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Sternenfaust - 122 - Das Wrack

Sternenfaust - 122 - Das Wrack

Titel: Sternenfaust - 122 - Das Wrack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymous
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Als gäbe dieser eine, für Max sinnfreie Begriff die Antwort auf alle Fragen. Die Strohhüte bewegten lautlos die Lippen.
    Puissance lächelte. »Unsere gemeinsame Überzeugung.«
    Plötzlich wandte er sich um, trat zum Vorhang zurück und schob ihn mit wenigen, schwungvollen Handgriffen zur Seite. Dahinter kam eine Wand zum Vorschein, die mit einer großen und unglaublich bunten Zeichnung versehen war. Das Bild war weder künstlerisch noch anderweitig wertvoll, ein Attest der vollkommenen Talentlosigkeit seines unbekannten Verursachers. Mit ein wenig Fantasie und viel gutem Willen ließ sich in ihm jedoch ein astronomisches Gebilde erkennen.
    Abermals hob Puissance den Arm und deutete auf eine scheinbar willkürlich gewählte Stelle in der Mitte des kruden Gemäldes. »Die Erde. Zentrum und Ursprung der menschlichen Rasse. Seit Jahrtausenden geprägt von Missgunst, Hass und Krieg. Von Brudermord, wie er schon in der Schöpfungsgeschichte Erwähnung fand.« Der Arm wanderte weiter. »Das Sonnensystem, Sol. Heimat. Frühe irdische Raumfahrer sprachen vom Overlook-Syndrom, nachdem sie von ihren pionierhaften Ausflügen ins All zurückgekehrt waren. Sie beschrieben, dass ihnen die Erfahrung, körperlich zwischen den Sternen zu sein, den bisherigen Kontext des Lebens geraubt hatte. Die alltäglichen Probleme der Menschheit kamen ihnen mit einem Mal banal vor, belanglos. So beeindruckt und, ja, geläutert waren die Astronauten von der Schönheit des Universums.«
    Er strich sich mit der Hand über die Stirn. »Und was, meine Freunde, macht der Mensch? Er macht sich nach der Erde auch die Sterne Untertan. Er macht sie zu einem Stück Land, das er kolonisieren, ausbeuten, knechten kann, wie er schon seine Heimatwelt knechtete. Und wo er hintritt, bringt er das mit, das wie keine andere Eigenschaft seine grundeigene Natur ist: den Hass. Den Neid. Die Eifersucht.«
    Wieder ging der Arm auf Wanderschaft, beschrieb Kurven und Haken, zeigte mal hier- und mal dorthin. »Cis-Alpha«, referierte Puissance dazu. »Und ein Volk von Parasiten, das aus den Tiefen des Alls kam, um zu erobern: die Dronte. Oder hier, das Trident-System im Jahr 2236 und der so seltsame Kampf gegen die Kridan. Beispiele über Beispiele.«
    Noch immer lauschten ihm die Anwesenden schweigend. Max fragte sich, wozu dieser stichwortartige Abriss der irdischen Geschichte gut sein sollte. Jedoch hatte es auf diesem Schiff ohnehin noch nichts gegeben, das ihm sinnvoll erschienen war. Seit Stunden befand er sich nun schon an Bord und hatte nicht einmal in Erfahrung bringen können, wie – oder warum – er überhaupt her gelangt war. Ob der Typ im Leinenanzug dafür verantwortlich war? Falls er hier wirklich das Sagen hatte, lag die Vermutung zumindest nahe. Außerdem hatte er in keinster Weise überrascht gewirkt, Max in seinem Auditorium zu sehen.
    Andererseits war das bei den anderen Spinnern genauso …
    Puissance wandte sich von der Wandzeichnung ab und wieder seinen Zuhörern zu. Er strahlte über das ganze blassfahle Gesicht. Erst jetzt fiel Max auf, wie eingefallen seine Wangen wirkten. »Die Geschichte des Universums ist voll von Konflikten und Tod«, fuhr der Mann fort, »voll von Negativem. Wo immer die Menschheit hinkommt, trifft sie auf das Chaos – oder bringt es selbst mit. Doch diese Tage, meine Brüder, sind vorbei. Ochrasy steht für das Gegenteil. Es ist ein Ideal, das das Negative nicht erreichen kann. Weil es nur in uns existiert. In unserem Geist, unserem Herzen.«
    Vor den Kunststofffenstern leuchtete der Planetenring grünlich und warf ein schimmerndes, kränklich wirkendes Licht in den Raum. Er passte zur Atmosphäre.
    »Unser Aufbruch von dem Planeten, dem wir entstammen, war der Beginn einer neuen Zukunft, einer neuen Zeitrechnung«, sagte Puissance. Seine Stimme wurde zusehends lauter und überschwänglicher. Max fühlte sich mit einem Mal an einen altertümlichen Wanderprediger erinnert, der seinem Publikum aus leichtgläubigen Landeiern das hart verdiente Geld aus der Tasche ziehen wollte – nur mit dem Unterschied, dass Puissance spürbar hinter dem stand, was er da von sich gab. Dieser Eindruck machte die Situation nicht gerade besser.
    Der Mann im Leinenanzug fuhr derweil unbeirrt fort mit seiner Predigt. »Wir haben uns zusammengetan, dank der technischen Finesse von Mister Cho«, der Asiat nickte bestätigend, »der unbändigen Kreativität des einzigartigen Le G«, nun zog der Blonde hörbar die Luft ein, dass seine

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