Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
und sah, dass vier weitere Jungen bei Seth waren. »Du sitzt hier einfach nur in der Gegend herum.«
»Wenn du meinst, dass es so wichtig ist, dann geh du«, sagte Kieran.
»Das werde ich.« Seth warf ihm über die Schulter hinweg einen letzten Blick zu, während er die Küche verließ. Die anderen Jungen folgten ihm nach draußen. Sealy Arndt sah Kieran an und schüttelte seinen kartoffelförmigen Kopf vor Abscheu. Die traumatisierten Jungen brauchten jemanden, von dem sie glaubten, dass er das Sagen hatte und sich um alles kümmerte. Wenn er es nicht war, würden sie Seth nehmen.
Kieran nahm seinen Becher mit und ging durch den gewölbeartigen Gang zurück in die Kommandozentrale, wo Seth und einige andere Jungen auf einen Monitor starrten. Kieran beugte sich zu ihnen hinüber, um einen Blick auf das zu werfen, was sie sich ansahen. Er hoffte, dass es ein Bild des vermissten Shuttles seiner Mutter wäre, aber das war es nicht. Stattdessen beobachteten sie, wie Mason Ardvales Crew fieberhaft im Maschinenraum arbeitete. Sie rannten hin und her, drückten auf Bedienelemente, lasen Anzeigen, schoben Regler in Position. Eine Frau presste beim Rennen eine Werkzeugkiste gegen ihre Brust, stolperte über ihre eigenen Füße und fiel der Länge nach zu Boden. Die Werkzeuge, die sie getragen hatte, flogen aus der Kiste. Niemand hielt an, um ihr zu helfen. Alle waren in panischer Eile.
»Sie versuchen, den Schaden zu beheben, den du angerichtet hast«, schnarrte Seth.
»Ich habe die Kernschmelze nicht verursacht, Seth.«
»Aber du hast sie aufgehalten. Wenn sie früher in den Maschinenraum gekommen wären –«
»Wenn ich die Türen nicht abgeschottet hätte, hätte sich die Radioaktivität im gesamten Schiff ausgebreitet«, entgegnete Kieran ruhig.
»Toller Held«, spie Seth aus. »Sie mussten sich einen Weg durch die Schotten bahnen, um in den Maschinenraum zu gelangen, und jetzt sind sie beschädigt und können nicht wieder versiegelt werden. Das gesamte Deck eins ist radioaktiv verseucht. Du hättest die Decks eines nach dem anderen abschotten sollen.«
»Das hätte mehr Zeit gekostet«, erklärte Kieran und wusste zugleich, dass er die Auseinandersetzung in den Augen der anderen Jungen verloren hatte. Alle funkelten sie ihn zornig an, und Sealys Augen waren hart wie Stein. Max taxierte ihn von oben bis unten, als suche er nach einer Stelle zum Zuschlagen. Aber als Kieran seinem Blick begegnete, schnaufte er nur und sah weg.
Kieran seufzte. »Ich habe mein Bestes getan.«
»Das war nicht gut genug«, sagte Seth.
Kieran wusste, dass er die Ablehnung, die sich wie Krebs durch den Zentralbunker fraß, nicht würde eindämmen können. Er war zu müde und zu traurig, um sich Gedanken darüber zu machen, was die anderen von ihm hielten. Stattdessen ging er zum Vidschirm des Captains – wohlwissend, dass er Seth provozieren würde, wenn er sich in den Sessel setzte – und fand den Zugang zum Maschinenraum. Hilflos sah er zu, wie die wenigen verbliebenen Erwachsenen an Bord der
Empyrean
verzweifelt um das Schiff kämpften.
Freier Fall
V ier Stunden lang beobachteten Kieran, Seth und einige andere Jungen, wie die Crew im Maschinenraum immer fieberhafter arbeitete. Kieran saß an seinem eigenen Schirm, während Seth und seine Freunde sich vor einem anderen am entgegengesetzten Ende des Raums zusammengedrängt hatten und ab und an zu Kieran herüberfunkelten. Die Stunden vor dem Vid-Terminal ließen seine Augen brennen. Es war sinnlos zuzuschauen, denn es liefen immer die gleichen Dinge ab. Die Crew arbeitete daran, ein Kühlmittelleck abzudichten. Dann rief sie jemand, um sich ein paar Anzeigen vorlesen zu lassen. Und dann ließen sie das Leck Leck sein, um sich mit etwas noch Dringenderem zu beschäftigen. Sie krabbelten durcheinander wie Ratten, ohne etwas zu erreichen.
Unauffällig schaltete Kieran zum Backbord-Shuttle-Hangar um, wo die Schießerei stattgefunden hatte, und schnappte nach Luft. So viele Tote. Mindestens drei Dutzend lagen auf dem Boden des Hangars, absolut bewegungslos. Er betrachtete jede einzelne Gestalt genau, suchte nach einem Hinweis auf seinen Vater, obwohl er wusste, dass er keinen finden würde. Die meisten der Körper erkannte er wieder; viele waren Eltern der Kinder im Bunker. Man würde es ihnen sagen müssen. Kieran schauderte. Schnell stellte er den Strom der Kameras im Hangar ab und hoffte, dass keiner der anderen Jungen ihn wieder anstellen würde. Wie er die Nachricht
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