Sternenfaust - 058 - Im Zeichen der Toten Götter
im Augenblick sind die Tanjaj offenbar unsere besten Verbündeten dabei.«
Thornton lächelte mild. »Es überrascht mich, dass jemand wie Sie so strategisch zu denken vermag. Man könnte fast denken, Sie hätten die Ganymed-Akademie besucht.«
Bruder William hob die Schultern. »Was heißt jemand wie ich ?«
»Ein Christophorer. Ein Pazifist. Jemand, der den Krieg vollkommen ablehnt.«
»Sie glauben also, dass strategisches Denken ein Privileg des Militärs ist?«, antwortete Bruder William mit einer Gegenfrage.
*
Eine halbe Stunde später erfolgte das Andockmanöver an die ZORN DES GLAUBENS VII.
Ein Kridan namens Dablon-Kar betrat das Innere des Shuttle über die Außenschleuse. Er stellte sich vor und benutzte dazu – anders als Sun-Tarin – einen Translator. Sein Rang entsprach dem eines Nom-Tanjaj. Außerdem erklärte er, bis vor wenigen Wochen zu einem Verband der sogenannten Wächtern der Höllentiere gehört zu haben, deren Aufgabe es war, die Gambana-Artefakte zu bewachen.
Da die Fähre bis zum letzen Platz besetzt war, musste einer der Marines seinen Platz für Dablon-Kar freimachen. Eine Überbelegung von einer Person war für das 15-Mann-Shutttle allerdings kein Problem. Wenn im Notfall das Mutterschiff evakuiert werden musste, konnte es sein, dass es mit mehr als doppelt so vielen Crewmitgliedern bemannt wurde.
»Es tut mir leid, dass meine Teilnahme an dieser Landemission erst so spät beschlossen wurde«, erklärte Dablon-Kar.
»Ich nehme an, dass dem ein ausführlicher Diskussionsprozess vorangegangen ist«, meinte Jay Thornton.
Der spöttische Unterton des Commodores schien vom Translator des Kridan nicht übertragen zu werden. Zumindest reagierte der Verbindungsoffizier von der ZORN DES GLAUBENS VII nicht weiter darauf, sondern sagte stattdessen: »Die Lage auf der Welt, die Sie Spider II nennen, ist vollkommen außer Kontrolle geraten. Die Msssarrr hatten den Planeten ja zum Zentrum ihrer neuen Heimat erkoren. Dabei drängten sie eine wurmähnliche, halb intelligente Spezies – die Bruoor – weit in die Peripherie zurück und rotteten sie fast aus. Inzwischen haben die Bruoor weite Teile des Planeten zurückerobert. Um sie wirksam zu bekämpfen sind sie einfach zu viele.« Dablon-Kar vollführte eine wegwerfende Bewegung mit der Krallenhand. »Aber das ist nur eine von vielen Schwierigkeiten, die sich dort Unten für unsere Wächter der Höllentiere ergeben.«
»Der Kontakt zu ihren Truppen soll abgebrochen sein«, hakte van Deyk nach.
»Ja, das ist richtig. Aber von Truppen zu sprechen ist übertrieben. Es gibt immer nur kleinere Verbände zur Bewachung der Gambana-Anlagen.«
»Ist Ihnen bekannt, ob die Tanjaj möglicherweise doch das Erbe der Gambana zu nutzen versucht haben?«, fragte van Deyk. Er war sich sehr wohl bewusst, dass diese Frage das Klima zwischen Dablon-Kar und ihm auf Dauer vergiften konnte. Aber andererseits fand der Erste Offizier der STERNENFAUST, dass für irgendwelche Mätzchen einfach nicht genug Zeit blieb. Eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes stand bevor und da hieß es schlicht und ergreifend handeln.
»Diese Welt steht unter imperialem Tabu«, antwortete Dablon-Kar.
»Meine Frage zielte darauf ab, ob die Tanjaj dieses Tabu vielleicht verletzt haben, um die Errungenschaften der Gambana-Technik für sich zu nutzen.«
»Nein, das wäre Frevel. Das Tabu geht auf ein Dekret des Predigers zurück, der den amtierenden Raisa in den Regierungsgeschäften vertritt.«
»Soll das heißen, es gibt keinen Tanjaj-Offizier, der nicht insgeheim die Rechtmäßigkeit des Predigerregimes ablehnte?«, ließ van Deyk einfach nicht locker.
»Es geht nicht um die Rechtmäßigkeit, sondern um die Gottgefälligkeit der Regierung«, mischte sich Sun-Tarin jetzt ein und sprang damit dem Verbindungsoffizier verbal zur Seite. »Und was die Freiheit der Gedanken angeht, so ist sie doch in Ihrer Kultur ein hochgehaltenes Prinzip. Warum also gestehen Sie diese dann nicht auch Tanjaj-Offizieren zu, die mit einer Einzelentscheidung ihrer Regierung innerlich nicht übereinstimmen. Und wenn Sie mir diese persönliche Bemerkung gestatten, Commander van Deyk: Wie ich weiß, bestand auch bei Ihnen nicht immer vollkommene innere Übereinstimmung mit den Befehlen, die man Ihnen gab.«
Van Deyks Gesicht verdüsterte sich.
Er hatte nichts dagegen, dass man ihn auf seine Degradierung um zwei Ränge ansprach, da sie erfolgt war, weil er die Humanität über die Befehlshoheit des
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