Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
sein Bullauge einrahmte, und er kaute, ohne wirklich etwas zu schmecken. Als er sich ins Bett legte, bedeckte er seine Augen mit einem kalten Lappen. Er wollte eigentlich schlafen, konnte sich selbst aber nicht davon abhalten, immer wieder die Verhandlungspunkte durchzugehen, die er sich eingeprägt hatte. Obwohl selbst monatelange Trainings die Verhandlungen nicht hätten leichter machen können (Mather war einfach zu gerissen), wusste er, dass er sich besser fühlen würde, wenn er genau wusste, was er zu sagen hatte. Es gab ihm die Illusion von Kontrolle.
In den wenigen noch verbleibenden Stunden badete er und zog seine beste Kleidung an. Dann ging er zur Kommandozentrale und setzte sich zu Sarek, während dieser das Schiff zum Treffpunkt steuerte. Sarek sah aus wie ein verhärmter alter Mann, der schrecklich überarbeitet war. Einmal mehr fühlte Kieran den Verlust Arthurs. Er verbot sich selbst, zu intensiv über den Betrug seines engsten Vertrauten nachzudenken, aber gerade jetzt wünschte er sich, mit dem eulenhaften Jungen über alles reden zu können. Er würde jetzt jeden einzelnen Schritt des Plans durchdacht, ihn aus jedem Winkel und jeder denkbaren Perspektive betrachtet haben – ein Talent, das nur wenige besaßen.
Die einzigen beiden Menschen, die er kannte, die auf diese Art zu denken in der Lage waren, bereiteten gerade einen Angriff vor, dem er niemals zugestimmt hätte. Obwohl er jetzt, da er im Begriff war, das feindliche Schiff zu betreten, doch ganz glücklich darüber war, dass eine Gruppe Kinder bereit war, Gewalt mit Gegengewalt zu begegnen, falls es dazu kommen sollte.
»Bist du nervös?«, fragte Sarek ihn und durchbrach damit sein Grübeln. Sarek hatte so tiefe Ringe unter den Augen, dass sie wie Blutergüsse aussahen, und die Haut um seinen Mund hatte sich in Falten gelegt – Erscheinungen, die Kieran bislang nur bei viel älteren Erwachsenen gesehen hatte. Sarek hatte sich in eine totale Erschöpfung hineingearbeitet, und egal was Kieran sagte, egal wie häufig Matt Allbright ihm anbot, ihn abzulösen, damit er ein paar Stunden Schlaf finden konnte – Sarek schüttelte nur gereizt den Kopf.
Kieran glaubte zu wissen, woran das lag: An Schlaf war ohnehin nicht zu denken. Bis sein Vater nicht wieder sicher an Bord der Empyrean war, würde Sarek in seinem Sitz bleiben.
»Wegen was nervös?«, fragte Kieran.
»Wegen des Gesprächs mit dieser Frau. Weil du auf das Schiff musst.«
»Natürlich bin ich das.«
Sarek betrachtete ihn nachdenklich. »Was ist mit dem Zentralrat?«
»Was soll mit denen sein?«, fragte Kieran gereizt.
»Werden sie damit klarkommen?«
Kieran lachte. »Nein. Aber sie sind davon überzeugt.«
»Immerhin.« Sarek klang kläglich. »Das ist die Hälfte der Miete.«
»Versprich mir, dass du die Shuttle-Luftschleuse nicht öffnest, bis du von mir gehört hast, dass Mather uns betrügen will. Kannst du das für mich tun?«
»Ich habe neue Verschlüsselungscodes für die Türen geschrieben. Sie werden nicht in der Lage sein, den Hangar zu verlassen, wenn ich nicht von hier aus die Türen öffne.«
»Gut.« Die beiden Jungen starrten einander mit bleichen Gesichtern an, bis Kieran allen Mut zusammennahm und sagte: »Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun würde.«
»Ja, klar.«
»Es ist mir ernst damit.«
»Halt die Klappe«, sagte Sarek.
Kieran wollte ihn umarmen. Plötzlich plagte ihn der Gedanke, dass dies das letzte Mal sein könnte, dass er diesen Jungen sah, der alle diese Monate des Kampfs zu ihm gestanden hatte. Aber Sarek wollte nicht umarmt werden. Er mochte keine Sentimentalitäten, und darüber hinaus wollte Kieran auch nicht darüber nachdenken, dass er heute sterben könnte. Das würde ihn nur noch ängstlicher machen, und er würde keinen Erfolg bei Mather erzielen können, wenn er vor Angst gelähmt war. Also begnügte er sich damit, Sarek auf den Rücken zu klopfen und »Man sieht sich dann« zu murmeln.
»Klar.« Sarek drehte sich wieder zu seinem Bildschirm, als ob es ein Tag wie jeder andere wäre.
Kieran ging aus der Kommandozentrale an den nicht endenden Graffitis vorbei, die ihn als Feigling, als Kapitulierer, als bösen Diktator oder als Heiligen zeigten.
Er nahm die Treppe hinunter zum Shuttle-Hangar auf der Backbordseite, wo er Waverly traf, die vor einem Shuttle mit heruntergelassener Laderampe stand. Sie tigerte nervös auf und ab und rieb sich die Hände.
Als er sich näherte, sah er Schweißperlen auf ihrem Nacken und
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