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Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern

Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern

Titel: Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Seifert
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zulaufenden Ausschnitt, der mit einer schwarzen Borte gesäumt war.
    Die fremde schöne Frau sank auf ihr linkes Knie und blickte Kendra aus milden rehbraunen Augen an. Ihr zartblaues Gesicht spiegelte nicht die winzigste Spur von Aggressivität oder Boshaftigkeit. Alles an dieser Frau war milde und wohlgeraten.
    Sie blickte Kendra in die Augen und sagte mit einer weichen, wohlklingenden Stimme: »Tar’tarishi!«
     
    *
     
    Vu’maiti hatte Glück. Sie erreichte Ken’gewa noch rechtzeitig in seinem Arbeitsraum, der in einem dem Hekal’kichwa angegliederten flachen Gebäude lag.
    Obwohl es noch früh am Morgen war, nahm der heutige Tag – Kipawa Ten’brikum – ganz Bilad’himu in Anspruch. Alle Einwohner waren auf den Beinen, der Auszug der Tum’duni aus dem Mahal’vukito stand kurz bevor, und auf dem Tawil’kiwara wurde letzte Hand an das Gerüst angelegt, auf welchem die Priesterschaft Ten’brikum begrüßen würde.
    »Es ist also geglückt«, sagte Ken’gewa, ohne von dem Pergament aufzublicken, das er vor sich auf dem Tisch ausgerollt und mit zwei polierten Ko’koto-Steinen beschwert hatte.
    »Ich wollte Euch in später Nacht nicht mehr wecken lassen, Kuhan’jaali«, entgegnete Vu’maiti. »Aber offenbar ist Euch die Kunde bereits zugetragen worden.«
    »Die drei Dutzend zusätzlicher Tum’duni kommen uns gerade recht. Und doch sind es noch zu wenige, um den Zorn Ten’brikums zu besänftigen.« Ken’gewa fuhr mit dem Mittelfinger über die Schrift des Pergaments. Mit einem schnellen Blick erkannte Vu’maiti, dass es sich um die rituellen Formeln des Kipawa Ten’brikum handelte. Hatte das Gedächtnis des Oberpriesters bereits so gelitten, dass er sich noch einmal jener Worte vergewissern musste, die er Jahr für Jahr auf dem Tawil’kiwara dem Eifersüchtigen Gott zugerufen hatte?
    »Ich bin gewiss, dass wir den Zorn Ten’brikums überhaupt nicht mehr erdulden müssen«, sagte Vu’maiti eindringlich. »Wenn Ihr von den gefangenen Tum’duni gehört habt, so auch von jenen Fremden, die sich in ihrem Lager aufhielten.«
    »Ja, natürlich.« Ken’gewas Finger wanderte die Schriftzeichen entlang.
    »Habt Ihr sie in Augenschein genommen?«
    »Noch nicht.«
    »Ich habe ihnen ein separates Haus im Mahal’vukito angewiesen, das durch Wachen vor allzu neugierigen Blicken geschützt wird«, erklärte die Kuhan’pili. »Es handelt sich um die seltsamsten Wesen, die ich je gesehen habe. Es handelt sich um drei Männer, wovon zwei der Pflege bedürfen, und zwei Frauen, wovon eine tiefe Bewusstlosigkeit ereilt hat. Die andere aber ist gesund, und ihre Haare leuchten rot wie ein flammender Stern. Ihre blauen Augen sind tief wie ein Bergsee.«
    »Und doch nennt sie sich nicht Tar’tarishi, sondern Ken’drahskott«, erwiderte der Oberpriester mit einem Anflug grimmiger Genugtuung.
    »Ich habe Eure am Tempel angeschlagene Verlautbarung gelesen, nach der es sich bei der gestrigen Himmelserscheinung um ein mahnendes Zeichen Ten’brikums handeln soll. Ihr wollt das Volk beruhigen, um den Ablauf Kipawa Ten’brikums nicht zu gefährden. Dies kann ich bis zu einem gewissen Grad verstehen. Doch ich bin gewiss, dass jene, die sich Ken’drahskott nennt, die Tar’tarishi ist! Sie und ihre Gefolgsleute sprechen nicht unsere Sprache und müssen eine Apparatur benutzen, um sich uns verständlich zu machen. Ich bin überzeugt davon, dass Ken’drahskott in ihrer Sprache nichts anderes meint als Tar’tarishi in der unseren.«
    »Das ist Eure Auffassung, Vu’maiti. Doch die Fremden selbst sollen zu Protokoll gegeben haben, dass sie Wen’gulim lediglich besuchten, um Vorräte für ihr Himmelsschiff zu sammeln.«
    »Ein Himmelsschiff, Ken’gewa!«, rief Vu’maiti. »Wer – außer Ten’brikum – hat uns Tum’waheri jemals aus dem Himmel heraus besucht? Ist Euch nicht der Gedanke gekommen, dass die Tar’tarishi sich verleugnet, um unseren Glauben zu prüfen? Es wäre auch denkbar, dass sie sich ihrer Aufgabe noch gar nicht bewusst ist. Deshalb sollten wir, dies ist meine feste Meinung, Ken’drahskott ins Chin’yardhi Ak’lothum führen. Wenn sie tatsächlich die Tar’tarishi ist, so wird sich alles von selbst ergeben – die Tore des Heiligtums werden sich mit einer Leichtigkeit öffnen, wie wir es nie erlebt haben. Wenn sie die Tar’tarishi ist, wird Ak’lothum sie zu sich rufen, und sie wird zu ihm drängen, um ihn endlich dem Schutz der göttlichen Botin zu überantworten! Wir müssen nur handeln,

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