Sternenfaust - 063 - Das Erbe der Genetics
»Quasi-Versorgungsoffizier« war die Massai auch für Gäste an Bord der STERNENFAUST II zuständig, wenn es um organisatorische Dinge oder um grundsätzliche Fragen der Unterkunft ging.
Inmitten von Soldaten vertrat sie die private Seite, ähnlich eines Concierges, wie man ihn in vergangenen Zeiten auf der Erde gekannt hatte; sie war bemüht, den Gästen alle Wünsche so weit wie nur möglich zu erfüllen, auch wenn das an Bord eines Kampfschiffes nicht immer möglich war.
Moll hatte einen Narren an der feingliedrigen jungen Frau gefressen, doch Dana war auch überzeugt, dass die Botschafterin die Fähigkeiten von Wanda Ndogo glasklar erkannt hatte.
»Gut, einverstanden. Doch die restlichen vier Personen werden Marines sein – inklusive des Piloten. Ohne ihre Panzerung sind sie zwar nicht unverwundbar, doch Sie werden ganz bestimmt keine besseren Leibwächter finden, Botschafterin Moll.«
Jefica Moll sah Dana fest in die Augen. »Ganz leise hatte ich gehofft, Sie würden mich ebenfalls begleiten, Captain.«
Danas Gesicht wurde abweisend. »Ich bin der Captain, wie Sie eben richtig gesagt haben. Und der Captain gehört auf sein Schiff. Ich bin gerade erst wieder hier und verspüre keine große Lust, mich schon wieder ins Unbekannte zu begeben. Dort war es beim letzten Mal nicht so ganz angenehm, wenn Sie verstehen was ich meine.«
Dana sah mit einer gewissen Genugtuung die Farbe aus dem Gesicht von Jefica Moll weichen. Sie hielt sich nicht länger mit Sticheleien auf und wechselte das Thema. »Ich hoffe, Sie wissen was Sie tun, Botschafterin. Sie können dort unten nur passiv agieren, das dürfte Ihnen sicher klar sein. Was Sie auch entdecken – rechnen Sie nicht damit, dass die STERNENFAUST sich aktiv in die Belange der Genetics einmischt.«
Jefica Moll, immer noch blass, deutete eine Verbeugung an, dann verließ sie wortlos die Brücke. Dana Frost spürte die Blicke in ihrem Rücken, die Blicke ihrer eigenen Leute. Und sie kannte die Fragen, die jeder von ihnen sich stellte – Hat sie sich so verändert? Wie hart ist sie geworden? Wie wird es künftig sein, unter ihrem Kommando zu stehen?
Dana Frost kannte die Antworten auf diese Fragen selbst nicht. Eines jedoch wusste sie genau. Dieser ganze Einsatz gefiel ihr überhaupt nicht. Unter Heimlichtuerei und mit Halbinformationen hatte man sie mit ihrem Schiff in eine Aktion geschickt, die sich eindeutig in einer gefährlichen Grauzone bewegte. Dana Frost waren die Hände gebunden, denn die Angelegenheiten der Genetics durfte sie nicht zu den ihren machen.
Und daran würde sie sich auch halten.
*
»Du hast mich hier in eine Sache hineingezogen, die nicht die meine ist!«
Deter Gostein flüsterte, denn er wollte auf keinen Fall Aufmerksamkeit erregen, auch wenn weit und breit niemand zu sein schien. Dennoch – auch geflüsterte Worte konnten intensiv und hart wie ein Schrei sein. Ob Kaaz Raniff das so empfand, das konnte Deter allerdings nicht beurteilen. Zumindest ließ er sich nichts in dieser Richtung anmerken. Er suchte weiter und ließ seine Finger über die Tastatur des Rechners fliegen.
»Verdammt, hör mir zu, Kaaz. Zumindest kann ich doch erwarten, dass du mir sagst, was du vorhast. Glaubst du, ich renne mit offenen Augen und ohne den Sinn zu erkennen in mein Verderben? Du magst das vielleicht so machen – ich jedenfalls nicht! Also erkläre mir mal, was du machen wirst. Sonst drehe ich sofort um und verschwinde! Such dir einen anderen Dummen!«
Die letzten Worte hatten wie das bösartige Zischen einer Schlange geklungen. Kaaz unterbrach seine Bemühungen. Mit großen Augen sah er Deter an.
»Du glaubst nicht an unsere Sache? Aber du musst es doch auch sehen, Deter! Es kann so nicht weitergehen. Kein Volk hat das Recht seine klügsten Köpfe auf eine andere Welt zu deportieren und sie in ein Lager zu sperren. Das musst du doch sehen!«
Natürlich sah Gostein das. Doch er war realistisch genug, um anderes nicht zu übersehen:
Glaubte Kaaz denn wirklich, dass die Deportierten das grundlegende System der Genetics ändern konnten? Diese Gesellschaft war nun einmal so, wie sie eben war. Sie glaubte an die ständige Veränderung, an die immer weiter reichenden Verbesserungen, die Hochzüchtung der eigenen Rasse. Waren sie deshalb böse, waren sie zu verurteilen? Gostein hatte nicht das Recht darüber zu entscheiden – und Kaaz auch nicht.
Deter vermutete, dass die hier Abgeschobenen etwas ganz anderes im Sinn hatten. Wenn sie wirklich
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