Sternenfaust - 196 - Die Feuer von Skia
Wanagi.
»Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da tun, Romana Hel’gara. Nach allem, was Ihr Volk den Menschen angetan hat, wird man Ihnen persönlich diesen Verrat niemals verzeihen.«
Romana Hel’garas Gesicht verzog sich zu einer Fratze. Ash erschauderte. Sollte das ein Grinsen sein? »Das ist nicht mehr wichtig, Doktor. Ich habe nur noch ein Ziel, aber das ist für Sie nicht von Belang.«
Dann wandte sie sich an den Karolaner. »Und nun sind Sie an der Reihe, Taro. Geben Sie mir Ihr Akoluthorum.«
»Was?« Taro rang um Fassung. »Niemals! Sie können es mir nicht wegnehmen.«
Romana Hel’gara machte einen weiteren Schritt auf die Medo-Liege zu. Taro sah sein Heil nur noch in der Flucht. Er tauchte unter den ausgestreckten Armen der Wanagi hindurch und wollte in Ashs Büro rennen, wohl um sich dort zu verschanzen.
Aber so weit kam es gar nicht erst. Der Schlag der Wanagi kam schnell und präzise. Mit einem einzelnen, gezielten Hieb auf die Schläfe des Karolaners schickte sie ihn in eine tiefe Bewusstlosigkeit.
Noch während er fiel, fing Romana Hel’gara ihn auf und ließ in sanft zu Boden gleiten, wobei sie ihm das Akoluthorum vom Hals riss und an sich nahm.
Ashkono und Dr. Scott konnten nur hilflos dabei zusehen, wie sich die Wanagi auch noch die letzten beiden Akoluthoren umhängte und sich neben ihre Begleiterin stellte.
Ash konnte sich kaum vorstellen, wie viel Macht diese Amulette in ihrer Gesamtheit besaßen. Und jetzt befanden sie sich in den Händen eines einzelnen Individuums. Das konnte nur Unheilvolles bedeuten.
Romana Hel’gara nickte Ash und Kendra Scott noch einmal zu. »Leben Sie wohl«, sagte sie leise.
Dann – von einem Augenblick auf den anderen – waren sie und Anjuli aus der Krankenstation verschwunden.
*
S.C.S.C. STERNENFAUST III
20. Februar 2274, 17:06 Uhr
Dana sah sich im Gemeinschaftsbesprechungsraum der Führungsoffiziere um. Sie saß am Kopfende des Tisches vor dem großen Wandbildschirm.
Rings um sie herum wurde geredet und diskutiert, aber sie nahm es gar nicht richtig wahr.
Es war, als hätte sich eine unsichtbare Glocke über sie gelegt, eine Schicht aus dämpfender, dicker Atmosphäre, die keine äußeren Reize zu ihr durchließ.
Sie war allein. Das Akoluthorum … Ihr Akoluthorum … Das Akoluthorum, das zu ihr gehörte, war fort. Geraubt von der Person, der sie gerade erst angefangen hatte zu vertrauen.
Wie hatte das nur passieren können?
So einsam hatte sie sich lange nicht gefühlt. Natürlich hatte es Phasen in ihrem Leben gegeben, die von Isolation geprägt gewesen waren. Die Zeit, die sie auf Gandaron V verbracht hatte zum Beispiel. Die vielen, vielen Jahre, die zum Großteil aus monotonem Warten auf den rechten Augenblick bestanden hatten. Mehr Jahre, als andere Menschen lebten, Jahre, die in ihrer Erinnerung zu einem bösen Albtraum zusammengeschrumpft waren.
Aber diesmal war es anders. Dana fühlte sich wie narkotisiert. Als habe man einen Teil ihrer Wahrnehmung, ihres Bewusstseins einfach abgeschaltet.
»Würde mir mal jemand erklären, was überhaupt genau passiert ist?«, polterte die dunkle Stimme von Commodore Vincent Taglieri über das allgemeine Stimmgewirr. »Wie zum Teufel ist es dazu gekommen, dass die Wanagi die Kontrolle über das Schiff an sich reißen und uns alle Akoluthoren stehlen konnte?« Danas Stellvertreter war selten so außer sich gewesen. Sein Atem pumpte und es schien, als ahnte er, dass sich schon vorher etwas an Bord abgespielt haben musste, von dem er nichts wusste.
Dana registrierte, wie Lieutenant Commander Black Fox sie fragend ansah, und sie nickte ihr bestätigend zu. »Bitte informieren Sie Commodore Taglieri darüber, was sich seit heute Mittag ereignet hat.«
Das Stimmgewirr verstummte. Alle Augen und Ohren waren auf die Chefingenieurin gerichtet, die weder zu knapp noch zu ausführlich darüber berichtete, wie sie zunächst die manipulierten Daten entdeckt und dann die Verschlüsselung geknackt hatte.
»Die verwendeten Codes wiesen auf die Shisheni hin«, erklärte sie weiter.
Shesha’a gab ein erstauntes Zischen von sich. »Ein Ablenkungsmanöver«, stellte sie fest.
Black Fox bestätigte. »Romana Hel’gara hatte mich unterschätzt. Sobald ich ihrer Vorgehensweise in den temporären Dateien auf die Schliche gekommen war, konnte ich auch ohne Schwierigkeiten nachweisen, dass die verwendeten Codes nur Reprogrammierungen eines – mit Verlaub, Shesha’a – effizienteren
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