Sternenfaust - 133 - Angriff auf Lor Els Auge
und kam stets wieder zu denselben Schlüssen.
Sie blinzelte und meinte, etwa zwanzig Meter vor sich Licht zu sehen. War das der Ausgang? Sie krabbelte schneller vorwärts. Sie stieß sich den Kopf und ignorierte den Schmerz. Das Licht wurde heller, und ihre Augen fingen an, sich daran zu gewöhnen. Was wartete dort auf sie?
Nun glaubte sie, Stimmen zu hören. Unterschiedliche Stimmen und das charakteristische Schaben von Kridanschnäbeln. Sie rief sich zur Disziplin und legte sich flach hin. Wie in Zeitlupe zog sie sich vorwärts. Das Licht wurde intensiver, aber es hatte seinen Ursprung nicht in der Röhre, sondern kam von unten. War die Röhre dort defekt? Nein, das Licht warf Schatten in die Röhre, die eindeutig von einem Raster stammten. Es musste sich also um ein Gitter handeln, das man in die Röhre eingesetzt hatte, vermutlich, um Wartungsarbeiten auszuführen.
Savanna setzte sich auf.
Die Stimmen waren nun deutlich hörbar, obwohl sie keine Sätze herausfiltern konnte. Noch immer roch es seltsam, und sie rümpfte die Nase. Die Wärme war jetzt erträglich. Vermutlich wurde sie durch das Gitter abgeführt und mit der Frischluftklärung ausgefiltert.
Rechts an der Röhrenwand flackerte ein winziges Licht.
Lieber Himmel, was ist das denn?
Savanna schob sich weiter und kniff die Augen zusammen, um den Herd dieser kleinen Lichtblitze besser zu sehen. Wenn sie sich nicht täuschte, handelte es sich um eine Plasmaleitung. Nur so konnte es sein. Sie untersuchte die Kabelstränge und fand einen feinen gelben Schlauch. Die Aufschrift unterstützte ihre Vermutung. Nachdem sich ihre Augen etwas an das Licht gewöhnt hatten, sah sie es im Schlauch pumpen. Grüngelb. Plasma!
Diese Leitung war nachträglich von Menschen eingebaut worden, denn sie wirkte so neu wie keine einzige Leitung auf der MERCHANT II. Es musste sich um einen Hauptverteiler handeln, deshalb die Wartungsklappe.
Savanna schob sich näher an das Gitter heran. Sie setzte sich noch einmal auf und verstaute ihre langen Haare unter ihrem Hemd. Es wäre fatal gewesen, wenn sie sich vornüber beugte und ihre Haare aus dem Gitter nach unten fielen. Sie musste trotzdem aufpassen. Ich brauche, verdammt noch mal, wirklich ein Haarband!
Nun sah sie alles.
Sie befand sich direkt über dem Kommunikationscenter von Lor Els Auge .
*
Zuerst fragte sich Savanna, ob die defekte Plasmaleitung eine Gefahr für sie darstellte. Sie wusste einiges über die physikalische Zusammensetzung von Plasma. Vincent Taglieri selbst hatte es ihr auf der Akademie beigebracht.
Normalerweise benutzte man Sonnenplasma, ein Durcheinander aus Wasserstoffatomen, losgelösten Neutronen, Protonen und Elektronen. Das ergab eine Kernfusion von Wasserstoff- zu Heliumatomen. Gebündelt war es eine mächtige Waffe. Soweit, so gut.
Plasma war ein Gemisch aus neutralen und geladenen Teilchen. Es leuchtete durch Strahlungsemission angeregter Gasatome, Ionen oder Moleküle. Nein, es leuchtete nicht immer, erinnerte sich Savanna. Ausnahmen waren kalte Plasmen, wie man sie im Weltraum fand. Das Wichtigste, das wusste sie, war die Energiekopplung. Fiel diese aus, verlosch Plasma.
Das war gefährlich, wie Vincent damals verdeutlichte. War eine Plasmaleitung defekt, kam es vor, dass Mikrowellenstrahlung freigesetzt wurde.
Savanna befürchtete, dass ihre Erinnerungen an diesen drögen Unterrichtsstoff ungeordnet waren. Normalerweise war Plasma für ihre Generation das, was für frühere Generationen der Strom gewesen war. Niemand dachte darüber nach. Es war da und das genügte.
Mikrowellenstrahlung!
Savanna schüttelte sich. Dabei handelte es sich um ein hochfrequentes Wechselstromfeld. Das versetzte Wassermoleküle in Schwingungen, was eine ziemliche Reibung ergab. Reibung erzeugte Hitze, und Hitze – garte! Ein Prinzip, das man im 20. Jahrhundert zur Erwärmung und Zubereitung von Speisen in entsprechenden Öfen verwendet hatte.
Okay, solange es also hinter der Leitung farbig pumpte, war diese nicht so defekt, dass Savanna befürchten musste, in einer halben Stunde zerkocht durch das Röhrengitter zu fließen.
Sie beschloss, die Sache mit den Mikrowellenstrahlen erst mal auf sich beruhen zu lassen und schob ihren Kopf weiter vor. Die Leitung war ungefähr zwei Meter von ihr entfernt.
Sie zuckte zusammen, als sie die Stimme eines Tanjaj hörte, verzerrt durch einen Translator, jedoch nicht verhallt. »Wir haben die gesamte Station gescannt. Jeder Mensch, der sich versteckte,
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