Sternenfaust - 082 - Gotteskrieger
huschte heran und bemerkte den Kridan, der gerade dabei war, im Inneren des Gefährtes herumzuschrauben. Ein glücklicher Moment für sie. Sie nutzte kurzerhand die unwürdige Stellung des mit dem Kopf nach unten geneigten Kridan, um ihm einen Betäubungsschuss in den Rücken zu verpassen. Sie zerrte den Vogelartigen in den Sichtschatten der Kuppelwand und schwang sich in das ungefähr zehn Meter lange Gefährt. An der Schaltkonsole gab es einen auffälligen roten Knopf. Ob der die Startautomatik auslöste?
Wanda verstand einiges von menschlicher Technik, aber die Technik der Kridan war ihr fremd. Zum Glück gab es keine Gaspedale oder Ähnliches für die Beine. Da waren diverse runde Touchscreens mit nur wenigen universellen Symbolen. Dazu ein Kreuz, auf das man den Finger legen konnte. Vielleicht das Lenkkreuz? Wanda erinnerte sich daran, dass die Kridan eine schlechte Tiefensicht hatten. Farben waren für sie von entscheidender Bedeutung und rot stand für den Kampf und damit das Gute im Leben der Tanjaj. Entschlossen drückte sie den roten Knopf.
»Nur wer wagt, gewinnt«, flüsterte sie, während der Antrieb des Gefährtes mit einem leisen Sirren zum Leben erwachte. Sie berührte mit ihrem Finger das vermeintliche Lenkkreuz. Sofort machte das Gefährt einen unkontrollierten Satz nach vorne.
»Na, das kann ja heiter werden.« Wanda war froh, längere Fingernägel zu haben. Anscheinend bedienten die Kridan dieses Kreuz nur mit den Spitzen ihrer Krallen. Vorsichtig hielt sie ihren Finger auf einen nahen Punkt über dem Treffpunkt der beiden Lenklinien. Das Gefährt setzte sich mit mäßiger Geschwindigkeit in die Bewegung. Wanda versuchte zunächst nur, vom Kuppelgebäude fortzukommen, zu den Bergen hin. Erst wenn sie ein Versteck gefunden hatte, würde sie versuchen herauszufinden, ob dieser Panzer auch eine Funkverbindung besaß. Im Moment forderte die Lenkung ihre gesamte Aufmerksamkeit. Die Klauen der Kridan waren geringfügig feinmotorischer als die Finger eines Menschen und ließen sich unabhängiger nebeneinander bewegen. Es war nicht auszuschließen, dass ein Kridan mit zwei oder drei Krallen gleichzeitig lenkte, während ihr genau diese Koordination noch schwerfiel.
Erst einmal nur weg. Alles Weitere sehe ich später.
Ein kurzer Blick durch das hintere Sichtfenster verriet ihr, sie wurde noch immer nicht verfolgt. Wanda konnte nur hoffen, dass der Sturm über ihr andauerte und die verräterischen Spuren ihrer Flucht verwischte …
*
Der ausgelöste Alarm schreckte die Tanjaj aus ihrem Gebet.
Sun-Tarin verkrallte seine Klauenhände ineinander. Wanda!
War sie geflohen? Er hatte es vermieden, seine Brüder darauf hinzuweisen, sie besonders gut zu bewachen und sie nicht für ein schwaches menschliches Muttertier zu halten. Sie war keine Milchgeberin, die es gewohnt war, sich unterzuordnen. Wanda hatte eine soldatische Ausbildung. Und ein Selbstvertrauen, das eine kridanische Eierlegerin niemals an den Tag gelegt hätte.
Sein Onkel kam auf ihn zu, er hatte einen KOM-Stöpsel in der Ohrvertiefung stecken, der auf den ersten Blick gar nicht zu sehen war. Eine der rötlich schimmernden Kopfhautfalten verbarg ihn. Seine Schnabelhälften schabten aufgeregt und verärgert gegeneinander.
»Es ist wegen dieser Säugerin. Sie hat zwei Wachen getötet und einen Eran gestohlen.«
»Einen Eran?« Sun-Tarin glaubte, sich verhört zu haben. Konnte Wanda ein solches Gerät überhaupt bedienen? Der zwölf Meter lange Kettenpanzer barg einige Tücken. Andererseits war er ideal geeignet, um auf der unfruchtbaren und feindlichen Welt von Kapelis II zu überleben.
Sein Onkel sah ihn missbilligend an. »Diese Schnabellose hat zwei Krieger Gottes mit ihren eigenen Waffen umgebracht! Wir hätten sie sofort verhören und anschließend hinrichten sollen, wie ich es ursprünglich geplant hatte! Aber das war dir ja nicht recht! Dein Mitgefühl für dieses frevelhafte wertlose Geschöpf hat zweien unserer Gotteskrieger das Leben gekostet!«
»Wenn ein Tanjaj sich von einer Milchgeberin töten lässt, und das auch noch mit seiner eigenen Waffe, hat er den Titel ›Krieger Gottes‹ nicht verdient.«
Sun-Tarin provozierte seinen Onkel mit Absicht. Er kannte Feran-San inzwischen gut genug, um zu wissen, wo die Schwächen des Gelegebruders seines Vaters lagen. Sein weiteres Handeln war berechenbar und kam so prompt, dass Sun-Tarin sich ein leises Keckem verkneifen musste.
»Nun, wenn du so großschnabelig bist, wird es
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