Sternenfaust - 120 - Die Welten der Erdanaar
Erdanaar nicht einzuschätzen sind. Ich kann einfach nicht ausschließen, dass sie das Shuttle als Waffe interpretieren. Einem Schlag der vierundzwanzig Sichelraumer sind wir keinesfalls gewachsen. Aus den Berichten der J’ebeem wissen wir von der immensen Feuerkraft der Erdanaar-Schiffe.«
»Admiral!«, begann Dana und fixierte Taglieri. Am Rande ihres Gesichtsfelds nahm sie war, wie Doktor Tregarde, der zwischen Kommandobalkon und Hauptschirm stand, den Kopf über Taglieri schüttelte. »Ich halte Ihre Besorgnis – mit Verlaub – für unangebracht. Meine Aufgabe als Captain dieses Schiffes ist es unter anderem, meine Mannschaft zu schützen. Diese Aufgabe erstreckt sich gleichermaßen auf den uns anvertrauten Christophorer Izanagi Narada. In Abwägung der Gefahren halte ich es für meine Pflicht, die Erdanaar – wie auch immer! – zu kontaktieren. Ich ersuche Sie, Admiral, meinem Vorschlag zuzustimmen.«
»Seien Sie versichert, dass ich Ihr Pflichtbewusstsein schätze, Captain Frost. Bedenken Sie aber bitte, dass auch ich Verantwortung trage – und zwar für die drei unersetzlichen Star Corps-Schiffe, mit denen wir in diese Region aufgebrochen sind.«
»Dies ist mir bewusst, Commodore. Ich bin mir absolut sicher, dass wir von Turanor und seinem Verband nichts zu befürchten haben. Ich frage Sie noch mal: Stimmen Sie meinem Vorschlag zu?« Dana umfasste ihre rechte, zur Faust geballte Hand mit der linken. Sie spürte die Muskelanspannung in ihren Unterarmen.
Taglieri erhob sich aus seinem Sessel und atmete hörbar durch die Nase aus. Seine Kinnmuskeln traten hervor. Er zögerte.
Wie aus heiterem Himmel erschien Bruder Izanagi vor dem Admiral und sackte zusammen! Taglieri konnte ihn gerade noch auffangen.
»Großer Gott«, entfuhr es dem Kommandanten. Dana sprang auf.
Am hinteren Ende des Kommandobalkons stand Turanor. Unergründlich blickte er aus seinen mandelförmigen Pupillen und schwankte leicht.
Taglieri hielt Izanagi in seinen Armen und blickte auf dessen Haarkegel hinab. »Doktor Tregarde!«, rief er überflüssigerweise, denn der Mediziner sprang soeben die Stufen hinauf.
Izanagi hob den Kopf und sah dem Kommandanten ins Gesicht. »Ich grüße Sie, Admiral«, sagte er mit schwacher Stimme und versuchte zu lächeln. Tregarde war hinzugetreten und half dem Admiral, den Bruder zu stützen.
»Wie fühlen Sie sich, Bruder Izanagi?«, fragte der Mediziner. Träge wandte der Christophorer den Kopf und blickte Tregarde in die Augen.
»Wunderbar«, hauchte Izanagi Narada und wurde ohnmächtig.
»Eine Antigravtrage!«, rief der Chefmediziner.
Dana machte zwei langsame Schritte auf Turanor zu. Sein Gesicht schien ihr blasser zu sein als zuvor – sofern das bei einem Erdanaar überhaupt möglich war. Er schwankte, und es war ihm anzusehen, dass eine gewaltige Kraftanstrengung hinter ihm lag. Dana blickte nachdenklich in Turanors goldene Augen. Der Erdanaar nickte ernst – und war verschwunden.
*
Captain Dana Frost stand mit auf dem Rücken gefalteten Händen neben Bruder Izanagis Krankenbett. Max Brooks hatte sich ebenfalls eingefunden und blickte in das fahle Gesicht des Christophorers. Dieser hatte das Bewusstsein wiedererlangt und lächelte schwach. Seine pechschwarzen Haarkegel waren leicht zerzaust.
Doktor Tregarde befand sich auf der anderen Seite des Bettes und überprüfte die neuronalen Werte auf dem Display der Medokonsole.
»Turanor meint es ernst!«, sagte der Bruder nun zum dritten Mal. Obschon er geschwächt war, klang doch Euphorie in seiner Stimme auf. »Er zweifelt zwar an sich selbst, aber er weiß, dass er den Frieden mit uns will. Ich werde einen umfassenden Bericht anfertigen!«
»Immer hübsch langsam«, ließ sich Doktor Kremer vernehmen. Der Neurologe stand am Fußende des Bettes und nickte dem Christophorer zu. »Sie müssen erst mal wieder zu Kräften kommen.«
»Er will den Frieden, doch da ist Yonar … es gibt zwei Lager bei den Erdanaar … ich …«
»Nun beruhigen Sie sich«, fuhr Dana behutsam dazwischen. »Ihr Bericht hat wirklich Zeit. Wir hatten große Sorge um Sie und sind froh, dass Ihnen nichts Schlimmeres widerfahren ist.«
»Schlimm genug!«, sagte Tregarde und klopfte leicht mit der Fingerspitze gegen das Display. »Die Bildung neuer Spiegelneuronen sowie die Neurotransmitterwerte übersteigen deutlich das Niveau, welches wir bei Emma Kalani und damals bei Meister William gemessen haben. Das ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.« Er
Weitere Kostenlose Bücher