Sternenfaust - 097 - Erkenntnisse
wirklich ein Leben jenseits der Traurigkeit.
*
»Nein, Briggs, nein, diese Daten müssen dort eingetragen werden!« Der hagere Wissenschaftler beugte sich über die Schulter des Ortungsoffiziers und tippte heftiger als notwendig die Daten in das Computerterminal der wissenschaftlichen Konsole. Ashley Briggs, der den genialen, aber recht launischen Professor Yasuhiro von Schlichten derzeit als Assistent unterstützte, wurde zusehends kleiner und beeilte sich, den verärgerten Worten von Schlichtens Folge zu leisten. »Sehen Sie, Briggs, hier! Links, nicht rechts! Wenn man das verwechselt, können die Daten nicht korrekt abgelesen werden! – Bruder William, Sie brauchen die Ergebnisse der letzten Sonnenmessungen nicht mit den vorherigen zu vergleichen. Ich habe bereits Lieutenant Briggs den Auftrag dafür gegeben.«
Der Christophorer-Mönch, der mit den anderen Wissenschaftlern der STERNENFAUST in der ihnen vorbehaltenen Sektion C auf dem Maschinendeck saß, sah Professor von Schlichten überrascht an und hörte auf, an seinem Computerterminal zu arbeiten. »Wie Sie wünschen, Professor. Kann ich sonst etwas für Sie tun?«
»Später vielleicht, wenn Lieutenant Briggs wieder auf die Brücke muss.« Damit wandte sich der hagere Physiker bereits wieder dem Ortungsoffizier zu und bellte ihm weitere Instruktionen zu.
Bruder William biss sich auf die Lippen und beschäftigte sich weiter mit seiner Konsole, doch er sah nicht genau, was er sich da auf den Schirm rief. Er sah sich verstohlen um, doch in der allgemeinen Hektik auf dem Maschinendeck, in dem wie jedesmal nach einem Bergstromraumflug die Maschinen gewartet wurden, war der ungewöhnliche Wortwechsel nicht aufgefallen. William Beaufort kannte den Grund für das zurückhaltende Benehmen Professor von Schlichtens und konnte es bis zu einem gewissen Grad sogar verstehen.
Seine Zusammenarbeit mit dem Physiker war eigentlich nie ein Problem gewesen – bis sich das letzte Woche plötzlich geändert hatte. Denn vor etwas mehr als sieben Tagen hatte sich Bruder William entschlossen, aus seiner Gabe der Telepathie, die der Schiffsarzt der STERNENFAUST Dr. Tregarde vor einigen Wochen bei ihm entdeckt hatte, kein Geheimnis mehr zu machen. Er hatte darauf gehofft, dass es auf einem Forschungsschiff, auf dem zwei genetisch drastisch veränderte Menschen zur Mannschaft gehörten und das schon unzählige Erstkontakte mit den abstrusesten Wesen erfolgreich hinter sich gebracht hatte, diese Gabe nicht wirklich aus dem Rahmen fiel. Zumal er diese Gabe offenbar schon immer besessen und nicht erst vor kurzem erworben hatte und sie nicht einmal half, Gedanken vollständig zu »lesen«.
Es sei denn, es befand sich eine Art »Verstärker« in der Nähe.
Tja, William , sagte der Christophorer zu sich selbst. Da hast du wohl falsch gedacht. Um sich abzulenken, rief er sich dennoch die Daten des letzten Rendezvous mit den Lichtsonden auf. Vielleicht erkannte er ja etwas, das von Schlichten suchte.
»Machen Sie sich nichts draus, Bruder William«, meinte jetzt eine klangvolle Stimme neben dem Mönch. Beinahe erschrocken sah William auf und sah über sich ein hübsches Gesicht mit zwei großen, dunklen Facettenaugen. Chefingenieur Simon E. Jefferson stand neben ihm und wischte sich gerade mit einem Flanelltuch die schmutzigen Finger ab.
»Lieutenant Jefferson! Ein Mechaniker mit dreckigen Händen ist doch auf einem Star Corps-Schiff wirklich ein Anachronismus«, versuchte er abzulenken. Das Thema war ihm unangenehm.
Doch Jefferson blieb wie immer am Ball. »Tja, Maschinen sind Maschinen! Und wenn wir sie auseinandernehmen müssen, dann machen sie einem eben die Finger dreckig. – Übergehen Sie dieses Verhalten einfach. Bleiben Sie, wie Sie sind. So legt es sich am schnellsten, glauben Sie mir.«
Der Mönch musste lächeln. »Wenn Sie das sagen, Lieutenant. Obwohl ich schon sagen muss, dass es mich trifft«, fügte er etwas leiser hinzu. »Vielleicht, weil ich von Professor von Schlichten etwas anderes erwartet habe. – Ich habe das Gefühl, die Einzige, die mich nicht schief ansieht, ist Rana«, fügte er noch düster hinzu..
»Verständlich«, meinte Jefferson. »Aber lassen Sie dem Professor Zeit, ich bin sicher, er braucht nur etwas länger. Ich habe ihn erst vor drei Tagen dabei erwischt, wie er meinen Assistenten Kumara zur Sau gemacht hat, weil er nicht so gut war wie Sie. ›Bruder William sieht so etwas auf den ersten Blick!‹, hieß es da.«
William musste
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