Sternenfaust - 143 - LOODOON (1 of 2)
Das kommt von Schüttelspeer und hat mit Bier nichts zu tun.«
Mary lächelte vorsichtig, und zwei Marines blickten in die Runde, damit man das verhaltene Zucken ihrer Mundwinkel nicht sah.
»Wo finden wir Austen?« Der blonde Hüne sah aus, als wolle er jeden Moment aufspringen und dem Xenomediziner an den Hals gehen.
»Zuerst, Colonel Yefimov, fiel mir auf, dass diese Stadt ein Abbild des viktorianischen Londons zu sein scheint. Dennoch gibt es Unterschiede. Wohin man schaut, hat sich eine gewisse Form von Technisierung durchgesetzt. Zum Beispiel diese merkwürdigen Motorräder, die gab es zu Dickens Zeit nicht. Außerdem gab es zu seiner Zeit keine Luftschiffe, die man übrigens Zeppeline nennt. Des weiteren wurden zu seiner Zeit keine Gebäude aus Metall errichtet, egal welcher Legierung. Damals baute man mit Holz oder Stein oder in einer Kombination. Dächer waren mit Ziegeln bedeckt, die außerhalb der Stadt in kleinen Ziegelbrennereien gefertigt wurden. Ich wette, wenn wir gleich zum Hafen gehen, werden wir Schiffe sehen, die nichts mit den alten Fregatten, Zwei- oder Dreimastern oder Schonern des neunzehnten Jahrhunderts zu tun haben. Und letztendlich gab es den Sound noch nicht.«
»Den was ?« Yefimov riss den Mund auf.
»Erinnern Sie sich an das Getrommel? Hier liegt eindeutig ein moderner Rhythmus zugrunde. Vor über zweihundert Jahren nannte man ihn Roxo, später Speedbop. Die Struktur basiert auf schnellem Jazz, der sich über den Blues zur Rockmusik entwickelte.« Tregarde lächelte. »Zu Dickens Zeiten war Rockmusik noch nicht bekannt.«
»Und was soll uns das helfen?«, wollte Yefimov wissen.
»Eine gute Frage, Commander. Nun – wir verbinden mit speziellen Rhythmen auch ein spezielles Lebensgefühl. Ich erspare Ihnen allen weitere Erklärungen und bitte Sie, mir zu glauben. Der Rhythmus, den wir hörten, ist auf eine archaische Art weit entwickelt und kann nur von Menschen gespielt werden, die einen Lebensstil haben, der zwischen Angst, Gefahr und Lebensfreude schwebt. Der Swing ist die Freude, der verschleppte Takt ist die Angst und das Stakkato die Gefahr. Das sind Töne des Aufruhrs. Eine fremdartige Form des Punk!«
»Punk?«, fragte Mary, der man ansah, dass sie in Gedanken mitschrieb.
Tregarde nickte. »So nannte man gegen Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts einen Musikstil, der sich zwar nicht lange hielt, aber dennoch in Fachkreisen noch heute als ein Vorreiter des Speedbop gilt.«
»Pah«, stieß Yefimov hervor. »Speedbop ist degenerierte Musik. Alles nur aggressiv.«
Tregarde stellte den Humpen ab. »Eben, Commander.«
»Und?«, forderte Mary den Doktor.
»Das beweist uns, dass es Brüche in der Kultur dieser Stadt gibt, unterschiedliche Strömungen.«
»Wo ist Austen? Ich frage nun ein letztes Mal!«, fragte Yefimov leise. In seiner Stimme schwangen Ungeduld und verhaltener Zorn mit.
»Wenn sich die Gewohnheiten der Bewohner von Fal mit denen der Viktorianer decken, finden wir Mister Austen entweder im Tower oder in einem Gefängnis, welches man damals Newgate nannte. Beide Gebäude sind einfach zu finden. Lassen Sie uns zum Hafen gehen. Wenn wir dort eine Brücke sehen, auf der es zwei Türme gibt, wissen wir vermutlich auch, wo Mister Austen ist.«
»Okay«, sagte Yefimov. »Um mir das zu sagen, haben Sie fast fünfzehn Minuten benötigt, Doktor. Ich glaube, Sie verkennen den Ernst der Lage.«
»Bei allem Respekt, Sir«, Tregarde stieß die Ellenbogen auf die Tischplatte. »Ich glaube, auch meine anderen Ausführungen werden uns noch helfen.«
»Fragt sich nur, wann«, sagte Yefimov, stand abrupt auf und warf eine Handvoll Münzen auf den Tisch. »Mit dem Wirt reden wir später, oder mit einem anderen seiner Gattung.«
Tregarde schüttelte den Kopf, erhob sich ebenfalls und gemeinsam verließen sie die Schenke, ohne den Blick des Wirtes wahrzunehmen, der mit leuchtenden Augen die viel zu hohe Summe einsteckte.
*
»Wie heißt du?«
»Jeroine.«
»Du bist eine J’ebeem?«
»Ja.«
»Wie kommt es, dass du Solar sprichst?«
»Nicht gut, aber gut genug. Ich spreche langsam. Denke, nach. Baue zusammen.«
»Ja, gut genug, Jeroine. Ich heiße Jake.«
»Schääk?«
»Ja. Wieso hat man mich eingesperrt?«
»Für die Kämpfe.«
»Kämpfe? Welche Kämpfe?«
»Du wirst verkauft. Du wirst ein Sklave sein. Du bist so gut wie tot, Schääk!«
»Das war ich schon oft, Jeroine. Sag mir, wie es kommt, dass man überall in der Stadt unterschiedliche Rassen sieht,
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