Sternenfaust - 103 - Das Heiligtum
seine Lebensvibrationen und bewegte sich noch langsam, aber zunehmend schneller werdend auf die Ursache der Erschütterungen zu.
*
Sergeant Jack Sorensen nutzte die gegenwärtige Situation, um seine Marines zu trainieren. Zwar lautete ihr Auftrag, die Wissenschaftler zu schützen, die im Tempel auf TASO-24713-E arbeiteten, den irgendeiner von ihnen »Saraswati« getauft hatte nach der indischen Göttin für Weisheit, Sprache, Musik und Kunst. Doch es gab nicht viel zu beschützen auf einem toten Planeten, der nicht einmal mehr eine Atmosphäre besaß und auf dem die Scanner und die Ortungsgeräte der Jäger nicht das geringste Anzeichen für Leben entdeckt hatten. Nicht einmal eine Mikrobe.
Immerhin eignete sich Saraswati hervorragend dazu, Feldmanöver in voller Montur der weltraumtauglichen Kampfanzüge zu üben. Natürlich wurde genau genommen jedes Manöver in voller Montur ausgeführt, weil die Kampfanzüge der einzige Schutz der Marines waren. Sorensen erinnerte sich mit einem gewissen Schaudern an die Kampfanzüge, in denen die Marines noch vor fünfzehn Jahren gesteckt hatten: klobige Ungeheuer, deren Handhabung man Monate lang trainieren musste, ehe man sie beherrschte und nicht in ihnen – wie in grauer Vorzeit die Ritter in ihren Rüstungen – bei jeder falschen Bewegung hinfiel und Probleme hatte, wieder auf die Beine zu kommen. Die neue Generation, deren Verbesserungen man auch den damals von der STERNENFAUST II und der SONNENWIND mitgebrachten Daten verdankte, waren erheblich leichter, aber widerstandsfähiger und nicht weniger leistungsfähig.
Sorensen hatte deshalb nicht die geringsten Skrupel, seine Leute Manöver ausführen zu lassen, die zu einem großen Teil daraus bestanden, der Länge nach im »Dreck« zu Boden zu gehen und selbst die kleinste Deckung auszunutzen, um ungeschoren von einem imaginären »Feind« durch das Gelände zu kommen. Vier Marines standen natürlich immer noch pflichtschuldigst Wache am Heiligtum, doch sie gingen mehr den Wissenschaftlern zur Hand, als dass sie tatsächlich wachten.
Aber die Arbeiten näherten sich ohnehin ihrem Ende, denn Winterstein und seine Crew hatte nicht viel herausfinden können. Genauer gesagt hatten sie gar nichts gefunden außer dem bereits Bekannten. Das Heiligtum unterschied sich tatsächlich nur in dem Material, aus dem es gebaut war und seiner Ausrichtung von Eranaar und dem Süd-Tempel auf Aditi. Das Letzte, was ihnen noch zu tun blieb, war, die gesamte Anlage mit 3-D-Aufnahmen aufzuzeichnen.
»Es ist frustrierend«, stellte Mary Halova fest, und man merkte ihr die Enttäuschung an, die sie verspürte. »Da sind wir einem der vielleicht größten Geheimnisse des Universums auf der Spur – zumindest aber dem der Erdanaar – und finden nicht den leisesten Anhaltspunkt dafür.«
»Auch Rom wurde bekanntlich nicht an einem Tag erbaut, und die Entschlüsselung aller fremden Sprachen und Schriften dauerte Monate und teilweise Jahrzehnte. Oder sogar Jahrhunderte.«
»Falls mich das jetzt trösten soll, Dr. Winterstein, so verfehlt Ihr Statement leider seine aufmunternde Wirkung«, brummte Halova missmutig.
»Vielleicht haben wir ja die Lösung des Rätsels oder doch zumindest einen Teil davon direkt vor Augen und sehen nur die Erkenntnis vor lauter Heiligtümern und ihren Säulen nicht«, scherzte Winterstein. Zwar war auch er etwas enttäuscht, dass sie hier praktisch nichts Neues gefunden hatten, doch er ließ sich dadurch nicht so leicht entmutigen wie die Sprachwissenschaftlerin.
Ein leichtes Beben unter seinen Füßen lenkte seine Aufmerksamkeit ab, bevor er noch etwas hinzufügen konnte. Er runzelte etwas irritiert die Stirn und richtete seinen Handscanner auf den Boden.
»Das ist ungewöhnlich«, stellte er fest. »Seismische Aktivität auf einem Planeten, der gar keine seismische Aktivität besitzt.«
» Jeder Planet hat gewisse seismische Aktivitäten«, erinnerte ihn Simon Costas vom Archäologenteam. »Auch wenn wir die nicht unbedingt spüren oder nur mit Langzeitscans messen können.«
»Die jetzt gerade sind aber sehr deutlich spürbar und auch messbar«, widersprach Winterstein. »Und was mich noch daran irritiert, ist die Tatsache, dass sie erstens lokal begrenzt sind und zweitens ausschließlich hier direkt unter dem Heiligtum auftreten.«
»Da haben Sie recht, Solomon«, gab Costas zu und war jetzt auch interessiert. Er trat an Wintersteins Seite und scannte ebenfalls den Boden.
»Unregelmäßige
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