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Sternenfaust - 152 - Am Scheideweg (2 of 2)

Sternenfaust - 152 - Am Scheideweg (2 of 2)

Titel: Sternenfaust - 152 - Am Scheideweg (2 of 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymous
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… Mit einem Mal war das ungute Gefühl zurück. Das, das ihn befürchten ließ, die Wirklichkeit habe ihren Vorhang beiseitegeschoben und ihm einen Blick auf die Wahrheit gewährt. Die Balken und Streben hinter der Fassade. »Wir sind nicht mehr in Kansas, Toto, oder?«, fragte er leise. Ängstlich.
    Ob der Samurai den Bezug auf den Zauberer von Oz verstand, wagte er nicht zu beurteilen, doch er schien unzweifelhaft begriffen zu haben, was Johnnys Bemerkung bedeutete.
    Und er schüttelte den Kopf.
    Zehn Minuten später standen die beiden ungleichen Männer vor dem Eingang der Höhle und sahen auf ein karges, flaches Land, das sie nicht kannten, und zu einem Nachthimmel, der dem ihrer Heimat so fremd war wie sich ein abgehalfterter Las-Vegas-Entertainer der 1980er Jahre und ein japanischer Krieger aus dem frühen Tokugawa-Shogunat { * } nur fremd sein konnten.
     
    *
     
    Und nun? Setzen wir unser Dasein fort, wie es war, oder beginnt hier und heute etwas Neues? Etwas Anderes?
    Gandaaros Worte hallten im Gedankenverbund wider. Jeder am Tisch teilte sie, jeder hatte sich bereits ähnliche Fragen gestellt – und jeder war, wie er, bisher zu keinem Ergebnis gekommen.
    Oder besser gesagt: zu keinem, das er zugeben wollte. Gegenüber sich selbst und den anderen.
    Turanor, der oberste Alendei, sah in die Gesichter seiner Vertrauten und spürte, dass sie seine Sorge und seine Verwirrung teilten. Etwas Anderes , antwortete er dann. Das, was einst war, liegt hinter uns. Es wäre töricht und zum Scheitern verurteilt, wenn wir es zu rekonstruieren trachteten.
    Talambraa, die Heilerin, der Wissenschaftler Kamior, Leilanii und Gandaaro selbst nickten. Bestätigten seine Worte. Besiegelten das Ende Helemaii’nus.
    Hinter ihnen sah Turanor die neue Sonne jenseits der Hügel aufgehen. Ein Tag brach an auf TASO-26267-B, den die Alendei inzwischen Neso-Helemiiru genannt hatten, doch niemand hier konnte sich an seinem Licht und seiner Wärme erfreuen. Zum einen, weil die Evakuierung noch längst nicht vollständig vollzogen war, und zum anderen …
    Dies ist nicht Helemaii’nu , fasste Leilanii den zweiten Grund in gedanklich formulierte Worte. Nicht unsere Heimat. Und auch wenn wir hier sein und dank ihr leben sollten, wird sie es vielleicht nie werden. Nicht so, wie es Helemaii’nu einst war.
    Abermals Nicken, wohin er auch blickte. In den vergangenen Tagen war die sogenannte Planeten-These von einer kruden Theorie zur sinnbildlichen Verkörperung von allem geworden, was die Alendei dem Umzug ihrer gesamten Spezies an Angst und Skepsis entgegenbringen konnten. Kaum einer unter ihnen, der sich nicht längst von ihr hatte anstecken lassen.
    Wann immer der Oberste in die Augen seiner Mit-Alendei schaute, glaubte er – wusste er –, dass er ihren Kummer sah. Ihre Resignation. Ihre Zweifel. Und es brach ihm das Herz.
    Du sprichst die Wahrheit aus, Leilanii , erwiderte er nun und streckte die Hand nach der Forscherin aus. Sie ergriff sie. So wahr, wie wir alle handeln, wenn wir uns vor dem zu schützen versuchen, was uns die Zukunft bringt. Ohne sie loszulassen, sah er abermals von einem seiner Begleiter zum anderen, vergewisserte sich ihrer Aufmerksamkeit, signalisierte seine Anteilnahme. Doch jede Zukunft wird im Schmerz geboren. Jeder neue Tag bedeutet das Ende einer Nacht. Lasst uns das Morgen, das uns hier gegeben wurde, willkommen heißen – ohne Furcht. Lasst uns die Chance erkennen, wo andere nur Verlust entdecken. Wir müssen sie nutzen. Nur so sind unsere Mühen der vergangenen Tage es wert, den Namen Erfolg zu tragen. Wenn wir jetzt resignieren, war alles umsonst.
    Turanor hat recht , schaltete sich nun auch Kamior in die Unterhaltung ein. Der Wissenschaftler hatte den Tele-Ring verantwortet, mit dem die Alendei den letzten, verzweifelten Versuch gewagt hatten, die Zerstörung ihrer Heimatwelten zumindest aufzuschieben, wenn nicht gar zu verhindern. Nun zählte er zum Ausschuss, der die Besiedelung des neuen Planeten koordinierte. Turanor selbst hatte ihn dazu ausgewählt. Wir kamen nicht her, um uns von der Last der Erinnerung erdrücken zu lassen. Wer kann Heimweh empfinden, wenn er hier daheim ist? Wir können nicht zurück. Also lasst uns gemeinsam daran arbeiten, Neso-Helemiiru zu dem zu machen, was uns so schmerzlich fehlt: unserem Zuhause.
    Turanor sah zur Decke des behelfsmäßigen Baus, den sie aus synthetischen Platten errichtet hatten und der ihnen fürs Erste als Besprechungsraum diente. Es hatte sich

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