Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
angelegt und wie sie in die Kojen eingehakt wurden. Er zeigte, wie man aus einem Grav-Beutel trank und wie man die Vakuumbeutel für den Abfall benutzte. Kieran wanderte zur Stirnseite des Raums, stand neben Arthur und legte sein eigenes Geschirr an.
Man musste auf sie einreden, aber bald waren alle Jungen in ihren Kojen angeschnallt und warteten darauf, dass die Maschinen abgeschaltet wurden. Dann kam Seth mit seinem Team zurück.
Kieran reichte auch ihnen Geschirre. »Macht schnell!«, sagte er.
Seths Team kämpfte sich noch immer in die Geschirre, als ein merkwürdiges Schaudern durch das Schiff lief. Ein fremdartiges Summen schien durch seinen Brustkorb zu vibrieren, und dann, ganz langsam, spürte Kieran, wie das Gewicht auf seinen Sohlen abnahm, als die erste Schubdüse abgeschaltet worden war. Nun fehlten nur noch zwei.
»Schnallt euch an euren Betten fest!«, rief er.
Die zweite Schubdüse setzte aus, und Kieran wurde merkwürdig schwindelig.
Die Jüngeren schnallten sich hastig an, aber Seth und seine beiden Freunde standen neben Kieran, auf den Gesichtern ein wissendes Lächeln. Sie lachten ihn aus!
Kieran war klar, dass das ein mieser Trick zur Einschüchterung war, aber er fühlte sich trotzdem wie ein Idiot. »Ihr habt mich verstanden«, versuchte er zu schreien, aber seine Stimme klang schwach.
»Und wer schaltet auf Sekundärenergie um?«, fragte Seth laut genug, dass es alle Jungen hören konnten. Sie sahen Kieran an und warteten darauf, dass er ihnen sagte, wie er es geplant hatte.
Kieran öffnete den Mund, aber er wusste nicht einmal, wo die Energieschalter waren. In der Kommandozentrale? Oder waren sie im Maschinenraum?
Wie auf ein Stichwort hin setzte auch die dritte Schubdüse aus. Kurze Zeit später flackerten alle Lichter und erloschen. Einige der jüngeren Kinder schrien.
»Wo ist er? Der Schalter?«, konnte Kieran sich murmeln hören, aber Seth antwortete nicht. Stattdessen schaltete er eine Taschenlampe an, richtete sie auf sich, was seine Gesichtszüge monströs erscheinen ließ, und schnarrte: »Ich kümmere mich darum.« Dann stieß er sich vom Boden ab. Das Licht der Taschenlampe warf lange Schatten durch den Raum, und Seth zog sich an den Versorgungsleitungen unter der Decke in Richtung der Kommandozentrale vorwärts.
Kieran hingegen stand still, kämpfte gegen das übelkeitserregende Gefühl in seinen Gliedern an und wartete. Nach einer gefühlten Ewigkeit sprangen die Lichter wieder an. Sie waren matter als vorher, aber wenigstens konnte man jetzt wieder etwas erkennen.
Er sah nach unten und stellte fest, dass er knapp einen Meter über dem Boden schwebte. Er fühlte sich auf erschreckende Weise körperlos und versuchte, mit den Armen zu rudern, um zu steuern, aber er schaffte es nur, sich in Drehung zu versetzen, was seine Übelkeit nur noch verstärkte. Also hörte er auf, seine Glieder zu bewegen, und wartete, bis er an die Decke getrieben wurde, wo er sich Halt verschaffen konnte.
Seth schwebte mit einem unverschämten Grinsen in den Raum zurück. »Lass gut sein, Boss«, sagte er. »Du kannst nicht an alles denken.«
Ein paar der Jungen lachten. Als Kieran sich in seinem Bett festschnallte, wusste er, was sie dachten. Dass Seth ein besserer Anführer war als er. Seth, der weinende Babys anschrie und kleine Jungen an den Armen mit sich riss.
Nein, dachte Kieran, Seth durfte das Kommando nicht übernehmen.
Abschiede
K ieran hatte seit mehr als vierzig Stunden nicht geschlafen. Sechs Stunden ohne Maschinen waren zu zehn und schließlich zu zwanzig geworden. Die Crew hatte aufgehört, Schätzungen abzugeben.
Wenn die Maschinen nicht bald wieder zum Laufen gebracht wurden, würden die Nutzpflanzen, Wälder und Obstgärten anfangen zu sterben. Wenn die Pflanzen verloren waren, hatte es keinen Sinn mehr, die Maschinen zu reparieren, weil es dann nichts mehr geben würde, was für die Sauerstofferneuerung auf dem Schiff sorgte. Aus der
Empyrean
würde ein metallenes Grab werden.
Kieran war von nervöser Energie erfüllt und hakte sein Geschirr ab, um zu Sarek Hassan an den Kom-Konsolen zu schweben. Sarek schien seine Gegenwart eher zu tolerieren als die anderen Jungen. Als einer der wenigen Moslems an Bord der
Empyrean
war er auch früher schon immer sehr zurückhaltend gewesen. Er war mehr bei seiner eigenen Familie geblieben, als sich mit den Kindern seines Alters anzufreunden. Weil er es liebte, mit seinem Vater durch die weitläufigen Getreidekulturen zu joggen,
Weitere Kostenlose Bücher