Sternenfaust - 106 - Die Monde der großen Planeten
zurechtlegte, damit ihm während der nächsten beiden Stunden nicht langweilig wurde.
»Ich gehe ihm das jetzt selber sagen«, meinte Naruko, die die Astrophysikerin an Bord war, ungerührt. Sie drehte sich um und ging aus dem engen Schlaf- und Aufenthaltsraum, den sie mit den anderen teilte, hinüber ins Cockpit der HYPERION.
Dort saßen Summer Hedin und Roberto Mendoza. Letzterer saß an der Komkonsole und »schwatzte« mit dem CAPCOM in Houston – sofern das mit einer Pause von 40 Minuten nach jeder Meldung überhaupt so zu nennen war. Aus dem Lautsprecher klang jetzt gerade leicht blechern eine Stimme, die die neuesten Nachrichten aus der Heimat zusammenfasste.
»… ach ja, und die HAL, die Hindustan-Aeronautics-Limited in Bengaluru hat pleite gemacht. Das hat uns hier in Houston ein bisschen erschreckt, aber ihr da oben müsst euch keine Sorgen machen. Uns wurde versichert, die HYPERION ist zwar in der Insolvenzmasse, aber kommt erst nach eurer Rückkehr in 10 Jahren unter den Hammer. Dann wollte Roberto ja noch wissen, wie die D.C. Uniteds gegen Los Angeles Galaxy gespielt haben. Sie haben verloren – nach der Verlängerung.« Mendoza verzog das Gesicht und murmelte ein paar spanische Flüche. Hedin warf ihm einen strengen Blick zu, woraufhin er mit den Achseln zuckte und entschuldigend grinste.
»Ansonsten war das Konzert der Neutron Sonics in der Wu Liang-Hall in Hongkong ein Riesenerfolg – wenn ihr wollt, werden wir euch eine Aufzeichnung rauf schicken.«
»Cool«, freute sich Hedin.
»Und die letzte Nachricht für heute: Ihr habt nur noch 729 Tage, 13 Stunden und 42 Minuten bis zum Titan!«
Mendoza musste lachen. »Wenn ich einen hätte, würde ich jetzt einen Sekt aufmachen. Keine zwei Jahre mehr! – Also los, Mädels, was soll ich antworten?«
Während Hedin, Mendoza und Sato gemeinsam und mit Feuereifer begannen, eine Antwort an den CAPCOM in Houston zu verfassen, die dann über 40 Minuten durchs All zur Erde geschickt werden sollte (ganz oben auf der Wunschliste das Live-Konzert der Neutron Sonics), kam Hattenfield, der Arzt und Biologe der Expedition zum Titan, herein.
»Na, hier ist ja eine gute Stimmung!«, meinte er grinsend.
Sato drehte sich lächelnd um. Er hatte recht, hier war eine gute Stimmung – und das war ein Glück. Die Mannschaft der HYPERION, fünf Astronauten, die ein langes Training und ein sehr sorgfältiges Auswahlverfahren hinter sich hatten, waren jetzt schon seit rund fünf Jahren unterwegs. Und sie vertrugen sich immer noch, eine Tatsache, die Sato nicht hoch genug schätzen konnte.
Sie hatten Mars passiert und waren nach den Menschen von der NEW HOPE die ersten gewesen, die hier draußen am Jupiter vorbeigeflogen waren. Die Ersten!
Wir sind Entdecker. Vielleicht noch mutiger als die Besatzung der NEW HOPE.
Sato sah zu, wie Hedin sich an der Komkonsole zu schaffen machte und die Liste mit den Wünschen zur Erde funkte und erinnerte sich an den Moment, als sie dem Jupiter und seinem galileischen Mond Ganymed am nächsten gekommen waren. Die Blicke durch das Teleskop waren faszinierend gewesen, die Wasserstoff- und Heliumstürme auf dem Jupiter schienen zum Greifen nah zu sein. Sie hatte sich die Zeit genommen und versucht, eine einzelne Wolkenstruktur mit den Augen zu verfolgen und hatte es fast geschafft. Doch schließlich hatte sie das Wölkchen aus dem Auge verloren, als es in den Großen Roten Fleck, den Antizyklon auf Jupiters südlicher Hemisphäre, übergegangen war. Auch die Oberfläche des Ganymed hatte sie genau beobachten und untersuchen können, die zerklüfteten, von vielen Impaktkratern übersäten Ebenen und Gebirge schien in ihrem Teleskop beinahe zur Landschaft zu werden.
Ganymed.
Satos Gedanken schweiften ab. Schon die Parabelflugbahn an Venus und Sonne und wieder Erde vorbei war abenteuerlich gewesen, aber man hatte sich immer irgendwie … in Reichweite der Erde befunden. Außerdem war der Flug zum größten Teil ohne technische Zwischenfälle verlaufen – nicht, dass Sato diese herbeigesehnt hatte. Doch vielleicht , so dachte sie, hätten wir etwas mehr Weltraumfeeling gehabt, wenn auch mal was ausgefallen wäre. Man sagt ja immer, die Generalprobe muss schiefgehen, damit es klappt – wer weiß also, was uns auf Titan dann noch erwartet!
Aber die Techniker und Ingenieure waren nach dem Desaster mit der NEW HOPE auf Nummer Sicher gegangen und hatten nichts riskiert, und bisher war auch alles gut gegangen. Ich sollte mich mit solchen
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