Sternenfaust - 166 - Invasionsstufe Zwei
Natürlicher will so sein. Ihr haltet euch für etwas Besseres. Und das nur, weil ihr das Produkt einer willkürlichen, dem Zufall unterworfenen genetischen Kombination seid. Jeden Vorteil, der dabei entsteht, haltet ihr dann für schicksalhaft und gottgegeben.«
»Ich wollte immer Drachenkämpfer in Ikendar werden«, rief der Junge. »Wäre ich wie du, mich würde nichts aufhalten können.«
Orgar musterte den J’ebeem. »Wärst du auch nur ein wenig wie ich, du würdest mit den größten Drachen des j’ebeemschen Imperiums den Boden aufwischen können!«
Der Junge versuchte zu lächeln, dann meinte er: »Wäre es möglich?«
»Möglich?«
»Wäre es möglich, einer von euch zu werden?«
Orgar blickte ihn ungläubig an. Oft hatten er und die anderen darüber gesprochen. Sie hatten behauptet, dass die Natürlichen die Alphas nur deshalb jagten, weil sie in Wahrheit neidisch waren. Diesen Neid versteckten sie hinter Vorhaltungen wie »Verbrechen an der Natur«, »gemeingefährliche Waffe« und anderen durchschaubaren Phrasen.
Doch erstmals hörte es Orgar aus dem Mund eines Natürlichen selbst. Ein Natürlicher, der wie die Alphas sein wollte.
Ein Junge, der wie er sein wollte.
Wenn dieser Junge zum Alpha wurde, dann konnte er ihm alles beibringen. Ihn nach seinem eigenen Vorbild verändern und formen. Ihn lehren, was es hieß, ein Alpha zu sein.
Die Leistungen, die Errungenschaften dieses Jungen würden dann auch seine Leistungen sein.
Orgar konnte sich selbst nicht erklären, weshalb ihn dieser Gedanke so sehr reizte. »Meinst du das wirklich ernst?«, wollte der Alpha wissen.
Und dann sah er es. Ein gieriges Funkeln in den Augen des Jungen. Der Knabe meinte es tatsächlich ernst, daran gab es keinen Zweifel.
»Seit ich denken kann, verwehrt man mir, was mir zusteht«, sagte der junge J’ebeem. »Ich will es ihnen allen heimzahlen. Man hat mich abgeschoben, verlacht, vergessen. Wenn ich so wäre wie du, dann würde man sich noch in Tausenden von Jahren an mich erinnern.«
Orgar war für einen Moment sprachlos.
»Du willst das doch nicht wirklich tun, Orgar?«, rief Raht ihm zu.
»Warum nicht?«
»Weil genetische Resequenzierung zwar möglich, aber viel zu langwierig und aufwendig ist. Die denkbaren Komplikationen sind endlos. Wenn du einen Nachkommen willst, Orgar, erschaffe dir einen von Grund auf. Oder klone dich einfach.«
Sie hatte auf Solar mit ihm gesprochen, daher hatte der Junge sie nicht verstanden. Aber der kleine J’ebeem hatte offenbar gemerkt, dass Raht nicht einverstanden war. »Ist sie dagegen?«, fragte er.
»Es ist nicht einfach«, erklärte Orgar. »Es ist gefährlich. Es ist oft schmerzhaft. Es dauert seine Zeit. Und am Ende wirst du ein völlig anderer sein. Bist du dafür bereit?«
»Ich bin dafür bereit«, antwortete der Junge.
»Wie heißt du eigentlich?«, wollte Orgar wissen.
»Ich heiße Stefoor«, antwortete der J’ebeem. »Stefoor Fuhlon. Aber das ist unwichtig. Ich werde mir einen neuen Namen suchen. Stefoor gibt es nicht mehr. Er war schwach und hilflos! Ein Opfer! Ich will nie wieder ein Opfer sein.«
»Dann sollst du von nun an Orgaron heißen«, sagte Orgar feierlich.
»Ich will deine neuen Vaterfreuden ja nicht schmälern«, unterbrach ihn Raht. »Aber wir erreichen soeben das Solsystem!«
»Sieh zu, Orgaron!«, sagte Orgar. »Sieh zu, wie wir ein ganzes Weltenreich in die Knie zwingen. Sieh zu, wie die Ausgestoßenen zurückkehren, und wie sie sich das nehmen, was ihnen zusteht.«
*
Erde, New York, Regierungssitz »Grüne Gurke«, 18. September 2272, 13.22 Uhr
Vincent Taglieri befand sich in der Kommandozentrale unterhalb des Regierungsgebäudes. Er hatte sie dort vor Monaten einrichten lassen. Der Ratspräsident der Solaren Welten war gleichzeitig Oberbefehlshaber des Star Corps – eine Funktion, von der er gewöhnlicherweise keinen Gebrauch machte und auch nicht machen musste. Im Falle eines Angriffs auf das Hoheitsgebiet der Solaren Welten sah die Angelegenheit jedoch anders aus, und Vince war nun einmal Offizier des Star Corps.
Vor Vince befand sich eine kreisrunde Plattform mit einem Durchmesser von fünf Metern. Sie lieferte ihm eine dreidimensionale Darstellung der Schlacht. Wenn Vince die Hand in eine Art holografischen Trichter hielt, konnte er allein durch seine Fingerbewegungen den Blickwinkel auf die Schlacht anpassen und Ausschnitte vergrößern.
Vince unterstanden die Kommandanten der Carrier und Dreadnoughts. Die Rear
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