Sternenfaust - 103 - Das Heiligtum
Zash’tuun und die Angelegenheit regeln, entschied Turanor. Die Anderen müssen daran gehindert werden, noch weiteren Schaden anzurichten.
Turanor brauchte nicht zu fragen, wer ihn begleiten wollte, denn es meldeten sich spontan genug von den Seinen, dass sie die Macht haben würden, die Anderen zu vertreiben und Eranaar zu schützen.
Sie trafen unverzüglich ihre Vorbereitungen und brachen nach Zash’tuun auf.
*
Emma Kalani hatte zusammen mit ihren Jägern und fünf weiteren, die ihr zur Unterstützung geschickt worden waren, das Absuchen von TASO-24713-E nach weiteren Ruinen beendet. Doch die Scanner hatten nichts angezeigt außer nacktem Fels hier, Geröll und Findlingen da und Sandwüsten dort. So grün er aus dem All auch wegen der Gesteinsschicht aussah, die seine Oberfläche an den meisten Stellen bildete, so trostlos und leer – um nicht zu sagen tot – war der Planet. Und obwohl Emma eigentlich eine Frohnatur war, überkam sie jetzt beim Anblick dieser Einöde ein Gefühl leiser Melancholie.
Ob die Erde eines Tages auch so enden wird? , überlegte sie, während sie ihren Jäger tiefer fliegen ließ und noch einmal Kurs auf das Heiligtum nahm. Es wäre durchaus denkbar. Irgendeine unvorhergesehene Katastrophe kann jederzeit passieren und eine Welt, ja sogar ein ganzes Sonnensystem auf einen einzigen Schlag auslöschen. Und alles, was hier mal gelebt hat, ist längst vergangen.
Sie hatte jetzt das Heiligtum auf dem Ortungsschirm in der rechten unteren Ecke des Hauptbildschirms eingeblendet und überprüfte die Position, obwohl das eigentlich Morton Jackvilles Aufgabe war. Doch vier Augen sahen ja bekanntlich besser als nur zwei. Emma war von dem Tempel fasziniert – aus Gründen, die sie sich selbst nicht erklären konnte. Obwohl er nur eine Ruine war, besaß er immer noch eine gewisse Schönheit. Vielleicht lag das an dem fast schwarzen Stein, aus dem er erbaut worden war und der ihm eine andere, düsterere Erhabenheit verlieh gegenüber dem hellen Alabaster von Eranaar. Ansonsten war er mit diesem vollkommen identisch, wie es aussah. Und die Sterne spiegelten sich auf seiner polierten Oberfläche wie tausend geheimnisvolle Lichter.
Die Sterne – aber nicht die Sonne, um die der Planet kreiste. Ganz offensichtlich war dieses Heiligtum nicht nach der Sonne des Systems ausgerichtet. Emma ließ den Computer eine kurze Berechnung durchführen.
»Was ist?«, fragte Jackville, dem das natürlich nicht verborgen blieb.
»Ich prüfe nur die Ausrichtung des Heiligtums, Mort.«
Jackville zog die Augenbrauen hoch. »Hat dich jetzt der Forschervirus gepackt?«, witzelte er. »Das kannst du getrost dem Wissenschaftsteam überlassen. Wir haben nur für die Raumaufklärung zu sorgen.«
»Aber wir sehen aus der Höhe nun mal Dinge, die die da unten möglicherweise erst sehr viel später oder gar nicht entdecken«, erinnerte Emma ihn. »Und da wir nichts Besseres zu tun haben, können wir auch Messungen vornehmen. Außerdem interessiert es mich wirklich, in welche Richtung das Ding da unten weist.«
Emma Kalani wäre allerdings nicht Emma Kalani gewesen, wenn sie es bei der Computerberechnung belassen hätte. Sie ging noch ein Stück tiefer mit ihrem Jäger und richtete ihn so aus, dass seine »Nase« genau durch die Mitte der Säulenflucht zeigte. Am Himmelshorizont lag auf der gedachten Linie ein sehr heller Stern, von dem der Computer bestätigte, dass er der Ausrichtungspunkt des Tempels war. Sie ließ den Jäger langsam über das Heiligtum in diese Richtung fliegen.
Ihr Abstand zum Boden betrug nur noch knapp fünfzig Meter, und sie konnte durch das Sichtfenster die Marines und die Wissenschaftler bei ihrer Arbeit erkennen. Einer von ihnen hob jetzt den Kopf und winkte nach oben. Emma winkte automatisch zurück, obwohl er das wahrscheinlich gar nicht sehen konnte. Sie richtete ihren Blick wieder nach vorn auf den hellen Stern und …
… die Säulen veränderten sich. Von einem Moment auf den anderen befand sich dort unten keine Ruine mehr, sondern ein vollständiges Gebäude, das noch majestätischer wirkte als seine Überreste. Ein ausgedehnter Gebäudekomplex umlief die Säulen und schloss sie ein wie in zwei Klammern, die nur die Säulenöffnungen zum jeweiligen Horizont hin freiließen. Menschen mit sehr heller Haut und dunklem Haar gingen ihren Tagesbeschäftigungen nach, und einige von ihnen trugen eine Art Uniform, die in einem samtigen Blauton schimmerte. Und die Landschaft um das
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