Sternenfaust - 049 - Der Virus
gepasst. Alles schien hier irgendwie improvisiert zu sein. Second hand … mehr ging auf dieser Welt offenbar nicht.
Arian kannte die Überwachungsanlage. Und mit der wollte er sich nun Klarheit verschaffen. Das Terminal verfügte über drei recht kleine Bildschirme, die Bilder aus dem Innenraum des Great zeigen konnten, die man jedoch auch auf die Außenkameras schalten konnte. Arian wusste, dass der Inhaber des Ladens einen Spleen hatte. Und so zeigten die Screens nicht nur die leere Straße vor dem Great – nein, von hier aus konnte man weitere Kameras ansteuern, die einen Teil der Umgebung des Raumhafens optisch abdeckten. Arian hatte sich immer gewundert, was das sollte. Neugier? Oder einfach vorsorgliche Kontrolle, denn man war so in der Lage abzusehen, mit welchen Kundenmengen man rechnen konnte.
Der alte Digger griff mit raschen Schaltungen auf alle Kameraeinstellungen zu. Bei zwei von ihnen blieben die Bildschirme dunkel. Defekt – sicher war das so. Oder einfach abgeschaltet? Arian ließ keinen spionierenden Blick aus. Doch allesamt zeigten sie ihm nur das Bild, das er draußen selbst erlebt hatte. Leere Straßen, leere Plätze … keine Menschenseele weit und breit.
»Du musst in das Center. Dort wirst du sicher eine Erklärung finden.« Die sanfte Frauenstimme beruhigte sein aufgekratztes Nervenkostüm ein wenig. Ja, so würde es wohl sein. Hier jedenfalls gab es nichts zu entdecken.
Auf dem Weg zur Außentür drehte er sich immer wieder um. Doch da war niemand, der ihm folgte, ihn packen wollte. Nur die klackenden Geräusche der Glücksautomaten wollten nicht enden.
Die Versuchung der Spielsucht lockte mit bunten Lichtern – doch es gab keinen Süchtigen, der ihr nachgeben konnte …
*
Wärme und Licht – doch keine Menschenseele.
Die Eindrücke glichen einander aufs Haar. Auch im Verwaltungstrakt von 01 schien es ganz so, als wären die hier sonst tätigen Menschen nur kurz fortgegangen. Verrückt, aber Arian glaubte sogar, dass er ganz schwach ihre Körpergerüche, die Parfüms und Deos wahrnehmen konnte.
Der Digger ging in jedes Zimmer, ließ kein Büro aus, doch überall war das Ergebnis gleich. Entschlossen setzte sich Valborn an den Zentralcomputer. Der Mann, der eigentlich auf diesem Stuhl hätte sitzen sollen, war der Grund für sein Hiersein. Doch das spielte in diesem Moment nur eine untergeordnete Rolle. Jetzt wollte der alte Mann nur wissen, was hier geschehen war – und noch immer geschah.
»Du weißt, dass dich das, was du da gerade tust, Kopf und Kragen kosten kann, wenn man dich erwischt?« Eigentlich war es keine Frage, sondern eher eine Feststellung der sonoren Stimme. »Wenn jetzt jemand auftaucht, dann bist du dran … wegen unbefugtem Eindringen, versuchter Sabotage – die werden sich bestimmt etwas für dich ausdenken.«
Arian lachte leise auf. »Du vergisst, warum ich hier bin? Warum das Gewehr hier geladen und entsichert neben mir steht? Da muss niemand erst nach einem Grund suchen, um mich für die restlichen Tage meines Lebens hinter Schloss und Riegel zu bringen. Jetzt stört mich nicht. Ich muss mich konzentrieren.«
Mit fliegenden Fingern griff er über die altmodische Tatstatur auf die Tagesdaten der Verwaltung zu. Heute … gestern … eine Woche zurück … Arian Valborn lehnte sich verwirrt und voller Furcht zurück. Da waren keine Daten. Was, wenn er tatsächlich der letzte Mensch auf diesem Dreckklumpen im All war?
Die Angst ließ ihn noch schneller arbeiten. Der letzte Eintrag, den er fand, war vor gut sechs Wochen getätigt worden. Ein Eintrag, der kaum als Tagesprotokoll zu werten war, denn er brach urplötzlich ab. Nur für den Vormittag des besagten Tages gab es Daten. Im Grunde sagten die nicht viel aus – Ausreiseanträge, Bewilligungen, zwei Todesfälle aus der zurückliegenden Nacht, Beschwerden … das war die reine Routine einer Verwaltung. Doch dann endeten die Eingaben abrupt.
Arian öffnete die Datei, in der die unerledigten Eingänge gesammelt waren. Mit Verblüffung bemerkte er, dass dieser Ordner regelrecht überquoll. Rasch verschaffte sich Valborn einen Überblick. Das waren alles Nachrichten von den in den Bergen der Pollandschaft verteilt arbeitenden Prospektoren. Das war einfach an den Kennungen festzumachen, die den jeweiligen Claims zugeordnet waren. Arian zögerte nun nicht mehr, er griff auf die Texte zu.
Minuten später korrigierte er seine vorherige Meinung. Das waren keine Nachrichten, sondern Hilfeschreie!
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