Sternenfaust - 166 - Invasionsstufe Zwei
über die Panik. Dieser Alarm hatte sicher nichts damit zu tun, dass er hier heimlich rauchte. Dennoch beeilte Stefoor sich nun und zog, so schnell es ging, seine Kleidung über, schnürte das Oberteil zu und schlüpfte in die Schuhe.
»Was tust du hier noch?«, hörte er plötzlich eine Stimme vor sich und erschrak maßlos.
»Ich, ich …«, stammelte er. Er wusste nicht, ob es am Aama lag, dass er nicht mehr klar denken konnte. Vor ihm stand Tirak Fanshur, der Ringmeister, der ihn misstrauisch musterte.
Ganz Ebot-Mar roch nach Aama. Zumindest behaupteten das alle, die Ebot-Mar das erste Mal besuchten. Die, die schon länger hier lebten oder gar hier geboren waren, hatten das Gespür für diesen Geruch längst verloren.
Doch es war ausgeschlossen, dass jemand den Geruch eines brennenden Mulokhalms nicht bemerkte.
Dennoch tat Fanshur seltsamerweise so, als rieche er nichts.
»Hörst du den Alarm nicht?«, sagte er.
»Doch!«, rief Stefoor. »Was, was bedeutet er?«
Fanshur schien einen Moment zu überlegen; wahrscheinlich dachte er darüber nach, ob er die Wahrheit sagen sollte. »Hast du die Anweisungen der Onbotani { * } nicht gehört? Geh lieber schnell nach Hause, Stefoor!«
»Was bedeutete der Alarm?«, wiederholte Stefoor streng, während er die Brust herausstreckte. Auch wenn er noch keine fünf Jahre alt war, so war er im Gegensatz zu Fanshur aus adeligem Hause. Er verdiente Respekt. Und er verdiente eine Antwort.
»Der Alarmcode legt eine feindliche Flotte im Orbit nahe«, sagte Fanshur. Seine Stimme klang leicht verärgert. »Wahrscheinlich nur ein Irrtum.«
»Die Morax?«, wollte Stefoor wissen. Seit die Morax vor vielen Jahren die Kolonie angegriffen und etliche Kolonisten entführt hatten, war es auf Ebot-Mar üblich geworden, bereits kleinen Kindern Angst einzujagen, indem man ihnen mit den Morax drohte. Stefoor hatte Bilder von ihnen in den Videofiles gesehen. Sie sahen grauenvoll aus. Haarige Gesichter, mit Warzen übersät, und vier mächtige Hauer, die wie bei einem oy’ktonischen Giftwurm in alle Richtungen wiesen. Und die Augen waren so gelb wie bei einem Emox-Drachen.
Doch noch schlimmer waren angeblich die Gerüche. Es hieß, ihre Münder verströmten den Atem von Fäulnis, Kot und Tod. Als Gefangener der Morax verbrachte man den Rest seines Lebens in einer Hölle. Einer Hölle aus Demütigung, Schande und Elend.
Stefoor wartete keine Antwort ab. Mit kalten Fingern packte er seine Tasche und eilte wortlos ins Freie.
Noch immer schrillte der Alarm.
Erst jetzt fiel Stefoor sein Kom-Pad ein. Vielleicht versuchte seine Großmutter, ihn zu erreichen.
Also kramte er das Pad aus der Seitentasche, aktivierte das Sensorfeld und stellte fest, dass inzwischen über fünfundzwanzig Nachrichten eingegangen waren.
In diesem Augenblick begann der Boden unter seinen Füßen sachte zu vibrieren, und er bemerkte aus den Augenwinkeln, wie der Himmel sich leicht verdunkelte.
Schnell blickte Stefoor hoch – und da sah er es.
Dort oben am Himmel war, wie ein zweiter Mond, eine Halbkugelform zu sehen.
Stefoor kniff die Augen zusammen und entdeckte weitere dieser Objekte am Himmel. Und er erkannte winzige Punkte, die von diesen Gebilden ausströmten.
War es eine optische Täuschung?
Erneut wischte er sich den Schweiß aus dem Gesicht, rieb sich die geröteten Augen – ich hätte das verdammte Aama nicht rauchen sollen – und starrte wieder in den Himmel.
Es gab keinen Zweifel, die Morax waren da!
Und sie schickten bereits ihre Schiffe los, um die Kolonie einzunehmen.
*
S.C.S.C. STERNENFAUST, Solsystem, Asteroiden-Hauptgürtel, Vesta, 15. September 2272, 9.03 Uhr
»Sprechen wir also über die Vorfälle vom 18. April 2272.« Admiral Forrester hatte das Wort »Vorfälle« besonders langsam und betont ausgesprochen, während ihr Blick auf ihr e-Pad gerichtet war, auf dem sie offenbar nach irgendwelchen Textdateien suchte.
»Ich habe alles in einem ausführlichen Bericht geschildert«, erklärte Dana. Sie hatte ihre Hände im Schoß verschränkt und vermied jegliche Gestik. »Und diesem Bericht habe ich nichts hinzuzufügen.«
»Das ist aber seltsam bei einem Bericht, der mehr Fragen aufwirft, als dass er Antworten liefert.«
Dana wollte zuerst nicht darauf eingehen, doch schließlich meinte sie: »Wenn Sie Fragen haben, bin ich natürlich gerne bereit, zu deren Klärung beizutragen.«
»Wie großzügig«, murmelte Admiral Forrester leise, ohne aufzublicken. »Ihr Auftrag
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