Sternenfaust - 107 - Spion auf Ganymed
bezeichnet?
Doch es war müßig, sich darüber Gedanken zu machen. Sie konzentrierte sich auf die Fragen des Raisa und registrierte, dass der junge Kridan darüber erstaunt zu sein schien, dass das, was in der Akademie gelehrt wurde, nur etwa zur Hälfte zum militärischen Bereich gehörte. Offensichtlich hatte er erwartet, dass die Absolventen so wie die Kridan-Soldaten überwiegend für den Krieg trainiert wurden.
»Ist dieses Ausbildungsprogramm der Standard?«, wollte er wissen. »Oder gibt es noch spezielle Ausbildungsprogramme, die mehr auf die militärische Laufbahn ausgerichtet sind?«
»Nein, Heiligkeit, dies ist der Standard«, versicherte ihm Wanda. »Für uns Menschen ist Kampf nur eine Notwendigkeit, um uns zu verteidigen, wenn wir angegriffen werden. Wenn man uns die Wahl lässt, so ziehen wir es vor, unser gesamtes Leben zu verbringen, ohne auch nur in eine einzige kriegerische Handlung verwickelt gewesen zu sein. Allerdings«, Wanda wählte ihre Worte sehr sorgfältig, »haben wir ein Sprichwort, das sich leider immer wieder als wahr erwiesen hat. Es lautet: Niemand kann in Frieden leben, wenn das seinem Nachbarn nicht gefällt. Und da wir nie wissen können, wann der nächste bösmeinende ›Nachbar‹ von einem Kaliber wie zum Beispiel die Morax oder Dronte auftaucht, müssen wir leider auch militärische Aspekte in unsere Ausbildung mit einbeziehen, wenn wir nicht eines Tages von einem solchen vernichtet werden oder als seine Sklaven enden wollen.«
Der junge Raisa blickte sie, wie sie glaubte, nachdenklich an. »Das ist wahr«, sagte er nach einer Weile. »Ich habe allerdings andere Dinge über die Solaren Welten und ihre Pläne gehört. Besonders auch im Hinblick auf Pläne, die uns Kridan betreffen.«
Oh, oh! Jetzt kommen wir genau in das Fahrwasser, das ich am liebsten vermieden hätte. Und ganz gleich, was ich sage, um zu dementieren, was immer er gehört hat, er wird es wahrscheinlich für eine Lüge halten und damit als ein Eingeständnis unserer »Schuld« werten. Aber ich bin Diplomatin , wies sie sich selbst zurecht, und ich habe, so hoffe ich, die richtige Antwort für ihn.
Sie blickte dem jungen Raisa in die Augen. »Heiligkeit, wir haben noch ein weiteres Sprichwort, vielmehr den Rat eines der Weisesten unseres Volkes. Sein Name war Buddha. Er sagte: ›Glaubt nicht dem Hörensagen und heiligen Überlieferungen, nicht Vermutungen oder eingewurzelten Anschauungen, auch nicht den Worten eines verehrten Meisters noch das, was ich euch sage; sondern was ihr selbst gründlich geprüft und als die Wahrheit und euch selbst und anderen zum Wohle dienend erkannt habt, nur das nehmt an.‹ – Heiligkeit, selbst wenn jemand der aufrichtigen Überzeugung ist, dass das, was er sagt, die Wahrheit ist, so besteht immer noch die Möglichkeit, dass er einem ehrlichen Irrtum unterliegt.«
Der Raisa machte eine zustimmende Geste. »Ich verstehe, was Sie damit sagen wollen. Und die Worte Ihres Weisen sind wirklich klug. Ich werde mir also mein eigenes Urteil bilden.«
Und Wanda atmete innerlich auf. Das war gerade noch mal gut gegangen. Und mit etwas Glück würde das Gala-Diner heute Abend zu Ehren des Raisa ebenso halbwegs glatt über die Bühne gehen.
*
Dana Frost, die gebeten worden war, bei der Begrüßung des Raisa dabei zu sein und unbeachtet im Hintergrund geblieben war, hatte sich noch vor dem Ende des Rundgangs wieder verdrückt, unbemerkt wie sie hoffte. Was sollte sie auch beim Rundgang des Raisa tun außer stumm mitlaufen und sich langweilen. Immerhin konnte sie als glaubhafte Ausrede vorbringen, dass sie noch letzte Vorbereitungen auf der STERNENFAUST für den morgigen Besuch des Raisa zu treffen hatte. Dabei passte ihr dieser Besuch ganz und gar nicht. Und in diesem Punkt war sie ausnahmsweise mit Taglieri einer Meinung.
Man sollte ehemaligen Feinden nicht gerade einen Prototyp wie die STERNENFAUST vorführen , dachte sie missmutig, erst recht nicht, wenn die nicht mit der darin verwendeten Technik einverstanden sind. Genau genommen sollte man ihn nicht einmal potenziellen Freunden zeigen. Das ist einfach zu riskant. Wobei die Möglichkeit, dass die Kridan vielleicht einen Sabotageakt planen, nicht mal die geringste Sorge ist.
Sie war nur froh, dass Colonel Ragnarök S. Telford mit seinen besten Marines gekommen war, um für die Sicherheit aller Beteiligten zu sorgen. Und sie hatte ihn im Vorfeld bereits gebeten, für eben solche Eventualitäten die Augen offen zu
Weitere Kostenlose Bücher