Sternenfaust - 076 - Heimkehr
gefallenen Chefärztin Dr. Simone Gardikov dar. Schiffe der SEK-Klasse besaßen regulär nur zwei Ärzte, dazu zwei Pfleger sowie fünf paramedizinische Sanitäter, die aber nur in Notfällen eingesetzt wurden und im normalen Schiffsalltag andere Aufgaben wahrnahmen. Zwar war kurz vor dem Start der Expedition mit Fähnrich Kendra Scott eine kompetente zweite Ärztin an Bord gekommen, aber Dr. Scott war erst dreiundzwanzig Jahre jung und definitiv nicht erfahren genug, um zum gegenwärtigen Zeitpunkt Chefärztin auf der STERNENFAUST sein zu können. Sie musste in diesen Posten erst noch hineinwachsen.
Und das bedeutete, dass Jackson jemand anderen dafür finden musste. Die Jungspunde von der Akademie fielen als Kandidaten aus, denn die lagen, was ihre Erfahrung betraf, sogar noch ein Jahr hinter Dr. Scott zurück. Aber alle erfahrenen Schiffsärzte, die frei gewesen wären, waren bereits anderen Schiffen zugeteilt worden. Und Zivilisten kamen für den Posten erst recht nicht in Frage.
Kim Ray Jackson hatte allerdings schon den perfekten Kandidaten gefunden. Doch den zu überzeugen, würde ein hartes Stück Arbeit werden …
*
»Kim, mein alter Freund!« Dr. Ashkono Tregarde begrüßte Jackson mit einer herzlichen Umarmung, einem nicht minder herzlichen Lächeln und dem Satz: »Was immer du willst, die Antwort ist nein .«
Jackson warf theatralisch die Arme in die Luft und machte ein gekränktes Gesicht. »Das schmerzt mich jetzt zutiefst, Ashko«, sagte er vorwurfsvoll. »Dabei wollte ich dich lediglich zum Essen einladen.«
»Ha!« Tregarde schüttelte den Kopf. »Du beleidigst meinen Intellekt, Kim. Wie lange kennen wir uns? Fünfunddreißig Jahre? In dieser Zeit solltest du gelernt haben, dass du mich nicht belügen kannst. Wir wissen beide, dass deine Einladung zum Essen – die ich übrigens gern annehme – nur das Präludium für einen Angriff auf meine Standhaftigkeit ist. Es bleibt dabei:
Was immer du willst, meine Antwort ist Nein. Ende der Durchsage.«
»Ach komm schon, Ashkono! Du weißt ganz genau, dass ich nicht hier wäre, wenn ich nicht ein Angebot für dich hätte, von dem ich mir sicher bin, dass es dir gefallen wird.«
»Ha!«, wiederholte Tregarde fröhlich. »In erster Linie gefällt es dir , mein Freund. Und ich sage nein.«
»Wirst du dir wenigstens anhören, was ich zu sagen habe?«
»Natürlich. Das gebietet erstens die Höflichkeit, und zweitens wolltest du mich doch zum Essen einladen. Solange gebe ich dir Zeit! Und deshalb werde ich mich heute mit einem kleinen Salat begnügen, damit es schnell geht.« Er grinste Jackson siegesgewiss an, der frustriert den Kopf schüttelte.
Er hatte ja gewusst, dass es schwierig werden würde, Dr. Ashkono Tregarde an den Kanthaken zu bekommen. Schließlich kannte er ihn lange genug, waren sie beide doch zusammen aufgewachsen, zusammen zur Schule und später zum Star Corps gegangen. Jackson hatte niemals einen besseren Freund gehabt als Tregarde. Der Mann hatte nur einen einzigen »Schönheitsfehler«: Er war sturer als der sprichwörtliche Maulesel.
»In Ordnung«, sagte Jackson jetzt. »Dann eben kein Essen. Ich brauche deine Hilfe, Ashko.«
Tregardes Miene fiel etwas in sich zusammen, als hätte man dem Esel die Möhre vor der Nase weggezogen. »Das war mir klar von dem Moment an, als ich deine Einladung erhielt. Wenn mein alter Freund Kim mich aus heiterem Himmel zum Essen einlädt, nachdem er seit über zwei Jahren keine einzige Stunde Zeit für ein Treffen gehabt hat, dann kann nur der nächste Notstand ausgebrochen sein. Gerade mal fünf nichtssagende, kaum drei Minuten dauernde Grußbotschaften per Visifon und zwei kurze Funkbriefe hast du in den ganzen Jahren geschickt! Also, was ist es diesmal?«
»Ich brauche einen kompetenten Arzt.«
»Tatsächlich?«, staunte Tregarde ironisch und schnappte sich demonstrativ die Speisekarte. »Und ich dachte, du wolltest mich als deinen persönlichen Bordmechaniker oder Pausenclown. Für diese Aussage von dir bestelle ich mir jetzt doch einen Salat.«
Jackson seufzte, schloss die Augen und zählte im Geiste bis zehn. Ashkono Tregarde war zwar sein Freund, aber das, was er unter Humor verstand, ging ihm manchmal gewaltig auf die Nerven. Andererseits gehörte Ashko zu jenen Menschen, die so schnell durch nichts zu erschüttern waren. Genau das, was die STERNENFAUST brauchte.
»Ich nehme an, du hast von der Rückkehr der STERNENFAUST von dieser Expedition gehört, an der auch unsere
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