Sternenfaust - 122 - Das Wrack
Nasenflügel erzitterten, »den medizinischen und biologischen Kenntnissen der Gebrüder Svensson, der soziologischen Einsichten Louis Habibas, des wohl größten Gesellschaftstheoretikers aller Zeiten, und und und. Ich denke an Ottomann, Klopstock, Cooper, an Winters, Dobritzsch, LaFleur, McGonagall … Sie alle trugen und tragen ihren Teil zum Erfolg der Zivilisation bei, die zu gründen uns das Schicksal ermöglicht hat. Und wir schulden es ihnen, wir schulden es uns , den einmal eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Ochrasy ist da draußen, meine Freunde. Es wartet auf uns, fruchtbar und schön.«
Mit diesen Worten war Puissance zum Fenster getreten und blickte hinaus. Doch seine Augen waren in die Ferne gerichtet, in das Dunkel jenseits von Epsilon VII. »Wir werden es erreichen.«
Als wäre es einstudiert, erhoben sich nun die anderen sieben Männer von ihren Sitzen und schlossen sich dem Franzosen im Leinenanzug an. Rechts und links von ihm stellten sie sich in einer Reihe auf, die an der gesamten Fensterfront vorbeiführte, jeder auf einer wie angestammt wirkenden Position. Dann legten sie einander die Arme auf die Schultern. »Wir werden es erreichen«, murmelten sie gemeinsam. Es klang wie das sprichwörtliche Amen in der Kirche.
Es war ein Anblick, der etwas Rituelles an sich hatte. Etwas, das einstudiert aussah. Als hätten es diese Männer schon so oft gemacht, dass sie es selbst im Schlaf gekonnt hätten, ohne darüber nachzudenken. Es war eine leere Handlung, nicht mehr als eine Hülse.
Max Brooks, der das Schauspiel von seinem Stuhl beobachtete, traute seinen Augen kaum und spürte abermals, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief.
*
2253
Hikaru Cho sehnte sich danach, sich aus einer der Luftschleusen werfen zu können und dem ganzen Elend ein Ende zu bereiten. Sollte sich doch die Nachwelt den Kopf darüber zerbrechen, wie aus diesem Haufen von Murks noch ein halbwegs passables Sternenschiff entstehen mochte. Doch in Anbetracht der diversen technischen Pannen, denen Cho seit Stunden vergeblich Herr zu werden versuchte, wäre ihm vermutlich auch ein solcher Selbstmord nicht geglückt. Nicht hier.
In Gedanken sah er sich schon in der Schleuse stehen, die Taste zur Öffnung der äußeren Tür betätigen … Und dann würde er Cocks Stimme über das Interkom hören, die ihn einmal mehr darüber informierte, dass der »gewünschte Dienst derzeit leider nicht zur Verfügung«, stünde.
Er musste lachen, und dennoch ging Hikaru Cho der Arsch gehörig auf Grundeis. Nicht nur, dass die internen Lebenserhaltungssysteme noch immer von wenig mehr als stummen Gebeten und dem Glück des Zufalls am Laufen gehalten wurden, hatte sich nun auch der Hauptmonitor auf der Brücke aus unverständlichen Gründen abgeschaltet. Falls unerwartet der Finanzier kam und das Schiff in einem derart desolaten Zustand wiederfand, Wochen hinter dem ursprünglich festgelegten Zeitplan zurückhängend, wäre Cho erledigt. Dann konnte er seinen Ruf, seinen Stolz als Unternehmer und vermutlich auch sein gesamtes Barvermögen, mit dem er für das Debakel haftbar gemacht würde, an den Nagel hängen. Robert Puissance mochte ein Philanthrop sein, wie die Gazetten nicht müde wurden zu betonen, doch er war auch ein knochenharter Geschäftsmann, der den Wert des Geldes begriffen hatte, wie kaum ein Zweiter. Insbesondere den seines eigenen Geldes. Wie sonst hätte er trotz seiner knapp vierzig Lenze schon solche Unmengen davon anhäufen können?
»Mister Cho, der Maschinenraum meldet einen Totalausfall der Stromversorgung auf den Decks 4 bis 6.« Heather Cocks klang nahezu beschämt, als sie von ihrer Station im hinteren Bereich der kleinen und doch mit den modernsten Gerätschaften ausgestatteten Brücke Meldung machte. Es war nicht die erste Nachricht dieser Art und würde, davon war Cho innerlich überzeugt, wohl auch nicht die letzte bleiben.
Mit einem Mal sehnte er sich nach einem Schwert, in das er sich stürzen konnte. »Verstanden, Cocks. Lassen Sie … Ach, machen Sie doch, was Sie wollen.«
»Sir?«
Für einen Moment hatte Cho vergessen, dass er es mit Schafen zu tun hatte. Sie brauchten eine Richtung, einen Leithammel, der ihnen zeigte, was sie zu tun hatten. Er seufzte. »Informieren Sie den Maschinenraum, dass ich persönlich erscheinen und sie alle in kleine Stücke schneiden werde, sofern der Schaden nicht schnellstmöglich – und endgültig – behoben wird. Eine Wiederholung des Abwasserdebakels
Weitere Kostenlose Bücher