Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenfaust - 143 - LOODOON (1 of 2)

Sternenfaust - 143 - LOODOON (1 of 2)

Titel: Sternenfaust - 143 - LOODOON (1 of 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymous
Vom Netzwerk:
erst in der Nacht wirklich zu leben beginnt.«
    »Sagte ich ja – das viktorianische London, auf gewisse Art«, murmelte Tregarde.
    Yefimov gönnte dem Doc einen scharfen Seitenblick. Dessen Arroganz ging ihm manchmal auf die Nerven. Und jetzt, da er sich gegenüber dem Mediziner roh und ungebildet vorkam, paarte sich dieses Gefühl mit Zorn. War dies die Stimmung der Stadt? Setzte sie gegenüber Besuchern ihre Schwingungen frei? Entwickelte man in einem aggressiv wirkenden Umfeld automatisch Aggressionen? Ja, zweifellos. Sie würden sich vorsehen müssen, um nicht dem Herzschlag dieses Molochs zu verfallen. Das hier hatte nichts, wirklich nichts mit der halbwegs zivilisierten Welt zu tun, die sie alle kannten.
    »Faszinierend!«, freute sich Tregarde.
    »Wie bitte?« Yefimov hielt ihn am Arm fest.
    »Na, schauen Sie doch. Bevor wir zum Hafen gelangen, gibt es einen Viktualienmarkt. Männer und Frauen mit Bauchläden. Ich wette, hier ist es so, wie es früher auf der Erde war. Wer seinen Bauchladen auch nur mit einem Stock abstützt, wird verhaftet. Der Laden darf keinen Kontakt zum Erdboden haben.«
    »Aha!«
    »Ich frage mich, wie hier die Rechtsprechung ist. In der viktorianischen Zeit konnte man für den Diebstahl eines Apfels öffentlich aufgehängt werden, wohingegen man für einen Mord schon nach wenigen Jahren wieder auf freien Fuß kam.«
    »War das wirklich so?«
    »Ja, Commander. Haben Sie nie Charles Dickens gelesen? Ich schlage vor, wir suchen eine Schenke auf. Dort werde ich uns alle darüber aufklären, was ich über die Zeit weiß.«
    »Charles Dickens? So wie Sie darüber reden, scheinen wir in einer Parallelwelt gelandet zu sein.«
    »Gewiss nicht«, schüttelte der Doktor den Kopf. »Alles hier wirkt so, wie es einst auf der Erde war, und doch ist alles ganz anders.«
    »Das mit der Schenke – womit Sie vermutlich ein Gasthaus meinen? – lehne ich ab. Wir müssen Commander Austen finden.«
    Tregarde lächelte sanft, was Yefimov Zornesfalten auf die Stirn trieb. »Es kann sein, dass ich weiß, wo man ihn hingebracht hat.«
     
    *
     
    Jake wurde in eine Zelle gesperrt.
    Diese Zelle befand sich in den Gewölben eines Gebäudes, wie er noch nie eines gesehen hatte. Rote Steine, unzureichend zusammengesetzt, befand sich das Gebäude auf einer Brücke. Es war eines von zwei identisch wirkenden Häusern, die eigentlich eher einem Turm ähnelten.
    Der Weg durch die Stadt, von der Jake annahm, ihr Name sei Loodoon, war ihm vorgekommen, als durchschreite er ein Fegefeuer. Jake hatte viele Orte gesehen, war weit herumgekommen, doch dies hier war mit nichts zu vergleichen. Die Gegensätze, mit denen er konfrontiert wurde, machten ihm fast schmerzhaft bewusst, wie sehr sich seine eigenen Vorstellungen von Leben und Gemeinsamkeit von denen der Bewohner von Fal unterschied.
    Kaum jemand ähnelte dem anderen. Kein einziger sah so aus wie Yaag, den sie hierher gebracht hatten. Wohin er blickte, sah er Körper, Gesichter und Kleidung, die nur den Schluss zuließen, dass dieses Volk die Raumfahrt beherrschte. Derart verschiedene intelligente Spezies konnten sich nicht alle auf einem einzigen Planeten entwickelt haben. Er war in einem Schmelztiegel der Kulturen, der unterschiedlichen Rassen gelandet.
    Dennoch sah er nirgendwo etwas, dass auf eine derart hoch entwickelte Technologie hinwies.
    Handelte es sich bei diesem Rassengewirr um Gestrandete?
    Waren diese Wesen genauso wie er und seine Crew auf diesem Planeten gelandet, ohne ihn wieder verlassen zu können?
    Gehörte er nun auch dazu?
    Würde er hier bis zum Ende seines Lebens festsitzen?
    Hier wurde ihm klar, dass alle diese Fragen zwar Antworten erforderten, er sich jedoch zuerst um sich selbst kümmern musste. Nach wie vor war er gefesselt, nach wie vor wurde er behandelt wie ein störrisches Vieh, nach wie vor war er gefangen.
    Und letztendlich stieß man ihn eine schmale Treppe hinunter, die sich in die Tiefe schraubte, solange, bis er in einen mit Öllampen beleuchteten Gang kam. Links und rechts dieses Ganges befanden sich Zellen: Einfache dicke Gitterstäbe, die von der Decke bis zum Boden reichten, trennten die Räume vom Mittelgang.
    Gefangene heulten und rüttelten an den Stäben.
    Bärtige Fratzen hechelten ihn an.
    Einige spuckten und manche weinten.
    Er vernahm ein abartiges Stimmengewirr und hin und wieder Bruchstücke Solar.
    Er versuchte, sich nicht auf die Flüche, das Jammern und die Verzweiflung zu konzentrieren, was fast unmöglich war.

Weitere Kostenlose Bücher