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Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Titel: Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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Waverly!«
    Das Team applaudierte, aber Waverly überbrüllte sie: »Wir sind erst halb fertig! Auf geht’s!«
    Sie bewegten sich auf einer anderen Route zurück zum Shuttle-Hangar. Dies war, wie Waverly wusste, der gefährlichste und unberechenbarste Teil des Einsatzes. Es war nahezu sicher, dass sie gezwungen waren, sich den Weg freizuschießen – und dabei konnte alles Mögliche schiefgehen. Sie hatte das gleiche Gefühl wie vor ihrer Flucht vor Mathers Truppe – Schmetterlinge im Bauch, einen trockenen Mund und Angst, die ihr die Luft aus den Lungen drückte. Sie hatte Samantha bei ihrer Flucht von der New Horizon verloren. Wen würde sie dieses Mal verlieren?
    Du darfst jetzt nicht darüber nachdenken, schalt sie sich selbst. Du musst daran glauben, damit es klappen kann.
    Alles in allem hatte der ganze Probedurchlauf nur neunzehn Minuten gedauert, aber sie war immer noch nervös. Neunzehn Minuten war viel Zeit für Mather, um zu reagieren.
    Nach dem Training gingen der Rat und seine Freiwilligen paarweise in die Lagerhalle und übten dort mit echter Munition, auf ein dickes Stück Metallverkleidung zu schießen. Sie sah Freude in den Gesichtern der Kinder, wenn sie den Abzug betätigten. Die gleiche irre Freude, die sie selbst in ihren bluttriefenden Träumen verspürte. Sie fragte sich, ob sie sich noch genauso fühlen würden, wenn sie auf Menschen statt auf ein Stück totes Metall schießen mussten.
    Als so viel Munition verbraucht war, wie sie sich zugestanden hatten, verabschiedete sich das Team für die Nacht. Waverly brachte die Waffen zurück zu dem Versteck auf dem Shuttle. Über das Schiff zu laufen, hatte etwas Entrücktes; als wäre die Empyrean Teil eines fremden Universums, zu dem sie selbst nicht mehr vollständig gehörte. Die glatten Metallwände, der lehmige Geruch der Regenwaldsektion, der selbst bis hierherauf drang, das Geräusch der Luft, die durch das Belüftungssystem strömte, das allgegenwärtige Brummen der Maschinen – das alles könnte plötzlich verschwinden. Oder, viel wahrscheinlicher, sie selbst könnte verschwinden, ohne eine Spur zu hinterlassen. Jede Faser ihres Körpers fühlte sich verletzbar an, jede Zelle war sich bewusst, dass ihr Leben eventuell nur noch ein paar Stunden lang währen konnte. Sie wollte, dass die Mission gut ausging; sie glaubte auch, dass sie gut ausging. Aber sie hatte gesehen, was mit Samantha auf der New Horizon geschehen war, und sie wusste, dass auch ihr der Tod drohte.
    Sie sollte sich verabschieden, aber es gab letztendlich nur eine Person, die sie wirklich sehen wollte, und ausgerechnet diese Person konnte sie jetzt nicht ertragen. Sie hatte die Erinnerungen daran, wie sie den Gefangenen vor Seth gefoltert hatte, in eine kleine Kiste in ihrem Geist eingeschlossen, in die sie nie hineinschaute, damit sie nie wieder die Schreie des Mannes hören, seinen verdrehten Leib betrachten oder den dumpfen Gestank der Angst riechen musste, die aus jeder Falte seines Körpers herausgequollen war, als sie über ihm gestanden hatte. Was sie dagegen nie vergessen konnte, war Seths Gesicht, als sie den Arrestbereich verlassen hatte. Die Art, wie er sie mit tiefem Bedauern betrachtet hatte, als ob ihm zum ersten Mal klargeworden wäre, dass sie nicht das Mädchen war, das er zu kennen glaubte. Sie wusste, dass sie nicht dieses Mädchen war. Niemand konnte ständig perfekt sein. Aber sie hatte in diesem Augenblick dort unten im Arrestbereich etwas verloren, von dem sie vorher gar nicht gewusst hatte, wie wichtig es ihr war. Seth hatte sie respektiert und bewundert. Nachdem er gesehen hatte, was sie getan hatte, nachdem er gesehen hatte, wie ihr Gesicht zu einer Grimasse des Vergnügens verzerrt war, als sie dem Mann den Taser tief in die Leiste gedrückt hatte, wie sollte er sie jemals wieder respektieren? Wie könnte das überhaupt irgendjemand? Und diesmal trug auch niemand außer ihr die Schuld an dem, was geschehen war.
    Trotzdem wollte sie sich immer noch von ihm verabschieden. Sie wollte ihm Glück wünschen. Sie wollte … Sie wusste nicht, was sie wollte. Aber sie konnte nicht zulassen, dass er sie sah. Also verließ sie den Shuttle-Hangar und lief zu ihrem Quartier. Sie kochte sich einen Brei aus Getreide und Bohnen und aß ihn, ohne ihn zu würzen. Ihre Augen schweiften über einen alten Mystery-Roman ihrer Mutter, als sie auf dem Sofa hockte und sich zur Form einer riesigen Garnele zusammengerollt hatte. Als sie zu Bett ging, starrte sie mit

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