Sternenfaust - 184 - Opfergang
Der Würfel erschien. Teile der Oberfläche brachen weg, ein Blitz zuckte.
Geblendet schloss Dana die Augen, doch das Licht schien ihre Augenlider zu durchdringen.
Eine Armeslänge vor ihr schwebte ein Amulett in der Luft. Sanft glitt es zu Dana und sank in ihre Hand.
Das Artefakt war oval. In seiner Mitte glitzerte ein blauer Stein, der wiederum von weißen Ornamenten umgeben war.
Auch jetzt wusste Dana genau, was zu tun war. In einer fließenden Bewegung streifte sie sich die Kette über den Kopf. Das Amulett hing vor ihrer Brust, wo es hingehörte. Alles war so, wie es sein sollte.
Sanft glitt sie zu Boden.
Das Licht erlosch.
*
»Das war durchaus beeindruckend«, sagte Yngvar.
Daniel beließ es bei einem: »Keine schlechte Vorstellung!«
Fasziniert nahm Dana das Amulett in die Hand. Die Oberfläche hatte die weiße, an Perlmutt erinnernde Farbe und Konsistenz des Kästchens angenommen. Die Nachricht der GRAFSCHAFT – und Dana zweifelte keinen Augenblick daran, dass es genau jenes Wesen gewesen war, von dem die kryptischen Sätze stammten – hatte wieder einmal mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben.
Doch immerhin bestand eine kleine Hoffnung, die Geschickte noch in eine andere Richtung zu lenken.
Yngvar lächelte. »Ich kenne diesen Blick.«
Dana nickte entschieden. »Ich habe mich immer dagegen gewehrt, nur ein Spielball irgendwelcher Mächte zu sein. Dieser ganze Quatsch mit Vorhersehung und einem großen Plan – ich mag es einfach bodenständiger. Aber die Ereignisse der vergangenen Jahre haben mein Weltbild gehörig auf den Kopf gestellt. Auch wenn ich noch immer nicht weiß, wie ich die Aufgabe erfüllen soll, die nun vor mir liegt.«
»Du begibst dich in die Andromeda-Galaxie.«
»Das sagst du einfach so«, sagte Dana. »Selbst mit der STERNENFAUST III würden wir dafür über hundert Jahre brauchen!«
»Genau deshalb bist du unsterblich gemacht worden, Dana«, sagte Daniel.
»Bitte, sag mir, dass das gerade ein Witz war«, funkelte Dana ihn an.
»Keine Sorge«, beschwichtigte Yngvar sie. »Das Auge ist in der Lage, dein Schiff und deine Crew dorthinzuversetzen.«
Dana schüttelte den Kopf. »Unglaublich!«, murmelte sie.
»Unglaublich?«, fragte Daniel spöttisch. »Wir haben dir Unsterblichkeit gegeben. Wir haben die Kosmische Barriere erschaffen, um uns vor der Großen Leere zu schützen. Wir haben dir geholfen, eine zweite Zeitlinie zu erschaffen. Und bei einem kleinen Transport von läppischen drei Millionen Lichtjahren bist du beeindruckt?«
»Bleibt nur eine Frage«, unterbrach ihn Yngvar.
»Nur eine?«, sagte Dana ungläubig.
»Vorerst nur eine«, grinste Yngvar. »Welches Schiff nimmst du mit?«
»Was heißt da welches Schiff ?«, fragte Dana verwirrt.
»Willst du die STERNENFAUST II oder die STERNENFAUST III auf die Reise mitnehmen?«
»Warum nicht beide?«, erwiderte Dana.
»Das wäre möglich«, sagte Daniel. »Doch du wirst dort große Entfernungen zurücklegen müssen. Die STERNENFAUST II ist viel langsamer. Am Ende würdest du ein Schiff zurücklassen müssen.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, überlegte Dana. Bitter blickte Dana auf die sich drehende Kugel der Erde, die als Simulation vor den großen Panoramafenstern dieser künstlichen Orbitalwohnung zu sehen war. Natürlich war völlig klar, mit welchem Schiff sie die Reise antrat.
»Dann solltest du keine Zeit verlieren«, sagte Daniel.
»Läuft mir etwa die Große Leere davon?«, wollte Dana wissen. »Auf so einen Einsatz muss ich mich gründlich vorbereiten. Ich muss zwei Crews gründlich instruieren.«
»Leider bleibt dir nicht mehr viel Zeit«, sagte Yngvar. »Wir sehen den Zeitstrom, und wir sehen große Veränderungen. Die Akoluthoren sind in Gefahr.«
»Du weißt, was diese Akoluthoren sind?«
»Wir sind die Meister des Zeitstroms. Wir sehen den Fluss der Zeit. Wir können ihn teilen und verbinden, aber wir können den Fluss weder aufhalten noch neu beginnen. Das kann nur die GRAFSCHAFT.«
»Was ist ein Akoluthor?«, wollte Dana wissen.
Yngvar deutete auf ihr Amulett. »Die korrekte Bezeichnung ist Akoluthorum. Das erste der zwölf trägst du bereits um den Hals, Dana!«
»Ich wünsche dir viel Glück, Dana«, sagte Daniel, trat auf sie zu und legte ihr seinen Arm um die Schulter. Diese ungewohnt freundliche Geste jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Es zeigte ihr, dass die Situation so ernst war, dass auch Daniel das Witzemachen vergangen war.
»Leb wohl«, flüsterte
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