Sternenfaust - 121 - Weg ins Unbekannte
selbst haben diese Dinge an der Militärakademie gelehrt. Und Sie wissen auch, wie man damit umgeht.«
»Ich bin kerngesund, Blondschopf! Aber ich habe ein für alle Mal die Schnauze voll, von dieser Brillenschlange irgendwelche Befehle entgegen zu nehmen. Besonders von diesem Hammond, der keine Ahnung von seinem Job hat.«
Maverick nickte. »Okay, Sir. Vergessen Sie nicht, dass diese Sache hier vor einer Menge Zeugen abläuft. Ich weiß, dass Sie ein anerkannter Ausbilder waren.«
»Waren! Blondschopf! Ja, ich war es mal und jetzt muss ich in dieser Blechröhre rumschippern.«
»Wir alle wissen nicht, warum Sie versetzt wurden, aber eines kann ich Ihnen garantieren. Wenn Sie Commander Hammond sofort loslassen und wir die Zeit haben, uns endlich um unseren Piloten zu kümmern, werden wir uns zusammensetzen und versuchen, einen Strich unter die Sache zu machen.«
Für ein paar Sekunden wurde es totenstill.
»Ich wollte Koch nicht – ich wollte das nicht …«, stammelte Roul dann plötzlich. »Nicht, dass es so schlimm wird.«
»Das weiß ich, Leon, Commander Roul. Das wissen wir alle. So viel Schwärze und Unendlichkeit können einem ganz schön an die Nerven gehen, nicht wahr? Da rutscht einem die Hand schon mal aus. Und irgendwie haben Sie ja auch Recht, Commander. Immerhin hat Koch Sie ja auch immer wieder gereizt, Sie wissen schon, was ich meine.«
Wie zum Beweis bleckte Roul seine Lippen zu einem verzweifelten Grinsen und seine großen Zähne waren wie weiße Klaviertasten auf einem roten Kissen. »Maverick, Sie wollen mich überreden.«
»Ja, Leon, genau das will ich.« Maverick machte einen, dann noch einen Schritt voran. Er konzentrierte sich völlig auf den kahlköpfigen Commander und blendete alles andere aus.
Roul kicherte. »Verdammt noch mal, Maverick, gucken Sie sich das an, das glaube ich nicht, das gibt’s doch nicht – dieser Kerl will unser Captain sein?«
Es stimmte und alle sahen zu. Maverick versuchte, das auszublenden. Ein Albtraum! Das alles war ein Albtraum, der sie blitzschnell angesprungen hatte wie ein hungriges Tier.
»Wir werden für alles eine Lösung finden. Ich bin mir sicher, Leon.« Und noch einen Schritt. »Ich bin mir sicher, Commander Hammond wird sein Kommando vorübergehend abgeben.« Und noch einen Schritt. »Das werden Sie doch, nicht wahr, Commander?« Und noch einen Schritt.
Hammond nickte, so gut es ging, seine Augen rollten, als versuche er den Lauf von Rouls Waffe an seiner Stirn zu sehen.
Maverick hob seine Hand, die Handfläche geöffnet nach oben. »Geben Sie mir die Waffe, Commander Roul. Wir sind Elitesoldaten. Denken Sie an das, was Sie gelernt haben, denken Sie an unseren Eid. Erinnern Sie sich an unsere Verpflichtung, Mann!« Und den letzten Schritt.
Roul riss seinen Arm von Hammond weg und gab diesem im selben Augenblick einen Stoß, sodass Hammond vorwärts taumelte und von seiner Mannschaft aufgefangen wurde. Roul schnellte herum und für einen Moment schien es, als wolle er auf Maverick zielen und schießen – dann jedoch ließ er die Waffe sinken, stierte auf den Boden, der Nadler glitt ihm aus den Fingern und polterte auf den Aluminiumrost.
Von links kam ein lautes Keuchen, Koch stöhnte, würgte, bäumte sich auf, versuchte, sich hochzustemmen und hielt unerwartet seine eigene Waffe in der Hand, die Mündung direkt auf Roul gerichtet.
Bei allen guten Geistern! Maverick unterdrückte ein Stöhnen. Wer hatte diesen bescheuerten Befehl gegeben? Wer war auf die Idee gekommen, Waffenausgabe zu befehlen?
»Nein!«, schrie Maverick. »Es ist vorbei, Koch! Senken Sie die Waffe.«
Der Deutsche blinzelte kurzsichtig über den Lauf des Nadlers. »Ich erschieße das Schwein … gehen Sie mir aus dem Weg, Maverick!« Roul hob seinen Kopf, drehte sich um, breitete seine Arme aus, bot dem Verletzten seine Brust dar und ergab sich seinem Schicksal, eine unterwürfige, um Verzeihung heischende Geste, die gleichzeitig pathetisch überzogen und demütig tragisch wirkte.
»Hören Sie auf, Koch!«, rief Maverick. Irgendjemand sprang nach vorne, die Mannschaft löste sich aus ihrer Starre und jeder reagierte gleichzeitig. Maverick behielt die zitternde Mündung von Kochs Nadler im Auge. Koch drückte ab. Eine Ladung zischte über Mavericks Kopf hinweg in einen Lampenzweig, Glas splitterte, Funken stoben und das Licht war wie gedimmt.
Die Crew warf sich zu Boden, jeder suchte Schutz.
Nur Maverick stand noch, was ihn selbst am meisten verwunderte.
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