Sternenfaust - 133 - Angriff auf Lor Els Auge
Analysen. Jeder Experte der Solaren Welten glaubte inzwischen, ein eigenes Memo verfassen zu müssen, um die verfahrene Situation mit den Kridan zu analysieren und seine Meinung für die optimalste Taktik kundzutun.
Nach einem kurzen Seufzer blickte Taglieri durch das Fenster aus durchsichtigem Stahl und betrachtete den Weltraum. Nach so vielen Jahren im Dienst konnte er sich noch immer nicht an den bunten Spielen verlöschender Sterne und rotierender Spiralnebel sattsehen.
Er schloss die Augen.
Sein Kopf schwirrte. Er konnte längst schon keine klaren Gedanken mehr fassen. Er musste sich ablenken.
Was tun? Musik hören? Lesen? Einen Film ansehen? Er musste etwas finden, dass ihn zumindest für einen kurzen Moment eine Pause von den aktuellen Problemen ermöglichte.
Die Kridan.
Er fragte sich noch immer, wie es erneut so weit hatte kommen können, dass die Vogelartigen den Menschen den Krieg erklärten. Irgendetwas stimmte da nicht. Da steckte mehr dahinter.
Intuition , dachte er kurz. Dana Frost würde es Intuition oder Bauchgefühl nennen. Das, wovon er normalerweise nicht so viel hielt. Er verließ sich auf Fakten. Das, was viele hochtrabend Intuition nannten, war oft nichts anderes als ein beschönigendes Wort für irrationales Vorgehen.
In diesem Moment vermisste er Savanna. Sie würde ihn ganz sicher auf andere Gedanken bringen, dachte er bei sich und grinste. Und sei es nur, dass er mit ihr stritt und sich wieder versöhnte.
Oh ja – im Versöhnen waren sie immer großartig gewesen. Sie war eine feurige, leidenschaftliche Frau, die Taglieri an seine Grenzen trieb, Grenzen, die er nur allzu gerne auslotete. Sie war intelligent, voller Energie und Abenteuerlust. Mit anderen Worten: Sie war perfekt!
Sein persönlicher Armbandkommunikator meldete sich. »Admiral auf die Brücke!«
»Bin unterwegs!«, antwortete er knapp und unterbrach die Verbindung. Taglieri richtete sich auf, schleuderte seine Beine von der Liege, sprang auf, warf seine Uniformjacke über und eilte mit weiten Schritten aus seiner Unterkunft.
*
»Admiral auf Brücke!«, meldete Max Brooks.
»Was gibt es?«, wollte Taglieri wissen.
Brooks deutete auf das Display.
»Wer ist das?«, fragte der Admiral.
»Diese Meldung kam vor einer Minute herein. Die Star Corps-Niederlassung auf Karalon hat sie weitergeleitet.« Brooks winkte Taglieri heran und öffnete die Nachricht auf seiner Konsole.
Das Bild flackerte, dann wurde es deutlich. »Hier spricht Chefingenieurin Sonda Katar von der MERCHANT II.«
Taglieris Herz machte einen Satz. Auf diesem Schiff hielt sich Savanna auf. Er wollte soeben fragen, was geschehen sei, als ihm einfiel, dass er nur eine Aufzeichnung sah.
Die Sprecherin war eine J’ebeem, eine rote Schönheit, und Taglieri fragte sich, wen sich Chang denn da nun schon wieder ausgesucht hatte.
»Hier spricht Chefingenieurin Sonda Katar von der MERCHANT II«, wiederholte die J’ebeem. »Ich weiß nicht, ob die STERNENFAUST diese Meldung auffängt, denn der Funkkontakt ist massiv erschwert. Vor einer halben Stunde konnte ich mit Aliens verschiedener Spezies von Lor Els Auge fliehen.«
Taglieri sah zu Brooks. Der Kommunikationsoffizier der STERNENFAUST schwieg.
»Die Raumstation wurde von Kriegern der Kridan überfallen und eingenommen. Die Menschen werden gefangen gehalten, alle anderen durften gehen. Es gab Schießereien und Tote. Ich wiederhole: Die Kridan ließen alle, die keine Menschen sind, frei. Ich ging zurück auf die MERCHANT, ein Schiff, das einem Mann namens Harry Chang gehört. Es gelang mir, das Raumschiff über einen Sprung durch den HD-Raum in einige Entfernung zur Raumstation zu bringen.«
»Ab hier wiederholt sich der Funkspruch!«, sagte Brooks und schloss das Nachrichtenfenster.
Taglieri stand wie versteinert und starrte auf das Display, obwohl es die Meldung nicht mehr anzeigte. Savanna, Toler, Chang, sie waren auf der Raumstation.
Taglieri straffte sich.
»Stellen Sie sofort eine Verbindung mit dem Ratsvorsitzenden Jasper Mitchell her!«
*
Savanna zog ihren Kopf zurück.
Ein Schweißtropfen war von ihrer Stirn gerollt und fiel wie in Zeitlupe durch das Gitter, um wenig später auf dem Steinboden der Kommandozentrale zu zerschellen wie eine durchsichtige Perle.
Savanna rollte sich auf den Rücken, hielt den Atem an und schloss die Augen. Sie presste ihre Handflächen gegen die Brust, als könne sie dem Herz und ihrem Atem befehlen, sich still zu verhalten. Sie lauschte, bis
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