Sternenfaust - 049 - Der Virus
Mannes, der nur wenige Meter hinter ihm stand, klang gedämpft durch den Thermohelm. Arian kniff die Augen zusammen, um den Burschen besser zu erkennen, doch in Schutzkleidung – ohne die man auf dieser verfluchten Eiswelt keine drei Minuten im Freien überlebt hätte – sah jeder aus wie der andere.
»Genau dort stehen bleiben.« Arian ließ den Lauf der Waffe kurz hochrucken, um seinen Worten den entsprechenden Nachdruck zu geben. »Schließ die verdammte Tür hinter dir, und dann wirst du mir hübsch friedlich und freundlich erzählen, was hier geschehen ist.«
Der andere kam Arians Worten nur in so weit nach, dass er auf dem Fleck verharrte; die Tür blieb jedoch ein Stück weit geöffnet.
»Du weißt es wirklich nicht? Dann bist du einer derer, die in den Bergen hausen, richtig?«
Arian nickte verdutzt, reagierte auch nicht, als sein Gegenüber mit einer fließenden Bewegung den Thermoheim vom Kopf nahm. Dann jedoch riss er die Augen weit auf, dehn die Person war ihm sehr wohlbekannt.
Es war der Mann, der den alten Digger dazu gebracht hatte, hierher in die Siedlung zu kommen.
Der Mann, den er zu töten gedachte – Lou Jaspert, der von den Solaren Welten eingesetzte Leiter von 01 !
Der Mann, der Leskas Tod verschuldet hatte – Arian Valborns Frau …
*
Je länger sich Sun-Tarin an Bord der STERNENFAUST II aufhielt, umso komplizierter wollte es ihm erscheinen, die Menschen in einige wenige Schubladen zu stecken. Eine Charakterisierung der STERNENFAUST-Crew, und nur von dieser Gruppe Menschen konnte er schließlich ausgehen, erschien ihm von Tag zu Tag schwieriger.
Der Austauschoffizier aus dem Volk der Kridan hatte sich das zunächst viel einfacher vorgestellt. Und in den ersten Tagen an Bord schienen sich seine Theorien ja auch voll und ganz zu bestätigen. Drei Schubladen sollten ausreichen.
In der allergrößten musste Sun-Tarin Platz schaffen für alle die, die ihn ablehnten, ihn am liebsten von Bord geworfen hätten. Es fiel dem Kridan nicht einmal schwer, dies nachzuvollziehen. Der Krieg zwischen den Solaren Welten und Kridan war hart gewesen. Kaum jemand hier an Bord hatte nicht zumindest einen Verwandten oder Freund bei den Kampfhandlungen verloren. Wahrscheinlich hätte er in einer umgekehrten Konstellation ebenso gefühlt.
Schubfach Nummer zwei war bei Weitem nicht so überfüllt. Darin war noch eine Menge freier Platz übrig, denn es gab nur eine relativ geringe Anzahl Menschen hier an Bord, die vom ersten Augenblick an versuchten, ernsthaft eine für beide Seiten fruchtbare Beziehung zu dem Kridan aufzubauen. Das war der eigentliche Sinn dieses Austauschprogramms – ein offener Versuch der gegenseitigen Annäherung.
Als Erster hatte sich Bruder William in diese Lade begeben. Der Christophorer war von Anfang an um den Kridan bemüht gewesen. Leicht war auch William das nicht gefallen, denn die Gegensätze in der Denkweise der beiden Rassen offenbarten krasse Gegensätze, die auch William nicht so ohne Weiteres in eine gleiche Richtung biegen konnte.
Der Captain … Dana Frost zählte Sun-Tarin auch zu den Menschen, die gewillt waren, dieses Projekt positiv anzugehen – van Deyk sicherlich auch. Es war reichlich ernüchternd festzustellen, dass die Habenseite damit auch schon so ziemlich erschöpft war. Der Kridan musste das so akzeptieren.
Doch das Aufteilen in zwei Lager wollte so nicht funktionieren. Zumindest eine weitere Gruppierung kristallisierte sich nach und nach heraus. Es waren die Crewmitglieder, die Sun-Tarin ganz einfach ignorierten, die ihn anscheinend nicht wahrnahmen. Manche von ihnen waren sichtlich bemüht, diese innere Distanz zu dem Kridan krampfhaft aufrecht zu erhalten – man sah es ihren Gesichtern an, wenn sie Sun-Tarin einmal ungewollt zu nahe kamen.
Andere hingegen schienen ihn tatsächlich als Normalität im Bordalltag zu betrachten. Sun-Tarin kam nicht umhin, genau diese Gruppierung als ausgesprochen angenehm zu empfinden. Eine dieser Personen war ihm immer wieder aufgefallen. Es war eine junge Frau mit schwarzer Hautfärbung. Sie war groß, äußerst schlank … und kahlköpfig. Letzteres war unter den Menschen zwar nicht unüblich – ob Modeerscheinung oder Lebenseinstellung, das spielte für den Kridan keine Rolle – doch in diesen Zeiten ein äußeres Merkmal, das mit der Bedrohung durch die Dronte in Verbindung gebracht werden konnte.
Ein von den Parasiten übernommenes Wesen verlor in kürzester Zeit seine komplette Körperbehaarung.
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