Sternenfaust - 054 - Versklavt
im Nachbarpferch. Sie hatte das Gefühl, dass der Ursprung dieses Schreies nicht weiter als höchstens fünfzig Meter entfernt sein konnte. Dazu dieses grausige Geräusch scharfer Lederschwingen, die heftig in der Luft flatterten wie bei einer Riesenfledermaus.
Dana war sofort hellwach, von einer Sekunde zur nächsten. Sie schreckte hoch, saß aufmerksam da und ließ den Blick schweifen. Viel konnte man nicht sehen. Dazu war die Beleuchtung zu schwach. Man konnte die Lichtverhältnisse mit einer mondlosen, bewölkten Nacht abseits einer bewohnten Gegend auf der Erde vergleichen.
Alles, was Dana erkennen konnte, waren unterschiedliche Stufen der Finsternis. Die Schwingen eines Xabong hoben sich dunkel ab. Aber da war noch etwas unter ihm. Etwas, das in der Luft hing und von seinen Pranken gehalten wurde. Neben Dana war eine Bewegung zu spüren, dann ein brüllender Laut.
Xygor’an schnellte hoch. Ihm machte die Dunkelheit nichts. Seine Augen unterschieden ohnehin nur grobe Umrisse und Helligkeitsgrade. Sein Hauptorientierungsorgan war ein Ultraschall-Sonar.
Nur undeutlich konnte Dana die aufspringende Gestalt des Dronte-Kshagir erkennen. Dafür fühlte sie um so deutlicher den Boden unter den schweren Tritten des Giganten erzittern.
Xygor’an sprang mit einer erstaunlichen Behändigkeit, die man einem so kompakten Wesen eigentlich kaum zutraute, empor. Die enorme Beinmuskulatur, die sich unter dem Schuppenpanzer seiner Oberschenkel verbergen musste, ließ ihn regelrecht emporschießen. Wie ein Schatten stieg er hoch, streckte dabei seinen starken Arm voran und ergriff mit der Pranke jenes Etwas, dass der Xabong mit in die Höhe zu nehmen versuchte.
Der Xabong schrie. Xygor’ans dumpfes Brüllen mischte sich dazwischen und im Nu waren im Umkreis von mindestens zweihundert Metern sämtliche Sklaven wach – gleichgültig, welcher Spezies sie auch angehören mochten.
Der Dronte-Kshagir entriss dem Xabong das Bündel und verpasste ihm außerdem noch blitzschnelle Schläge mit seinen beiden zarten Greiforganen.
Der Dreiarmige taumelte daraufhin zu Boden. Das Bündel krachte neben ihn und kam mit einem dumpfen Laut auf, während sich der Xabong kreischend erhob und davonstob.
Die gesamte Gruppe von Herkon Lakiv versammelte sich in einem Halbkreis. Aber auch aus den anderen Pferchen kletterten Sklaven die Wände empor und setzten sich darauf.
Es gab unter den J’ebeem einige wenige Lampen.
Wahrscheinlich schwer erkämpft, so wie alle technischen Geräte! , dachte Frost, die sich von ihrem kahlen, kalten Lager erhob und einen Schritt nach vorne machte. Sie wollte wisse, was der Xabong hatte mitnehmen wollen.
Es war ein blutiger Körper. Haut und Kleider waren überall durch die Krallenhände des Xabong aufgerissen worden.
Herkon Lakiv trat an den Körper heran und leuchtete ihr mit einer Stablampe ins Gesicht und anschließend den Oberkörper entlang.
Erst jetzt konnte Dana erkennen, dass es sich um eine Frau handelte. Der Atem war flach. Ihre Haltung seltsam verrenkt. Wie hoch ihre Überlebenschancen waren, konnte Frost nicht sagen, dazu kannte sie sich zu schlecht mit der J’ebeem-Physiologie aus.
Herkon Lakiv sagte ein paar Worte auf J’ebeem.
Bran Larson, der inzwischen auf den Beinen war, übersetzte sie. »Die Frau wird weggeschafft.«
»Weggeschafft?«, fragte Frost. »Was soll das heißen?«
»Sie muss verschwinden. Ein paar von Herkons Männern werden sie an einen Ort bringen, wo man sie nicht findet. Es gibt an verschiedenen Stellen Bodenplatten, die sich abnehmen lassen und über die man in weitere Bereiche des Schiffes gelangen kann. Dort sind Maschinen und Müllkonverter …«
»Das ist nicht dein Ernst, Bran!«, stieß Frost so laut hervor, dass einige von Herkons Leuten schon auf sie aufmerksam wurden.
»Es ist nicht meine Entscheidung, Dana.«
»Sie lebt noch – und man will sie in einen Müllkonverter werfen?« Dana war fassungslos.
Dass in der Sklavenhalle an Bord der GRALASH auf Grund der furchtbaren Verhältnisse, unter denen die Gefangenen leben mussten, die blanke Barbarei herrschte, hatte sie ja inzwischen bitter lernen müssen. Aber dieser Vorfall stellte das alles nach ihrem Empfinden noch einmal in den Schatten.
Zwei Männer packten die J’ebeem-Frau an Armen und Beinen und hoben sie vom Boden auf. Sie waren dabei nicht sonderlich vorsichtig. Die Frau stöhnte auf. Blut tropfte aus ihren Wunden.
Der Lichtkegel einer Stablampe suchte danach und sofort kamen mehrere der
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