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Sternenfaust - 049 - Der Virus

Sternenfaust - 049 - Der Virus

Titel: Sternenfaust - 049 - Der Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Natürlich war dieses Merkmal nicht der einzige Grund, warum die Frau Sun-Tarin aufgefallen war. Da waren ihre Augen, die – wenn sie sich unbeobachtet fühlte – in eine weite Ferne zu blicken schienen, die vielleicht Dinge sehen konnten, die anderen verborgen blieben. Besonders auffällig erschien dem Kridan jedoch ihr Gang.
    Sun-Tarin hatte die Bemerkungen, die einige der Menschen hier über seine Art zu gehen gemacht hatten, sehr wohl vernommen und für sich gespeichert. Durch die nach hinten knickenden Knie, machte die Art der Fortbewegung bei einem Kridan stets einen staksigen Eindruck. Gut, das war anatomisch bedingt. Sicher kein Grund um Sun-Tarin als Gockel und Kratzfuß zu bezeichnen, was noch zwei der harmlosen Bezeichnungen waren. In den Augen des Kridan bewegten sich die meisten Menschen, als wollten sie den Boden unter ihren Füßen zerstampfen. Grob und hart – äußerst martialisch.
    Doch diese Frau war da vollkommen anders. Sie federte bei jedem Schritt. Ganz so, als verbeuge sich ihr gesamter Körper vor dem Willen ihrer Füße. Selten zuvor hatte Sun-Tarin das bei einem Lebewesen gesehen. Viel mehr erinnerte ihn dieser Bewegungsfluss an das Wogen der Lanca-Felder auf Kridania, wenn die mannshohen Fruchtkelche in voller Blüte standen. Ein immerwährendes Auf und Ab, so sanft und anmutig, dass es jeden Kridan tief anrührte.
    Sun-Tarin war so sehr in seinen Betrachtungen vertieft, dass er zunächst nicht realisierte, wohin der federnde Schritt den weiblichen Mensch in diesem Moment führte. Sie näherte sich eindeutig dem Tisch, an dem der Kridan saß. Die anwesenden Mannschaftsränge, die sich in dem kleinen Aufenthaltsraum befanden, stellten nach und nach ihre Gespräche ein – die meisten von ihnen hatten damit begonnen, den Kridan hier an Bord als gegeben hinzunehmen, mehr jedoch nicht. Wenn sich einer von ihnen dem Gockel freiwillig zuwandte, dann war das nach wie vor ein Hingucker.
    Für lange Momente stand die Frau unentschlossen am Tisch des Kridans, schien sich nicht schlüssig, wie es nun weitergehen sollte. Dann gab sie sich einen Ruck. Ihre Stimme passte zu ihrem Äußeren, fand Sun-Tarin – ruhig, tief … einer eigenen Melodie folgend. »Sir, darf ich Sie kurz in Ihrer Ruhephase stören?«
    Sun-Tarin war viel zu überrascht, um eine passende Antwort zu formulieren. Er nickte nur kurz und hoffte, dass die Bewegung seines Schnabels nicht zu ruckartig, zu abweisend ausgefallen war. Er wusste, dass dieser Eindruck durchaus entstehen konnte.
    Die Frau setzte sich in einer fließenden Bewegung auf den Stuhl, der dem Kridan gegenüberstand. »Meine Name ist Wanda Ndogo, – als Sergeant an Bord der STERNENFAUST bin ich für die Versorgung zuständig.« Sie stockte kurz, als wäre sie heilfroh, diese erste Hürde der Vorstellung hinter sich gebracht zu haben. »Es ist vielleicht nicht der beste Moment, gerade jetzt, da wir uns in einer so prekären Mission befinden, doch … ich denke, es ist Zeit, Sie nach Ihrem Befinden zu fragen.«
    Nun war der Kridan allerdings überrascht. Als er seine Blicke durch den Raum wandern ließ, sah er, wie sich die Köpfe der Crewmitglieder blitzschnell abwandten. Jeder war nur zu neugierig, was da besprochen wurde. Sun-Tarin blickte wieder zu der jungen Frau, in deren Gesicht er einen großen Ernst zu erkennen glaubte.
    »Wie darf ich das verstehen? Von mir kam bisher keinerlei Beschwerde.« Sun-Tarin hatte keine Probleme mit der Tatsache, dass die für ihn speziell aufgenommenen Ernährungskomponenten nicht gerade sehr abwechslungsreich waren; sie sättigten ihn – was wollte er mehr?
    Seine Anatomie erforderte eine besonders geformte Art der Sitzgelegenheit, die seinen nach hinten knickenden Knien eine würdige Position ermöglichten. Auch dafür war gesorgt worden – zumindest in den für ihn wichtigen Räumlichkeiten an Bord der STERNENFAUST waren solche Sitze installiert worden. Der Rest waren Kleinigkeiten, die ihm den Aufenthalt hier komfortabler machten. Nein, er hatte keinen Grund zur Beschwerde.
    Verwundert sah Sun-Tarin das kleine Lächeln, das sich um den Mund von Sergeant Ndogo gelegt hatte. Die menschliche Mimik war ein Bereich, der dem Kridan zunächst große Schwierigkeiten bereitet hatte. Ein breites Grinsen – im Zusammenspiel mit einer kurzen Oberlippe – hätte er zu einem früheren Zeitpunkt als Beginn eines Angriffs auf sein Leben bewertet, ganz sicher nicht als Beweis für Freundlichkeit. Sun-Tarin war ein Lernender, seit er

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