Sternenfaust - 087 - Amnesie
von den Augen. »An der Tür! Sie haben gelauscht! Ich habe gesehen, wie Sie gerade noch rechtzeitig zurück in ihr Büro geschlüpft sind!«
Jefica Moll biss sich auf die Unterlippe. Sie fühlte sich ertappt und hatte auf eine ihr seltsam unbekannte Art ein schlechtes Gewissen, weil sie ihrer Assistentin hinterherspioniert hatte. Aber was kümmerte die sich auch um Rudenko? Das war nicht ihre Aufgabe!
»Und wenn schon, Schätzchen. Wenn Sie hier nicht rechtzeitig auftauchen, darf ich mir doch wohl Sorgen machen und nach Ihnen Ausschau halten. Es hätte ja sein können, das Ihnen etwas zugestoßen ist. In der Nähe von Rudenko kann man nie wissen! Sie waren ja nicht dabei, als Diaz uns in dem Orbitalheim gefangen hielt … Was da genau passiert ist und wie Rudenko da mit drinsteckt, habe ich bis heute nicht begriffen. Aber da muss irgendein Zusammenhang bestehen.«
Wanda nickte eifrig. »Genau, das vermutet Valentina auch!« Sekundenbruchteile später hatte sie bemerkt, dass sie sich damit nun endgültig verraten hatte. Sie biss sich auf die Lippen. In ihr steckte wohl doch keine Agentin von dem Format einer Duchamp! Die hätte dieses billige Manöver, sie aus der Reserve zu locken, garantiert durchschaut. Aber sie – die Unerfahrene in Spionagedingen – lief natürlich in die so offensichtlich gestellte Falle. Verdammt!
Die Botschafterin schlug wütend mit den Handflächen auf die Tischplatte.
»Also doch! Diese Sicherheitsberaterin hat Sie dazu angestiftet, während ihrer Abwesenheit ein Auge auf Rudenko zu haben und wenn möglich, ihn auszuhorchen.«
Ndogo nickte zerknirscht. Es hatte keinen Sinn mehr, es zu leugnen.
Aber Jefica Moll hatte sich gleich darauf schon wieder beruhigt. Ihre Stimme hatte ein gutmütterliches Timbre bekommen. »Kindchen, Sie treiben da ein gefährliches Spiel. Rudenko hat Feinde. Diaz war einer davon, und vielleicht war er noch nicht einmal der Schlimmste. Und Sie haben da eine Aufgabe übernommen, der Sie im Grunde nicht gewachsen sein können. Sie sind genauso wenig Detektivin oder Spionin wie ich es bin. Wenn Valentina an dieser Stelle – richtigerweise, wie ich betonen will – versuchen möchte, etwas herauszubekommen, dann sollte sie es gefälligst selbst tun und nicht Sie vorschicken, weil Sie grade verfügbar sind.«
Darüber musste Wanda einen Augenblick lang nachdenken und sie kam zu dem Schluss, dass ihre Chefin im Grunde genommen mit allem recht hatte, was sie gesagt hatte.
Und weil die Botschafterin nun sowieso schon fast alles ihrer geheimen Übereinkunft mit Valentina Duchamo wusste, konnte sie ihr auch gleich erzählen, was sich vor wenigen Minuten Seltsames in Rudenkos Zimmer ereignet hatte.
*
Irgendwo in den Drei Systemen, in der Nähe von Einstein IV
»Achtung, in Linie angetreten!« hallte es über den Appellplatz. Die drei Züge unterschiedlicher Gattungen von Marines hielten schlagartig inne. So schnell ihre Füße sie trugen, rannten sie dem Rufer entgegen und stellten sich in drei Reihen gestaffelt nebeneinander auf.
Fast 90 Soldaten hatten an der gemeinsamen Geländeübung teilgenommen. Nun richteten sie sich aus. Das Knallen der Kampfstiefel, das Schaben der Uniformen bei jeder Bewegung klangen wie von ein Mann.
Als ranghöchster Offizier der Übungseinheit trat First Lieutenant George S. Edolo vor die angetretene Truppe. Der schwarzhaarige, nur 1,72 m große Marine atmete einmal tief durch, was die Haare seines Schnauzers erbeben ließ und meldete dann dem Kasernenchef Colonel Martin S. Johor Vollzug.
»First Lieutenant Edolo, lassen Sie die Männer auf die Stuben wegtreten!«, ordnete der Kasernenchef an. »Und Sie begleiten mich ein Stück, ich habe einen Auftrag für Sie.«
Edolo gab wie angewiesen den Befehl zum Wegtreten und beeilte sich, zu seinem Vorgesetzten aufzuschließen. Auf dem Weg zu dessen Büro bekam Marinesoffizier Edolo seine Anweisungen. »Sie werden einen Spezialauftrag ausführen. Sie suchen sich von jedem Zug zehn Männer aus und sind in zwei Stunden Standardzeit abmarschbereit. Melden Sie sich in einer Stunde in meinem Büro zum Briefing. Ausführung!«
»Zu Befehl!« salutierte Lieutenant Edolo und begab sich schnurstracks auf den Weg zu den Soldatenunterkünften. Nach den gemeinsam verbrachten Trainingswochen im »Übungscamp Delta-Warrior« waren die ihm geeignet erscheinenden Männer schnell ausgemacht und eingeteilt. In zwei Stunden würden sie bereitstehen. Er beeilte sich, seine eigene Ausrüstung
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