Sternenfaust - 166 - Invasionsstufe Zwei
nicht guten Gewissens öffentlich befürworten, ohne mehr Fakten zu kennen. Würde ich das tun, wäre ich ein schlechter Ratspräsident. Als solcher habe ich immerhin einen heiligen Eid geschworen, Schaden von den Bürgern der Solaren Welten abzuwenden.«
Wieder einmal beugte Wambli Gleska leicht den Kopf nach vorne und schloss kurz die Augen, was an eine fast unterwürfige Geste erinnerte. »Erzählen Sie mir mehr über den Angriff, Vincent Taglieri!«
»Wie gesagt, die Solare Flotte ist in Alarmbereitschaft und rechnet mit dem Angriff einer genetisch optimierten Menschengruppe. Sie hat auch mehrere Schiffe der Morax und der J’ebeem in ihrer Gewalt.«
»Ich habe verstanden.«
»Ich informiere Sie deshalb, weil Sie ja nun Teil dieses Sonnensystems sind.«
»Machen Sie sich um die Wanagi keine Sorgen«, kam die höfliche Antwort.
Willst du mich auf den Arm nehmen? Um die Wanagi sorgen, dass ich nicht lache!
»Wenn die Wanagi sich an der Abwehrschlacht beteiligen wollen, wäre es sicher gut, die Kampfhandlungen aufeinander abzustimmen.« Vince hoffte, dass dieser Wink mit dem Zaunpfahl deutlich genug war.
»Das wird nicht nötig sein. Wir können Makato Zan hinreichend abschirmen.«
Vince räusperte sich. »Ich habe vielleicht nicht deutlich genug zu verstehen gegeben, wie bedrohlich sich die Situation für die Solaren Welten darstellt. Mit anderen Worten: Eine Intervention durch die Wanagi wäre durchaus erwünscht.«
Wieder verneigte sich der Wanagi leicht. Vince überlegte, ob er sich in diesen Momenten mental mit den anderen Wanagi austauschte.
»Ratspräsident Vincent Taglieri, ich habe Verständnis für Ihre Situation. Wie Sie schon sagten: Es müssen erst die Fakten geprüft werden. In diesem Fall haben die Wanagi zu wenig Fakten. Laut Ihren Informationen sind mehrere andere Spezies in den Konflikt verwickelt. Es wäre wohl nicht ratsam, wenn die Wanagi vorschnell Partei ergriffen und sich dabei potenzielle Bündnispartner zu Feinden machten. Es wäre etwas anderes, wenn sich auf der Erde bereits Wanagi-Kolonien befänden oder für die nahe Zukunft geplant wären.«
Vince spürte, dass sein Gesicht rot anlief. Das war mehr als deutlich. Wenn du uns Mayen Thule nicht bauen lässt, helfen wir dir nicht bei deiner Raumschlacht, auch wenn es uns nur ein Fingerschnippen kosten würde.
»Ich werde Sie über alle Entwicklungen auf dem Laufenden halten, Wambli Gleska«, beendete Vince das Gespräch.
»Ich danke Ihnen, Vincent Taglieri.«
*
STARFIGHTER, HD-Raum, 18. September 2272, 12.17 Uhr
Der kleine J’ebeem-Junge schrie aus Leibeskräften.
Orgar hatte ihm ein weiteres Serum verabreicht. Auf dem Monitor sah er eine dreidimensionale Darstellung der DNS-Strukturen des Jungen. Es ergab einfach keinen Sinn. Weshalb zeigte das Mittel, mit dem sie ganze Völker unterwarfen, bei ihm keine Wirkung? Bei einem augenscheinlich genetisch mehr als durchschnittlichen Jungen!
»Aufhören!«, murmelte der schmächtige J’ebeem keuchend. Orgar schüttelte den Kopf.
Er packte das Kinn des Jungen und sah ihm ins Gesicht. Tränen rannen dem Knaben aus den Augen. »Bitte aufhören!«
»Er hat noch immer seinen eigenen Willen!«, rief Orgar Raht zu.
»Was soll’s«, antwortete sie unwirsch. »Eine genetische Mutation. Ein simpler Fall mathematischer Zwangsläufigkeit.«
Gleichzeitig flogen ihre Augen über die Textanzeigen, die über den Monitor huschten. »Diese Natürlichen sind noch primitiver als ich dachte. Sie haben kaum eine Ahnung davon, wie das Wandlermodul überhaupt funktioniert. Sie machten sich lediglich die Baupläne einer ausgestorbenen Zivilisation zunutze. Und du wirst nicht glauben, wie sie die Aliens dieser Zivilisation nennen.«
»Wie?«
»Tote Götter!«
Nun musste sogar Orgar lachen. »Du hattest recht, Raht! Sie sind erbärmlich!« Noch immer betrachtete er fasziniert die Tränen des J’ebeem-Jungen.
Weinen , dachte Orgar. Eine simple Reaktion der Natürlichen, um über den Tränenkanal die Hormonstoffe Prolaktin, Adrenocorticotropin und Leu-Enkephalin auszuscheiden. Es war absurd. Die Natürlichen waren sogar zu schwach für ihre eigenen Emotionen.
»Du willst ein Krieger sein?«, sagte Orgar zu dem J’ebeem. Und tatsächlich: Der Junge verzog das Gesicht und hörte auf zu weinen.
»Ich wäre auch lieber wie du!«, sagte er schließlich.
Orgar erstarrte. Er fühlte etwas Seltsames in sich, das er nicht deuten konnte. Dann meinte er abfällig: »Ja, sicher doch! Kein
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