 034 - Flucht in den Nexus

Sternenfaust - 034 - Flucht in den Nexus

Titel: Sternenfaust - 034 - Flucht in den Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Bahl
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    »Bitte«, sagte er etwas verspätet, als sie bereits Platz genommen hatte.
    »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie so einfach überfalle, Bruder William«, begann Laetitia und stellte sich dem Christophorer vor.
    »Wollen Sie etwas trinken?«, fragte William, als er spürte, dass sie kurz zögerte. Laetitia schüttelte verneinend den Kopf, eine Geste, die er als ausgesprochen betörend empfand. Sie hat eine überaus starke Ausstrahlung , überlegte er. Dann sah er, was sie abgelenkt hatte. Gemeinsam starrten sie auf den Bildschirm.
    Es hätte sie beide zutiefst erschrecken müssen. Wie weggeblasen hätten die Sorgen sein müssen, wegen denen Laetitia Bruder William aufgesucht hatte. Angesichts des sich in rasendem Tempo nähernden Todes hätten sie in pure Panik ausbrechen müssen. Todesangst, Verzweiflung und Entsetzen wären die normalen, natürlichen Reaktionen gewesen.
    »Das Ding sieht aus wie ein bizarrer, riesiger, leuchtender Morgenstern«, murmelte William stattdessen nahezu ungerührt und erklärte, als er ihre verständnislose Miene sah, »das ist eine mittelalterliche Waffe aus dem Orient …«
    »Ich weiß, was ein Morgenstern ist, aber …«, sagte Laetitia und ließ den Rest dessen, was sie sagen wollte, unausgesprochen.
    »Ein riesiger Morgenstern, der unser kleines Schiff zerschmettert und mit einem Schlag in Stücke haut …«, fuhr William leise fort.
    Sie spürten es beide, dass etwas nicht stimmte. Dass die Situation nicht nur höchst widersprüchlich, sondern völlig widersinnig, um nicht zu sagen irreal war. Sie wussten, ohne es sich wechselseitig bestätigen zu müssen, dass sie im Grunde ganz anders reagieren müssten. Voller Angst, voller Panik, voller hektischer, sinnloser Betriebsamkeit.
    Ihnen fiel auf, dass nicht nur sie widersinnig und im Grunde unmöglich reagierten, das ganze Schiff reagierte so.
    Nirgendwo war so etwas wie Geschrei zu hören, keine Alarmsirene ertönte, alles ging seinen ganz gewohnten Gang. – Das war das vollkommen Unverständliche.
    »Sie wollten mir etwas erzählen«, sagte William mit einem freundlichen Lächeln und riss seinen Blick von dem Monitor los. »Lassen Sie mich raten. Es gab Probleme, Probleme mit einem Mann.«
    Laetitia nickte heftig, ihre rotblonden Locken wuselten bei dieser Bewegung wie eigenständige Lebewesen um ihren Kopf. Als sie von dem Vorfall mit dem Crewman im Aufenthaltsraum zu erzählen begann, schlug die STERNENFAUST mit voller und unverminderter Geschwindigkeit wie eine Bombe in das Objekt ein …
     
    *
     
    … und war im nächsten Augenblick in seinem Innern.
    Dana Frost hatte unwillkürlich die Augen fest zusammengepresst. Jetzt öffnete sie sie vorsichtig und bemerkte als Erstes, dass sie wieder in ihrem Kommandantensessel vor ihren Kontroll- und Messinstrumenten und den Monitoren saß. Die Handkante, die sie eben noch gegen Wredans Hals geschlagen hatte, donnerte auf die Oberfläche des Ablagetischs vor ihr.
    »Wie kommen Sie zurück an Bord?«, schrie sie den Piloten an, der gerade die Brücke durch die Schleuse betreten hatte und rieb sich mit verzerrter Miene die schmerzende Hand. An ihrem Platz sah sie etwas vorbeihuschen. Es war Milgor, der von van Deyk herabgesprungen war und zum Prediger rannte, der hinter Titus Wredan in der Schleuse auftauchte, begleitet von Sonderbotschafter Maunga.
    Sie hatte allmählich das Gefühl, überhaupt nichts mehr zu verstehen. Hoffentlich kein Murmeltier-Effekt.
    Das Phänomen einer Zeitschlaufe mit immer wiederkehrenden Ereignissen nannten die Wissenschaftler seit eh und je Murmeltier-Effekt, obwohl sie keine Ahnung hatte, woher dieser Begriff stammte. Damit verhielt es sich ähnlich wie mit Schrödingers Katze, von der sie auch nur wusste, dass damit gewisse Unschärfephänomene in der Quantenphysik bezeichnet wurden, nicht aber, was die Katze in diesem Zusammenhang zu bedeuten hatte.
    Allmählich beruhigte sie sich wieder, denn aus einem anderen Winkel ihres Gedächtnisses tauchte der berühmte erste von den insgesamt 23 Leitsätzen auf, die Kendrick D. Philip zum Murmeltier-Effekt formuliert hatte: Das Murmeltier und alle, die mit ihm zu tun haben, befinden sich in der Gnade der Erinnerungslosigkeit.
    Dana dagegen erinnerte sich sehr genau an das, was geschehen war.
    Erst jetzt war sie in der Lage, ihre Aufmerksamkeit der aktuellen Situation zu widmen. Etwas, von dem die anderen längst in den Bann gezogen waren. Anscheinend funktionierten die Geräte noch oder wieder einwandfrei,

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