Sternenfaust - 056 - Die Verschwörung (2 of 2)
Hierarchie und Überwachung.
Allein um solch ein System funktionstüchtig zu halten, bedurfte es einer kalten und in ihrem Bereich auch überragenden Form von Intelligenz.
Alles an ihnen wirkte auf den ersten Blick archaisch und primitiv. Selbst im Vergleich mit ihrer grob geschnittenen und wenig phantasievollen Kleidung mit der von irdischen Steinzeitmenschen mochten die Neandertaler auf der Erde die raffinierteren Schneider gewesen sein. Aber wo waren die Neandertaler heute? Und wo die Morax?
Die Zuschauer hatten den Saal rasch und so lautlos und unauffällig wie möglich verlassen. Nur D’aerte stand noch nahe dem Eingang und nahm die Befehle der Morax entgegen. Dana hatte sich zusammen mit Bran Larson und Minslow ans andere Ende zurückgezogen. Vier Männer aus D’aertes Gefolge hatten den ohnmächtigen Breg Suntron fortgeschleppt, der genau zu dem Zeitpunkt wieder das Bewusstsein zurückerlangte, als er an der Morax vorbeigetragen wurde. Der beachtete ihn nicht weiter. Aber Dana konnte genau sehen, dass Suntron Mühe hatte, nicht ein zweites Mal in Ohnmacht zu fallen.
Eine kurze Bewegung von Milan D’aerte und der Eunuch setzte hektisch seine Fettmassen in Bewegung.
Bevor er seinen Besitzer erreichte, wandte sich die wuchtige Gestalt der Weltraumbarbarin ab und verließ den Raum. Mehrfach nickte Minslow ergeben zu dem, was ihm D’aerte sagte. Dann verließ auch der Sklavenführer die Kampfstätte.
»Du bist ab sofort von allen bisherigen Arbeiten freigestellt«, verkündete Minslow mit sich überschlagener Piepsstimme.
»Muss ich jetzt etwa Suntrons Aufgaben übernehmen?« Dana packte ein leichtes Entsetzen bei der Vorstellung zu Milan D’aertes Rechter Hand geadelt zu werden.
»Nein. Die versieht Breg Suntron nach wie vor, sobald er sich erholt hat. In der Zwischenzeit muss D’aerte mit besonders harter Hand durchgreifen, damit niemand es wagt, gegen seine Befehle aufzubegehren …«
»Das heißt, ich kann gehen …«, sagte Dana und streifte Larson mit einem Seitenblick.
Der Eunuch schüttelte die Lagen seines Doppelkinns und starrte Dana entgeistert an.
»War nur ein Witz«, erwiderte Dana.
»Koggru, das ist der oberste Schamane an Bord der GRALASH, benötigt einen eigenen Boten«, erklärte Minslow. »Das ist ab sofort deine Aufgabe.«
Dana blickte den Eunuchen verständnislos an.
»Eine ehrenvolle Aufgabe. Im Grunde ist sie fast gleichrangig mit der Funktion von Milan D’aerte …«
»Fast.«
»Fast. Denn du verfügst über keine eigene Hausmacht. Keine Diener, keine Leibsklaven, keine Wachen, keine Assistenten, keine Eunuchen …«
»Wie wär’s mit dir?«, fragte Dana und sah Minslow provozierend an.
»Ich gehöre D’aerte«, wehrte der Kastrat entsetzt ab.
»Auch das war nur ein Scherz«, sagte Dana. »Aber es ist unrichtig anzunehmen, ich würde über keinerlei Hausmacht verfügen …«
Jetzt starrte sie der Eunuch fragend an.
Dana wies auf Bran Larson. »Darf ich vorstellen, Bran Larson, mein Assistent und Berater in allen Fragen. Er vertritt mich immer dann, wenn ich Botengänge zu erledigen habe. Du wirst Hergon Lakiv mitteilen, dass wir nicht mehr zu seiner Gruppe gehören. Dann suchst du uns einen unserer neuen Stellung angemessenen Schlafplatz, an dem wir nicht von anderen gestört werden. Aber zuerst erklärst du mir, was es mit dem Botenjob auf sich hat.«
Ohne Widerspruch stimmte Minslow den veränderten Verhältnissen zu und begann die neuen Aufgaben zu erläutern.
*
Vor der Befestigungsanlage des Tempelbezirks befanden sich Felder, einige Häuser und Hütten sowie umzäunte Wiesen, auf denen in Friedenszeiten Rogs, Meiler und Wenschels gehalten wurden. Am Waldrand befanden sich eine Reihe von Gärten, Keller, zusätzliche Wirtschaftsgebäude wie Scheunen und Ställe. Normalerweise herrschte hier ein geschäftiges Treiben, ein ständiges Kommen und Gehen. Jetzt wirkte das ganze Gelände wie ausgestorben, da man alle Tiere über die Zugbrücken hinter die Mauern getrieben hatte. Auch alle Bauern und Feldarbeiter, die sonst hier lebten und arbeiteten, hatten sich mit ihrer beweglichen Habe in Sicherheit gebracht. Innerhalb der Tempelstadt herrschte jetzt eine drangvolle Enge wie zu Zeiten des Affenfestes oder wenn Markt abgehalten wurde.
So gut es ging, waren in aller Hast die Früchte in den Gärten gepflückt und die Felder abgeerntet worden. Schließlich wollte man dem anrückenden Heer des Eroberers Malachenko so wenig wie möglich überlassen. Da
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