Sternenfaust - 101 - Der Weltraumfriedhof (2 of 2)
Hollis Mason aus Mikes Technikerteam, wahrscheinlich gingen sie den vergangenen Einsatz durch und planten die notwendig gewordenen Reparaturen an Tyrees Maschine. Hat der nicht Flugverbot? , schoss es Mike durch den Kopf. Emma hatte so etwas erzählt, aber auch das war jetzt nicht wichtig. Es war alles nicht wichtig.
Im Moment zählte nur eines. Nur eine.
Tyree hob die Hand zum Gruß, doch Mike achtete kaum darauf. Er eilte weiter über das Deck, suchend, umherblickend. Wo war sie?
Noch immer sah er keine Verletzten. Oh, es waren Mediziner anwesend, die sich um kleinere Wunden kümmerten, doch nichts davon schien dramatisch. Nichts davon schien tragisch zu sein. Und wäre die Stimmung nicht gedämpfter, wenn es Tote gegeben hätte?
»MIKE!!!«
Die Stimme war laut und herrlich, oh so herrlich. Sie überschlug sich fast und ließ ihn auf der Stelle stehen bleiben. Noch bevor er sich herumgedreht hatte und in die Richtung blicken konnte, aus der sie gekommen war, prallten schon sechzig Kilogramm Lebendgewicht auf seine Seite, eingewickelt in einen ramponierten Raumanzug. Und an der Stelle, wo der Helm sein sollte, strahlte ihn ein schweißüberströmtes Gesicht an.
Emma.
Blut lief von ihrer Schläfe hinab, ein kleines rotes Rinnsal auf brauner Haut. Ihre dunkelblonden Haare klebten ihr auf dem Kopf, und ihr Atem ging in schweren, tiefen Zügen. Bei jedem neuen Zug hoben sich ihre Schultern unter dem klobigen Anzug.
Es war der schönste Anblick, den Mike Rossini je gesehen hatte.
»Bist du in Ordnung?«, fragte er leise und blickte besorgt auf die kleine Wunde an ihrer Schläfe.
Sie nickte. »Das ist gar nichts. Morten ist mir eben beim Ausstieg gegen den Kopf getreten, der Spaßvogel.«
»Und eure Maschine?«
Emma Kalani lächelte. »Ich fürchte, die hat in den letzten Minuten einiges mitgemacht. Direkt neben uns ist ein Schiffswrack explodiert, weißt du?«
Für einen Augenblick stockte ihm der Atem. »Aber keine Sorge«, sagte sie sofort, als sie seinen erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkte. »War alles halb so wild. Meine Navigationskonsolen haben vorbildlich funktioniert und uns da rausgeholfen. Ich hab da so einen Mechaniker an der Hand, der hatte vorher noch ein wenig an ihnen herumgeschraubt. Guter Mann, den muss ich dir mal vorstellen.«
Mike drückte sie fester an sich und schloss ihr den Mund mit einem Kuss.
Als sie sich endlich voneinander lösten, grinste Emma übers ganze Gesicht, redete aber weiter, als wäre nichts geschehen. »Aber bevor ich euch miteinander bekannt mache, muss ich zunächst mal duschen. Und dann muss ich auf die Brücke. Ich habe da was, dass Admiral Taglieri und Captain Frost brennend interessieren dürfte.«
*
Kommen Sie schon, Doktor! Captain Dana Frost stand neben ihrem Sessel auf der Brücke der STERNENFAUST III und schaute auf den großen Monitor. Allmählich kehrte wieder Ruhe in das Trümmermeer ein, das konnte sie in der dreidimensionalen Bildschirmdarstellung erkennen. Die vergangene Explosion hatte dafür gesorgt, dass einige der schlafenden Riesen ihre Position verändert hatten. Wrackteile waren umhergeschleudert worden und kamen nach und nach an anderen Orten zur Ruhe. Andere waren vernichtet worden, mit dem Schiff, das detoniert war. Lieutenant Commander Austen würde seine schematischen Aufzeichnungen über diesen Weltraumfriedhof gründlich aktualisieren müssen.
Doch all das war irrelevant, so lange noch sechs Personen aus dem Gamma-Team fehlten. Das Team um Marine Juan de Pento, Ashkonos Gruppe, hatte sich bisher nicht zurückgemeldet. Und Austen zufolge lag ihr letzter bekannter Aufenthaltsort im Zentrum der Explosion.
Die STERNENFAUST schlingerte schon seit einigen Minuten nicht mehr, abermals dank der fantastischen Joelle Sobritzky und ihrer unvergleichlichen Navigationstalente. Was diese junge Frau zu leisten im Stande war, beeindruckte Dana jeden Tag aufs Neue. Es war ein Glück, sie an Bord zu haben.
Sowie das Schiff eine sichere Position eingenommen hatte, hatte Taglieri alle Squads und Jäger wieder landen lassen. Er wollte seine Kinder im Haus haben, sie bei sich wissen, in Sicherheit. Dana hätte nichts anderes angeordnet. Seitdem kamen quasi im Minutentakt neue Meldungen vom Hangardeck in die Zentrale, wo Crewmitglieder in ihrem Auftrag darüber Buch führten, wer eingetroffen war und wer nicht. Und ein Shuttle stand noch immer aus.
Dana sorgte sich um ihren Freund Tregarde, doch es war eine Sorge, die sie nicht zeigen
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