Sternenfaust - 196 - Die Feuer von Skia
eine fremde Welt zu, zwei einsame Tibaa, eine rothaarige mit Sommersprossen und eine blonde, die die andere um einen Kopf überragte. Sie wusste, dass sich Anjuli neben ihr in diesem Eponen befand, auch wenn sie weder Anjuli noch den Eponen selbst sehen konnte.
Sogar Romana Hel’garas eigener Körper war verschwunden, was dem ganzen Flug ein unwirkliches Element verlieh.
Aber was an dieser Reise war die Wirklichkeit? Anjuli gewiss nicht, auch wenn Romana Hel’gara es vorzog, diesen Namen für ihr unsichtbares Gegenüber zu verwenden, obwohl sie dafür ihr Wissen um das tatsächliche Wesen der Gestalt ausblenden musste. Es machte ihr das Leben etwas leichter, auch wenn …
Romana Hel’gara sog die Luft heftig durch die Spalten zwischen ihren Zähnen ein. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Es fühlte sich an, als streifte sie ein eiskalter Hauch, der die Luft um sie herum gefrieren ließ. Mit fliegenden Fingern tastete sie nach dem Akoluthorum, das an einem Band um ihren Hals hing.
Ein Schwall aus purer Energie schwappte von dem vierzackigen silbernen Stern, in dessen Mitte ein blauer Kristall frei schwebte, auf sie über und gab ihr jenen Halt, den sie in diesem freien Fall durch die Schwärze so dringend brauchte. Trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass Zweifel über diese ungewohnte Fortbewegungsart in ihr hochkamen.
Was würde passieren, wenn den Eponen plötzlich die Kräfte verließen? Würde sie dann mit Anjuli inmitten der Weite des Alls stranden, ohne Sauerstoff und ohne Aussicht auf Rettung? Sie fürchtete, dass ihr in diesem Fall auch die Fähigkeiten als Gestaltwandlerin nicht lange beim Überleben helfen würden.
Sie verzog die Lippen und fuhr mit der Zunge die spitzen Zähne nach, die neben den hellblauen Sehflächen und dem Knochenkamm am Rücken die Tibaa wohl am meisten von den Menschen unterschieden.
Romana Hel’gara versuchte sich vorzustellen, was Anjuli in diesem Augenblick wohl dachte. Dabei ertappte sie sich dabei, dass sie dabei an die Frau neben ihr dachte, die alles, nur keine Tibaa war. Die echte Anjuli war Tausende Lichtjahre entfernt, und es kam Romana Hel’gara vor, als stammte diese Episode aus einem früheren Leben, an das sie sich nur noch schemenhaft erinnern konnte.
Alles, was zählte, war das Hier und Jetzt, auch wenn dieses Jetzt bedeutete, dass die falsche Anjuli neben ihr im Besitz von zehn Akoluthoren war. Aber das war zweitrangig, solange Romana Hel’gara ihr eigenes Amulett behalten durfte und es nicht an Dana Frost ausliefern musste. Dafür war der Vorgeschmack im Lark-System viel zu bitter gewesen.
Dana Frost! Am liebsten hätte Romana Hel’gara laut aufgelacht, wenn sie daran dachte, welch lächerliche Figur diese Menschenfrau abgab. Sie hatte Romana Hel’gara noch nie vertraut, auch wenn sie es immer wieder beteuert hatte. Dabei hätte nicht viel gefehlt, und Romana Hel’gara wäre für sie durch jedes Feuer gegangen. Aber die verstohlenen Blicke in den letzten Wochen, die gierigen Augen, mit denen Dana Frost auf Romana Hel’garas Akoluthorum gestarrt hatte, und auf der anderen Seite Taglieris Ignoranz und das Ausgrenzen aus der Schiffsführung – das alles hatte etwas in ihr zerbrechen lassen.
Nein, sie würde sich nicht von Dana Frost gängeln lassen! Das Amulett gehört ihr, ihr ganz allein! Sie spürte das Akoluthorum, das sie offenbar unbewusst noch immer festhielt, zwischen ihren Fingern.
»Du gehörst allein mir«, flüsterte sie und es war ihr, als ob das Akoluthorum sie verstanden hatte, denn es pulsierte in ihrer Hand wie ein lebendes Wesen.
Ihr Zorn auf Dana Frost verrauchte, und mit jedem Herzschlag verblasste Romana Hel’garas Erinnerung an die Kommandantin der STERNENFAUST. Bald würde die Menschenfrau nur noch ein Schemen aus einem Traum in ihrem Gedächtnis sein.
Plötzlich tauchte ein heller Punkt in ihrer Flugbahn auf, der auf sie zu schoss und rasch größer wurde. Erst einer winzigen, weißgrünen Erbse gleich, dann groß wie eine Melone und schließlich füllte die Kugel eines Planeten Romana Hel’garas Gesichtsfeld vollständig aus, sodass sie nicht einmal mehr den blauen Hauch seiner Atmosphäre an seinem Rand sehen konnte.
Dabei wurde ihr bewusst, dass nicht der grüne Planet auf sie zuflog, sondern sie auf ihn.
Wie bei einem unkontrollierten Absturz raste die Oberfläche des Planeten auf sie zu. Weite Wälder kamen in ihr Blickfeld, dazwischen lagen Seen, darüber Wolken, die in riesigen Spiralen über die Berge
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