Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
sie zu überschreien, aber seine Stimme überschlug sich erneut. Er war bereits jetzt viel zu müde, und es gab noch so viel, was erledigt werden musste.
Er spürte, wie ihm etwas auf die Brust gedrückt wurde, und als er nach unten sah, begegnete er Seths geringschätzigem Blick. Er hatte das Megafon des Captains geholt. »Hier«, sagte er, drückte ihm das Gerät in die Hände und wandte sich ab.
Alle Jungen sahen, wie Seth Kieran diese simple Lösung anbot, und sie schauten Seth beeindruckt an. Warum hatte er nicht selbst an den Lautsprecher gedacht? Kieran versuchte, seine Verlegenheit zu überspielen, und presste das Megafon an die Lippen. »Aufgepasst, wir haben eine Menge Arbeit vor uns.«
Kieran wählte die besten Jungen aus, um die Arbeiten zu überwachen. Mark Foster hatte das Kommando über das Team, das alle manuellen Türen, Schotten und Belüftungen in den vorderen Hallen und Hangars schloss, inklusive der Weizenfelder, der Mühlen und der Weiterverarbeitungsmaschinen. Hiro Mazumoto trug die Verantwortung für die Sicherung der Geflügelfarm und dafür, dass die Vögel vor dem Verlust der Schwerkraft gefüttert und getränkt wurden. Arthur Dietrich suchte sich vier Leute, um alle Gurte, Trinkbeutel und andere Ausrüstungsgegenstände, die in der Schwerelosigkeit gebraucht wurden, zu organisieren. Kieran war fast mit dem Erteilen der Anweisungen fertig und stellte gerade die Teams zusammen, um sie loszuschicken, als er ein Zupfen an seinem Shirt spürte.
»Was hat mein Vater gesagt, soll ich machen?«, fragte Seth. Er stand hinter Kieran und schaute über seine Schulter auf dessen Notizen. Kieran war so beschäftigt gewesen, dass Seth ihm gar nicht aufgefallen war.
»Ah …« Kieran wühlte sich durch seine Notizen. »Du gehst mit Arthurs Team.«
»Was ist mit den landwirtschaftlichen Geräten?« Seth sprach so laut, dass die Jungen innehielten, um zuzuhören.
»Mason hat nichts über –«
»Es sollte sich lieber jemand darum kümmern, dass die ganzen Ernte- und Saatmaschinen festgelascht sind«, murmelte Seth – und er hatte recht. Ein ungesicherter Traktor könnte ein Loch in die Hülle schlagen, falls das Schiff schlagartig beschleunigte. Kieran spürte, wie er blass wurde. Er hätte daran denken müssen! Wenn er das Kommando hatte, hätte er selbst daran denken müssen!
»Ich weiß, Seth«, sagte er in dem halbherzigen Versuch, sein Versagen zu überspielen. Aber er konnte hören, wie unbeholfen er klang. »Wieso kümmerst du dich nicht darum? Nimm dir ein paar von den Jungen mit.«
»Ja, okay.« Seth verdrehte die Augen und entfernte sich.
Einige der Jungen schüttelten missbilligend die Köpfe.
Seth tippte seinen Kumpel Sealy Arndt an, einen kleinen, breiten Jungen, dessen Quadratschädel direkt auf den gebeugten Schultern zu ruhen schien. Zusammen mit ein paar der kleineren Jungen machten sie sich auf den Weg zu den Aufzügen, die zum schweren Gerät führten.
Sobald Seth den Raum verlassen hatte, fing Bryan Peters wieder an zu schreien. Kieran hatte keine Zeit, ihn zu beruhigen. Er rieb sich die müden Augen und marschierte zurück in den Kontrollraum, wo er sich vor seinen Vidschirm setzte und die Fortschritte jedes einzelnen Teams überwachte oder Befehle durch das Interkom des Schiffs rief, wenn ihm Details auffielen, die die Jungen übersehen hatten. Durchgängig trieb er sie zur Eile an. Nur Seths Team arbeitete präzise wie ein Uhrwerk. Seth allein schien an alles zu denken und wusste, wie es zu erledigen war. Als einer der kleineren Jungen hinterherhinkte, ergriff Seth ihn am Arm und brüllte ihm Befehle ins Ohr. Das ließ alle Jungen schneller arbeiten.
Fast drei Stunden waren vergangen, ehe Masons ausgezehrtes Gesicht wieder auf Kierans Kom-Schirm erschien. Der Mann sah doppelt so erschöpft aus wie zuvor. »Wie geht es voran?«
»Die Jungen in der Geflügelfarm füttern die letzte Reihe Hühner, und Arthur kümmert sich um die Null-Schwerkraft-Ausrüstung.«
»Ruf alle zurück«, sagte Mason. »Was nicht fertig ist, wird nicht mehr fertig. Ihr werdet euch später um die Beseitigung der Schäden kümmern müssen.«
Masons Stimme klang sorgenvoll, resigniert. Kieran schwieg. Was hatte Mason mit »
Ihr
werdet euch kümmern müssen« gemeint? Wieso hatte er nicht
wir
gesagt?
Diese erschreckende Frage warf andere, nicht weniger schreckliche auf. Wie kamen die Erwachsenen zurück in die unkontaminierten Sektionen des Schiffs, wenn die Sicherheitsschotten nicht geöffnet
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