Sternenfaust - 150 - Das Auge des Universums
Wie konnte sie wissen, dass die Entität recht hatte und ihr nichts Böses wollte, indem sie sie täuschte?
Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Die Große Leere kann nicht aufgehalten werden. Von niemandem. Du bist machtlos gegen sie.«
»Wenn ich mehr darüber weiß, kann ich Maßnahmen treffen, diese Große Leere zu verhindern. Wenn ihr uns nur einen Teil eures Wissens gebt, können wir einen Weg finden. Die Menschheit hat schon viele Herausforderungen gemeistert. Wie du selbst sagtest, ist es uns sogar gelungen, die Orphanen zu besiegen. Mit eurer Hilfe könnten wir es schaffen. Schickt uns Berater in die Solaren Welten, damit sie gemeinsam mit den besten Wissenschaftlern an einer Abwendung dieser Katastrophe arbeiten können.«
Das Mädchen lächelte und sah zum ersten Mal vergnügt aus. »Du glaubst, du könntest die Zukunft ändern?«
»Natürlich!«
Die Kleine streckte die Hand aus. Türkisblaues Licht strömte auf Dana zu.
»Eines Tages wirst du es verstehen, Dana Frost.«
Das Licht strahlte auf. Sie schloss geblendet die Augen.
*
Daniel ließ das geistige Seil los, mit dem er Dana beeinflusst hatte.
Sie blinzelte, senkte die Waffe und sah ihn an. In ihrem Gesicht lagen weder Zorn noch Entsetzen. Teilnahmslos gab sie ihm den Nadler zurück.
»Ich habe deine Mutter erschossen. War es das, was du wolltest?«
Daniel starrte in Danas Gesicht. Ihre Augen waren nicht mehr eisblau, sondern türkisfarben. An irgendetwas erinnerte ihn diese Farbe, aber er konnte nicht sagen an was.
Dana fuhr fort. »Du kannst die Menschen manipulieren und über sie herrschen. Aber du wirst nie zu ihnen gehören.«
Er kniff die Augen zusammen. Diese türkisblaue Farbe … Woher kannte er sie? Da war ein Auge gewesen … Bilder tauchten in seiner Erinnerung auf. Ein modernes, weißes Genetics-Schiff mit Aufbauten aus transparentem Stahl.
Plötzlich brach es aus ihm heraus. »Du bist nicht Dana Frost. Du bist eine Entität. Was willst du von mir?« Das alles war nicht real, aber zugleich fühlte es sich realer an als vieles, was er erlebt hatte.
Dana legte den Kopf leicht schief. »Wir können dir die Unsterblichkeit geben. Du wirst stark sein. Du wirst nicht mehr altern. Deine Fähigkeiten werden noch weiter wachsen. Du könntest über sehr viele herrschen. Viele werden dich fürchten. Viele werden dich bewundern. Doch du weißt, wie der Mensch ist. Unbewusst zieht er das Vertraute dem Fremden vor.«
»Besser das als an einer Krankheit zu sterben.«
Dana nahm ihm die Waffe aus den Händen und legte sie auf den Tisch. Der Tisch verblasste mitsamt des Nadlers. Auch die Leiche seiner Mutter löste sich auf. Zurück blieb der bereits vertraute türkisblaue Nebel. Er erinnerte Daniel an alles, was er bisher erlebt hatte. Vor ihm stand nicht Dana Frost, sondern eine Entität.
»Du kannst im Auge aufgehen.«
Überrascht sah Daniel das Wesen an. »Du meinst, ich würde nicht nur in dir, sondern in dem Kollektiv aufgehen? In den Augen, die ich spürte?«
»Ja. Dir wird unermessliches Wissen zuteilwerden, und du wirst eins sein mit dem Kollektiv und dem Universum. Du wirst einer von uns sein.«
Daniel grinste. »Okay. Gehen wir.«
»Musst du nicht länger darüber nachdenken?«
»Ich denke schnell«, antwortete er spitz. Dann meinte er: »Ich habe das Auge gefühlt, bevor ich es sah. Und ich hatte sofort das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein.«
Die Entität nickte und streckte die Hand aus, als wolle sie nach ihm greifen. »Dann komm mit mir.«
Sie griff nach seiner Hand, doch statt Finger fühlte er einen warmen Luftzug, der seine Haut berührte. Die Frauengestalt löste sich neben ihm auf, und auch er verlor seine Konturen und fühlte, wie sein Körper sich wandelte. Glück durchströmte ihn. Er transformierte sich mit der Hilfe der Entität zu einer Seinsform, die es vorher nicht gegeben hatte. Seine Gedanken fanden Anschluss an die Gedanken der anderen. Es waren nicht nur fremde Gedanken, sondern auch die Willkommensgrüße anderer Crewmitglieder der BEHRING, die ihn freundlich empfingen. Sie waren nicht mehr, wer sie waren, und doch erkannte Daniel jeden Einzelnen von ihnen.
Er spürte die Erinnerung eines Grinsens in sich, hatte aber keinen Körper mehr, der es ausdrücken konnte. Alles in seinem Empfinden war Heiterkeit, Ruhe und Gelassenheit, bis sich auch seine menschlichen Gefühle auflösten.
Endlich konnte er sich frei entfalten, in einem Kollektiv, das keinen Narzissmus kannte.
Das war sein
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